Der Fordson-Traktor, Jahrgang 1927, läuft gerade nicht an, wegen des Schneckengetriebes lässt er sich auch nicht einfach ins Freie stossen. Also präsentiert Paul Müri, Jahrgang 1945, das rot-graue Prachtstück im Schopf. «Zapfwelle hat der noch nicht, aber mit dieser hölzernen Riemenscheibe könnten wir übernächstes Jahr am Oldtimertreffen in Möriken die Dreschmaschine antreiben», freut er sich jetzt schon und schüttelt nebenbei noch die Fordson-Firmengeschichte aus dem Ärmel.
Raritäten und eine Ruine
Mehrere Kreidler-Florette führt Paul Müri vor, dann ein Töffli mit Motor und Treibstofftank am Hinterrad, «eine Rarität!». Das Prädikat «Ruine» bekommt hingegen ein weiteres Florett, das könne dann mal jemand anders restaurieren. Drei Meter weiter beginnen Müris Augen wieder zu glänzen: «Diesen Militär-Unimog vorzuführen, ist schon noch mein Traum.» Er enthüllt eine 50-cm3-Honda unter einem Leintuch, «nur 27 Kilometer auf dem Tacho, die gehörte dem Rennfahrer Luigi Taveri». Die Sitzbank ist abgeschraubt, parat für die Montage eines Batterieanschlusses. Paul Müri seufzt. Er ist seit 15 Jahren pensioniert, seine Zeit ist immer noch knapp.
Im Haus, das er seit fast 40 Jahren mit seiner Lebenspartnerin Trudi bewohnt, kommt er mit Renovieren nicht so schnell vorwärts, wie er gerne möchte. Er hätte zwei Jobs abzugeben: das Präsidium der beiden Kantonalverbände Freunde alter Landmaschinen (Falra) und der Vereinigung für Sonnenenergie (SSES). Bei beiden Vereinen ist er Gründungsmitglied. Niemand reisst sich um das Engagement in der Verbandsführung. Ein potenzieller Nachfolger sagte ihm ab, mit der Begründung, er können kein solches Netzwerk und Wissen bieten wie der aktuelle Amtsinhaber. Ja, ein Paul Müri ist nicht so einfach zu ersetzen.
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Dieser kommentiert unterwegs auf den Dachboden zu den Rapid-Maschinen: «Wenn du so einen Tick hast wie ich, wird der Schopf halt voll.» Seine Leidenschaft sei wohl genetisch bedingt, seine beiden Brüder hätten es ähnlich. Viele der alten Maschinen wurden ihm gratis angetragen, er sagte selten Nein.
ETH-Agronom Müri unterrichtete sein Berufsleben lang am LZ Liebegg Landwirtschaftsschülerinnen und -schüler in Maschinenkunde und Unfallverhütung. Doch dieser Mann ist nicht einfach ein Maschinenfreak, sondern auch ein Solarstar. Sein Engagement für Sonnenenergie brachte ihm im vergangenen Jahr den Schweizerischen Solarpreis in der Kategorie Persönlichkeiten ein. Umweltschutz und Oldtimer tönen gegensätzlich. Man müsse die Gesamtökobilanz betrachten, gibt Paul Müri zu bedenken, und seine findet er nicht so schlecht.
Mit dem Töff durch Afrika
Mit den Jahren hat sein Engagement für erneuerbare Energien zugenommen, die benzin- und dieselgetriebene Aktivität abgenommen. Die letzte grosse Töffreise liegt zwölf Jahre zurück, nach Spanien, erklärt Paul Müri und öffnet nochmals eine Türe. In der Garage stehen drei schwere Motorräder. Er streicht über den Tank der 1000-cm3-BMW-Enduro, Jahrgang 1989, die ihn und Trudi vor dreissig Jahren auf einer Reise durch Nordafrika getragen hat.
Dann schliesst er die Garagentüre und führt hinters Haus in eine andere Welt. Im Garten, den er zusammen mit seiner Lebenspartnerin pflegt, wächst Gemüse in reichen Mengen.
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Über die Aufzucht von Tomaten kann Müri genauso viel erzählen wie über Zündkerzen und Vergaser. Am Rand der Beete blühen Dost, Johanniskraut und zwei Meter hohe Eseldisteln. Darin tummeln sich Heerscharen von Insekten, in einem Sandbau lauern Ameisenlöwen auf Beute. Auf dem Dach und an der Hauswand glänzen Solarpaneelen, die liefern unter anderem Strom für Müris Auto.
Er hat einiges zu kritisieren
Schon als Zwölfjähriger trat er dem Bund für Naturschutz bei. In seiner Wohngemeinde ist er in der Landwirtschafts- und Naturschutzkommission aktiv. Bei Pro Natura gab er vor einigen Jahren den Austritt aus Protest gegen den damaligen Geschäftsführer, der für seinen Geschmack zu
AKW-freundlich war, mittlerweile ist er wieder dabei. Auch mit Bundesrat Rösti, damals noch Nationalrat, liegt ein Mail-Verkehr vor, in dem Müri dessen Zurückhaltung gegenüber erneuerbaren Energien beklagt.
Ja, er hat einiges zu kritisieren an der heutigen Zeit. Dass sich die Menschen derart gegen Windenergie wehren, will ihm nicht in den Kopf. Auch der Jurapark Aargau tue zwar viel Gutes, klammere aber die Energiefrage einfach aus.
Dann wendet er sich wieder erfreulicheren Dingen zu und erzählt bei einem Schluck Süssmost an einem schattigen Plätzchen von seinem Besuch diesen Frühling bei der Windenergieanlage in Schüpfheim. Er war mit seinen beiden künstlichen Kniegelenken den 60 Meter hohen Turm hinaufgeklettert und hatte sich vom Betreiber über die positiven Erfahrungen berichten lassen.
«Die Oldtimer sind Vergangenheit und die erneuerbaren Energien sind die Zukunft», sagt Paul Müri.