Verschiedene Tanzfiguren mit Drehungen und Handwechsel aktivieren die beiden Gehirnhälften. Dies wiederum fördert die Ausschüttung von Endorphinen, sogenannten Glückshormonen. Mit den rhythmischen Bewegungen fühlt man sich leichter, nimmt den Körper und die Gefühle intensiver wahr. Das beeinflusst die Stimmung, sorgt für positive Gefühle und weckt pure Lebensfreude. Körper und Seele entspannen. Dadurch können Stress und Alltag kurzzeitig vergessen werden, dadurch werden wir ausgeglichener und glücklich.

Sofort per Du

"Mit den ersten Tönen verfliegt die Müdigkeit."

Rita Imhof, Bäuerin und Tänzerin aus Jona SG

Diese Beobachtungen bestätigt auch Rita Imhof, die das Tanzen in der Trachtenvereinigung Jona SG nicht missen möchte. "Manchmal muss ich mich etwas überwinden, abends nach der Stallarbeit noch in die Probe zu gehen. Mit den ersten lüpfigen Handorgeltönen verfliegen jedoch Müdigkeit und Alltagssorgen", sagt die 56-jährige Bäuerin, die mit ihrem Mann einen Milchwirtschaftsbetrieb in Eschenbach SG führt. "Gleichzeitig ist Tanzen ein geniales Gehirntraining. Man konzentriert sich auf die Schritte und lernt neue Volkstänze", betont Imhof, welche auch die Gemeinschaft an den traditionellen Festen schätzt: "Man ist sofort per Du und kann überall mittanzen. Zudem ist es auch ein ganz besonderes Gefühl, in der Tracht zu tanzen."

"Man muss das Leben tanzen", lautet ein Zitat des deutschen Philosophen Friedrich Nietzsche. Welche Leichtigkeit, welches Glücksgefühl würden wir täglich erleben, wenn wir tanzend durchs Leben gingen oder ab und zu aus der Reihe tanzen? Hüfte schwingend die Pendlerströme am Bahnhof passieren, tänzelnd die Einkäufe erledigen, barfuss im Regen tanzen, unter dem Bürotisch mit den Füssen wippen oder fröhlich im Takt Gemüse schneiden?

Positive Lebenseinstellung

Tanzen berührt die Seele, verbindet die Menschen und unterstützt das Gefühl der Nähe und der Zusammengehörigkeit. Kommuniziert wird über die Sinne nicht über die Sprache. Fliessende Bewegungen koordinieren, Musik hören und den Rhythmus spüren, liegt auch bei ganz jungen Leuten im Trend. Sich zur Musik bewegen, aktiv sein, statt nur konsumieren, vermittelt Selbstbewusstsein und Lebenslust. "Gleichzeitig werden Umgangsformen, Respekt und Rücksichtnahme gegenüber anderen tänzerisch erlernt. Tanzen ist eine Lebensschule und hilft zu einer positiven Lebenseinstellung", ist Sidi Bichsel aus Lützelflüh BE überzeugt. Die erfahrene Tanzlehrerin hat unter anderem das Wahlfach Tanzen an Oberstufenschulen unterrichtet. Besonders angesagt bei den Jungen sei der ursprünglich aus Kuba stammende Cha-Cha-Cha. Der Mix aus Rumba und Mambo lässt sich perfekt zu aktuellen Latinohits tanzen. 

Spass und Gruppendynamik

Wie wär es mit einer temperamentvollen Salsa, die augenblicklich südamerikanische Lebensfreude verbreitet? Oder einem schwungvollen Wiener Walzer, der zum Träumen verleiht? Tanzen kann man überall, daheim in der Küche oder zu Livemusik in stimmungsvoller Atmosphäre, wo man sich mit Freunden trifft: Sei’s im Dancing, an einer ausgelassenen Notte Italiana, wo selbst die Nonna zu Zucchero rockt oder an Country-Festivals, die im Sommer vielerorts draussen stattfinden. Line Dance in oder manchmal neben der Reihe, macht Spass und vermittelt Gruppendynamik. Man fühlt sich mit oder ohne Hut und Stiefel als echtes Cowgirl oder cooler Cowboy.

Line Dance für Jung und Alt

Hut an Hut, Rücken an Rücken, so tanzen die Line Dancer bis die Sohlen «rauchen». Er gehört seit jeher zur Country Musik. Der faszinierende Mix aus anderen Tanzarten und die unterschiedlichen Musikstile erklären den Boom für diesen ursprünglich amerikanischen Volkstanz.

Line Dance wird altersunabhängig und weltweit – quer durch alle Bevölkerungsschichten – getanzt. Einer seiner Vorteile ist auch, dass kein Tanzpartner benötigt wird. Die Choreografien setzen sich aus den gleichen Schrittfolgen und Kombinationen zusammen. Deshalb kann man sich in den Staaten, Frankreich oder in der Schweiz aufs Parkett stellen und gemeinsam tanzen.

Tanzen nützt mehr als Sport

Forschungen aus den USA belegen, dass wer regelmässig tanzt, nicht nur körperlich fit bleibt, sondern den Geist jung hält und damit das Risiko senkt, an Demenz zu erkranken. Auch deshalb sind neben dem sozialen Aspekt die Seniorentanzanlässe so beliebt. Man bleibt nicht nur in Rücken, Hüften und Knien beweglich, sondern auch im Kopf.

Ein interessantes Ergebnis dieser Studien ist, dass Sportarten wie Jogging, Schwimmen oder Radfahren in dieser Hinsicht weniger Nutzen brachten als Tanzen. Körperliche Aktivitäten allein stimulieren zwar den Stoffwechsel im Gehirn, können jedoch die Beeinträchtigung der Nervenzellen nicht verhindern. Eine komplexe Betätigung, wie das Tanzen, die sowohl die Stimmung positiv beeinflusst als auch den Körper aktiviert, kann ausgedehnte Strukturen im
Gehirn, die vorher lange Zeit brachgelegen sind, wiederbeleben.

Herausforderung Paartanz

Ganz besonders gefordert wird das Gehirn beim Paartanz. Das Lernen von den Schrittkombinationen und Figurenfolgen in rhythmischem Zusammenhang trainiert nicht nur das Gedächtnis intensiv; auch der Gleichgewichts- und Orientierungssinn sowie die Improvisations- und Anpassungsfähigkeit werden
geschult.