Ein Bild von geschmückten Simmentalerkühen in schwarz-weiss und der Name «Chüejerwy». Bereits die Etikette auf der Weinflasche verrät, was Familie Chervet auf ihrem Betrieb in Clavaleyres kombiniert. Sie produzieren Milch und Wein und noch einiges mehr.
Weder Freiburg noch Waadt
Geboren in Murten, aufgewachsen auf einem Pachtbetrieb im Ostring der Stadt Bern, kehrte Alfred Chervet mit seiner Familie vor 30 Jahren wieder in diese Region zurück, als er diesen Betrieb kaufen konnte. Clavaleyres gehört aber nicht zum Kanton Freiburg, sondern ist eine deutschsprachige bernische Exklave, umringt von Waadt und Freiburg. Ringsherum wird Französisch gesprochen.
Mit den rotschwarzen Fensterläden ist das Bauernhaus von Familie Chervet eindeutig ein Bernerhaus. Eigentlich sei dies ein Ackerbaugebiet, erklärt Fredy Chervet Junior. Weil der Betrieb aber auf einer Waldlichtung auf einem Hügel liegt, sei er ideal für die Viehhaltung. So hält die Familie hier 34 Milchkühe der Rasse Simmentaler Reinzucht. Friedlich geniessen die schönen Tiere an diesem Tag mit ihren typischen Hörnern das frische Gras und die ersten warmen Sonnenstrahlen auf der Weide.
Auf dem 37 ha grossen Landwirtschaftsbetrieb werden daneben diverse Ackerkulturen angebaut wie Weizen, Raps, Urdinkel, Sonnenblumen und Mais.
Reben bringen Arbeit
Ein weiterer Betriebszweig ist der Weinbau. Familie Chervet bewirtschaftet eine Hektare Reben. Sie bauen die Sorten Solaris, Chasselat, Regent, Pinot Noir und Divico an. Divico, Regent und Solaris sind Piwi-Sorten, also pilzwiderstandsfähig. Der Weinbau wird ohne Insektizide gemacht und es gibt viele ökologisch wertvolle Pflanzen in der Rebfläche. Daher zählt diese Fläche als Biodiversitätsförderfläche, Stufe II.
Gekeltert wird der Wein grösstenteils bei der Weinkellerei Riem Daepp in Kiesen. Der Solaris wird in Oberhofen vinifiziert. Auch einen Barrique haben die Chervets im Angebot. Der «Bärnermeitschi» aus Regent-Trauben wird zwei Jahre im Eichenfass gereift.
Den Wein von ihrem Betrieb vermarktet Familie Chervet direkt. Pro Jahr ergibt dies etwa 5000 bis 8000 Flaschen, die sie verkaufen. «Wir vermarkten unseren Wein als Chüjerwy», sagt Fredy Chervet. «Dies weil die Simmentalerkühe auf unserem Betrieb eine wichtige Rolle einnehmen.»
Alles Vieh geht z Berg
Während des Sommers kann es in der Region sehr trocken werden. Dies wegen des warmen Broyetal-Klimas. Das Futter wird in trockenen Jahren jeweils knapp für die Tiere. Daher suchte Alfred Chervet Senior eine Alp, wo er seine Tiere sömmern könnte.
Seit 2013 gehen nun alle Kühe, Rinder und Kälber auf die Alpen Inner- und Ausser- Iselten bei der Schynige Platte im Berner Oberland. Auf der Alp Inner-Iselten einer privaten Korporationsalp mit 80 Kühen ist Alfred Chervet Präsident. Von Familie Chervet bleibt niemand vollzeitig auf der Alp, weil sie zuhause mit dem Ackerbau und den Reben bereits alle Hände voll zu tun haben.
Auf der Alp Inner-Iselten sind daher vier Personen angestellt, die das Vieh versorgen, käsen und die Weiden pflegen. Gemolken wird auf zwei Staffeln. 110 Tage lang sind die Kühe dort oben, etwa von Ende Mai bis Ende September. Danach gehts wieder zurück ins Tal. Nicht jedes Jahr gibt es einen Alpabzug. Dieser geht jeweils bis nach Unterseen BE.
Von Familie Chervets Kühen gibt es rund drei Tonnen Berner Alpkäse AOP, Mutschli und Raclette. Diesen vermarkten sie ebenfalls selbst. Ein Teil wird auch als Hobelkäse verkauft.
Wein, Käse und Würste zu verkaufen
Für die Vermarktung gehen Alfred Senior und Vreni Chervet oft auf verschiedene Märkte in der Region, wie Weihnachtsmärkte. Aber auch an der Schafscheid Riffenmatt BE sind sie jeweils anzutreffen.
Ausserdem veranstaltet die Familie jeweils einen Hofmarkt am Ostersamstag und vor Weihnachten. Die Produkte können zudem jederzeit auf dem Hof gekauftwerden. Im Angebot haben Chervets neben dem bereits erwähnten Wein und Käse auch Trockenwürste und Schwartenwürste sowie diverse Schnapssorten.
Einen Teil des Käses lässt die Familie Chervet im Rugenkeller lagern.
Nächste Generation wird integriert
Bereits seit acht Jahren haben Vater Alfred und Sohn Fredy Chervet eine Generationengemeinschaft. Dies weil der Senior wollte, dass auch die junge Generation in den Betrieb richtig eingebunden ist. Dabei erzählen die beiden von guten Erfahrungen.
«Klar gibt es manchmal eine kleine Meinungsverschiedenheit», sagt Alfred Chervet, «jedoch nichts, dass sich nicht wieder klären lässt». Dabei haben die beiden Betriebsleiter die Regelung, dass jeder selbstständig Investitionen bis zu 10 000 Franken tätigen darf. Höhere Investitionen werden gemeinsam beschlossen.
Fredy Chervet, der mit vollem Namen eigentlich auch Alfred heisst, arbeitet seit seinem Agronomiestudium zu 34 Prozent am Inforama Rütti in Zollikofen als Lehrer für Betriebswirtschaft und Pflanzenbau.
Ebenfalls mit auf dem Betrieb wohnt bereits Fredys Partnerin Inès Lamon. Die beiden haben sich während des Studiums kennengelernt. Inès Lamon arbeitet als Pferdewissenschaftlerin in Avenches VD beim Schweizer Nationalgestüt von Agroscope als Koordinatorin zwischen dem Betrieb und den Forschungsgruppen. Sie ist dort ebenfalls in Unterricht und Beratung tätig. Bis im Sommer hat sie zudem die Leitung des Betriebes in Avenches ad Interim übernommen. An den Wochenenden hilft sie der Familie Chervet oft im Stall.
Im Moment wird das zweite zum Betrieb gehörende Bauernhaus renoviert, um genug Platz für drei Generationen zu schaffen.
Gute Grasverwerter
Besonders am Herzen liegt Familie Chervet die Simmentalerzucht. Dereinst brachte Vreni die erste Simmentalerkuh auf den Hof. Besonders weil die Kuh Saane eine gute Nachzucht hatte, hat sich die Rasse bei Chervets gegen vormals Red Holstein durchgesetzt. Aus dieser Linie hat die Familie immer nochviele Tiere. Bei der Zucht achten sie vor allem auf die funktionellen Merkmale und die Fruchtbarkeit.
«Unsere Kühe müssen wegen der Alpung gute Grasverwerter sein», sagt Fredy Chervet. Auf der Alp erhalten die Kühe nämlich kein Ergänzungsfutter. Zudem wird auf Milch und Fleisch gezüchtet. Die männlichen Kälber gehen direkt in die Mast zu Wilhelm von Känel in Adelboden BE, ohne Zwischenhändler. Die behornten Kühe werden in einem Anbindestall gehalten mit Absauganlage. Wer die Aufzuchtrinder auf der Weide sieht, merkt jedoch schnell, dass diese keine Hörner mehr haben. Dies sei die erste Generation hornloser Tiere erklärt Fredy Chervet. Er will jedoch nicht weiter auf die Horndiskussion eingehen. Über die Stierenwahl entscheidet die Familie gemeinsam.
Weitere Informationen: www.chervet-clavaleyres.ch
Betriebsspiegel Familie Chervet
Name: Alfred & Fredy Chervet
Ort: Clavaleyres (Bern)
LN: 37 ha
Viehbestand: 34 Kühe, zwölf Aufzuchtrinder
Kulturen: Winterweizen, Raps, Urdinkel, Sonnenblumen, Körnermais, Silomais, Kunstwiesen, Dauerwiesen und Weiden, Reben, Wald
Arbeitskräfte: Alfred sen. und Vreni, Fredy Chervet und Inès Lamon.