Die Sortenorganisation Emmentaler Switzerland (ES) hat ein Problem mit ihrem Pflichtenheft. Für die zunehmende Zahl der Roboterbetriebe und die Käsereien ist die vorgeschriebene Verbarbeitungsfrist zwischen Melken und Einlaben der Milch knapp. Diese darf bis anhin maximal 24 Stunden betragen. Um diesen Passus einzuhalten, muss die Milch von Betrieben mit automatischen Melksystemen (AMS) teilweise separat oder sogar mit einer zusätzlichen Tour gesammelt werden.

Vorgängig besprochen

Deshalb hat ES beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) Anfang Juli ein Gesuch um eine Pflichtenheftanpassung eingereicht. Diese wurde unlängst den Medien auf einem Betrieb in Madiswil BE präsentiert.

Käseproduktion 29 statt 24 Stunden: Emmentaler passt Pflichtenheft dem Melkroboter an Wednesday, 10. August 2022  Das Pflichtenheft für die Emmentaler-Herstellung ist allerdings nicht das einzige zu beachtende Regelwerk. Daneben gibt es einen verbindlichen Leitfaden des BLW für alle 42 Produkte mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung (GUB = AOP) bzw. einer geografischen Angabe (GGA).

Hier heisst es im Kapitel Käse, dass es für GUB von Käse fünf Kriterien gibt, «die auf der Schweizer Tradition beruhen». Diese müssen erfüllt sein, wenn man eine GUB erlangen will:

  • Milch aus silofreier Fütterung,
  • Beimpfen mit typischen Kulturen,
  • Rohmilch für Halbhart-, Hart, und Extrahart-Käse sowie hitzebehandelte Milch für Weich- und Frischkäse,
  • Reifedauer, die die Entfaltung des organoleptischen Potenzials des Käses ermöglicht, und
  • Verarbeitung der Milch in weniger als 24 Stunden.

Somit widerspricht das Gesuch von ES dem BLW-Leitfaden. Angesprochen auf diesen Sachverhalt, sagt ES-Vizedirektor Fred Rufer, man sei nicht Kopf voran in die angestrebte Reglementsanpassung gestiegen, sondern habe das bereits vorgängig mehrmals mit dem BLW besprochen.

ES sei sich bewusst, dass es länger dauern werde, die Anpassung unter Dach und Fach zu bringen, so Rufer. Es gelte dabei aber zu beachten, dass die 24 Stunden weder im Landwirtschaftsgesetz noch in der Verordnung zu GUB und GGA enthalten seien. «Der Leitfaden ist nicht Gesetz, denn die Pflichtenhefte der Sortenorganisationen regeln, welche Anforderungen für die jeweiligen AOP-Produkte gelten», sagt er.

AMS: «Thema für alle Sorten»

ES habe von den Mitgliedern den klaren Auftrag erhalten, sich mit der AMS-Situation vertieft auseinanderzusetzen. «Andere Sortenorganisation werden dies vermutlich auch tun», so Rufer. Die einen haben dies bereits getan, so hat etwa Gruyère AOP ein faktisches AMS-Verbot verhängt, das soeben in Kraft getreten ist.

Beim BLW verweist man, gefragt nach dem Gesuch von ES, auf das laufende Verfahren. Deshalb können man dazu keine Auskunft geben. Eine vergleichbare Ausnahme gebe es bisher nicht, so das BLW, «die Verarbeitung muss innerhalb von maximal 24 Stunden stattfinden.» Alfred Rufer erklärt, dass man bisher keinen abschlägigen Bescheid vom BLW erhalten habe. Das Gesuch repräsentiere den Willen der Branche.

In der gedruckten Version dieses Artikels hiess es, das BLW habe bereits beschlossen, dass es auch im Falle des ES-Gesuchs keine Ausnahme vom AOP-Leitfaden gebe. Dies ist nicht korrekt. Die Antwort des BLW auf die entsprechende schriftliche Anfrage bezog sich nicht auf das aktuelle Gesuch von ES, sondern auf allfällige bisherige Gesuche.