Die Alpsaison ist längst beendet. Auf der Alp Tannenboden herrscht dennoch reger Betrieb. Einheimische und auswärtige Gäste geniessen das Herbstwetter auf der Terrasse des Restaurants Sennenstube. Hier, auf 1400 m ü. M., hat man einen wunderbaren Ausblick auf die Churfirsten – oder in die Käserei. Die Alpkäserei wurde nämlich direkt ans Restaurant gebaut, so dass die Besucher einen Blick in die Käseproduktion erhaschen können. «Dies ist Teil unseres mit dem Neubau verbundenen Konzepts», erklärt Marco Gadient.
Konzentration auf eine Käserei
Die Käserei soll nicht nur der Alpwirtschaft, sondern der ganzen Region mehr Wertschöpfung bringen. Marco Gadient ist Präsident des Vereins Alpkäserei Flumserberg. Dieser wurde 2018 mit dem Ziel gegründet, die Produktion und die Vermarktung der Alpprodukte zentral abzuwickeln. Bereits im Jahr 2012 wurde eine IG Alpentwicklung gegründet, um die Zukunft der Alpwirtschaft in den Flumserbergen sicherzustellen.
Die vier Alpkäsereien, welche die Kuhmilch von neun Alpbetrieben während der Alpsaison jeweils verarbeiteten, waren in die Jahre gekommen. Die jüngste, jene auf der Alp Tannenboden, war 20-jährig. «Studien zeigten, dass es strategisch sinnvoll wäre, in eine Käserei zu investieren, wo die Milch aller Alpbewirtschafter verarbeitet wird», erzählt Gadient.
520'000 Liter Milch in erster Alpsaison verarbeitet
Die 50 Bauern, die 600 ha Alpweiden bewirtschaften, trieben die Pläne für einen Neubau zusammen mit den Ortsgemeinden Flums Grossberg und Flums Dorf voran. Mit den Bauarbeiten konnte im Oktober 2018 begonnen werden.
Im Mai dieses Jahres wurde die Käserei pünktlich zum Start der Alpsaison in Betrieb genommen. Während 120 Tagen verarbeiteten zwei Käser 520'000 Liter Milch von 470 Kühen zu Alpbutter, Joghurts, Molkedrinks und verschiedenen Käsen. Unterstützt wurden sie halbtags von einer Älplerin, die beim Einpacken der Produkte half. Gadient zieht eine positive Bilanz nach der ersten Saison: «Wir hatten keine Fehlproduktion und konnten die gewünschte Vielfalt umsetzen.»
Das Käselager ist inzwischen noch zu drei Fünfteln ausgelastet. Es lagern aber immer noch 28 Tonnen Alpkäse und eine Tonne Alpmutschli sowie drei Tonnen Raclettekäse im modernen Käsekeller. Die Produkte werden über die eigene Marke «Alpkäse Flumserberg» im Käseladen vor Ort und in den Läden der Region vermarktet. Abnehmer des Käses sind zudem die Migros-Genossenschaft Ostschweiz und Natürli Zürioberland. Für den Käseverkauf wurde ausserdem ein Online-Shop aufgebaut. Dieser sei gut angelaufen, sagt Gadient: «Wir haben sicher jeden zweiten Tag eine Bestellung.»
Klischee und Realität verbinden
Die Führung durch die moderne Käserei ist beeindruckend. Maximal können hier 8500 kg Milch pro Tag zu Alpkäse, Mutschli und Camembert verarbeitet werden. Marco Gadient bemerkt: «Eigentlich ist es genau das Gegenteil von dem, was Touristen von einer Alpkäserei erwarten.»
Um dieses Klischee zu erfüllen, wurde die alte Brauchtumskäserei beibehalten. Das Gebäude befindet sich wenige Meter entfernt vom Neubau und vom Restaurant. Hier können Besuchergruppen ihren eigenen Käse herstellen. Und zwar so, wie es früher gemacht wurde: Im Käsekessi über dem Feuer. Nach drei bis sechs Monaten Lagerung ist der Käse abholbereit. Auf der Alp Tannenboden wird also auch gezielt Erlebnis geboten.
[IMG 3]
Mehr Gäste seit Nomination
«Der gemeinsame Marktauftritt von Alpwirtschaft, den Bergbahnen Flumserberg und der Gastronomie soll Strahlkraft für die ganze Region und darüber hinaus haben», betont Marco Gadient. Vielleicht ist auch dies ein Grund, weshalb die Alpkäserei Flumserberg für den Agropreis 2020 nominiert wurde. Gadient gibt zu, dass man etwas überrascht war, dass es fürs Finale reichte. «Alleine die Nomination war eine wertvolle Werbeplattform. Wir verzeichneten in der Gastronomie einen spürbaren Zuwachs bei den Gästen.» Besonders freut ihn, dass es viele Besucher aus der Landwirtschaft hat, die sich die Alpkäserei ansehen möchten.
Keine Preisverleihung wegen Corona
Ob es auch für den Sieg reicht, ist für Marco Gadient zweitrangig. «Den Publikumspreis zu gewinnen, wäre schon toll», verrät er. Ob es damit klappt, kommt am 5. November aus. Dann kommuniziert die Emmental-Versicherung die Gewinner des Agropreises 2020. Die Preisverleihung wurde abgesagt.