In der Schweiz gibt es noch rund 100 AOP-Emmentaler-Dorfkäsereien – Tendenz weiter abnehmend. Eine, die aber gar nicht ans Aufhören denkt, ist die Käsereigenossenschaft Thörigen im Oberaargau. 23 Milchlieferanten, 4,3 Mio kg Milch, ein Emmentaler-Käse-Lieferrecht von 510 Tonnen und ein aktueller Milchpreis zwischen 70 und 75 Rappen. Das sind zusammengefasst die Zahlen der Käsereigenossenschaft. Mittendrin der Käsermeister und Betriebsleiter Lukas Känel mit seiner Frau Stefanie und den Kindern Noah und Milena. Mit seiner Crew, welche insgesamt aus fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besteht, produzieren sie tagtäglich neun Laibe Emmentaler-Käse à 90 kg sowie verschiedene Spezialitäten wie Raclette-Käse, Altachen-Käse, Thöriger-Mutschli, Fondue-Mischungen und Butter.
Immer noch stark im Export
Obwohl der Emmentaler-Käse eine schwierige Zeit hinter sich hat, glaubt nicht nur Lukas Känel an die Zukunft des Originals aus der Schweiz. Auch Andreas Schaad, Präsident der Thöriger-Milchgenossenschaft, ist überzeugt, dass es wieder bergauf geht mit dem Käse aus dem Emmental, welcher seinen Namen vom Tal mit dem Fluss Emme erhalten hat. «Der Emmentaler AOP ist nach dem Gruyère immer noch der zweitstärkste Käse im Exportmarkt», sagt Schaad. So bleibt der Export weiterhin überlebenswichtig für den Klassiker: 2/3 vom produzierten Emmentaler gehen in den Export, wo Italien und Deutschland die wichtigsten Abnehmer sind. Der Rest wird auf dem heimischen Markt in der Schweiz abgesetzt.
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Viele Spezialitäten
Der Käsermeister weiss nur zu gut, dass man in Zukunft nicht nur auf den Emmentaler-Käse setzen sollte. So brachte der 32-jährige Lukas Känel, der vor zwei Jahren die Käserei in Thörigen als Betriebsleiter übernahm, auch frischen Wind und neue Ideen in die Käseproduktion und -vermarktung mit ein. «Zusätzlich wollen wir neben dem Emmentaler auch mit unseren Spezialitäten für eine hohe Wertschöpfung sorgen», sagt er. So hat er zusammen mit seinen Milchlieferanten einen kleinen Markt aufgebaut. Alle Spezialitäten, inklusive den Emmentaler, kann man rund um Thörigen in verschiedenen Läden kaufen. «Auch ein Warenautomat steht seit zwei Jahren vor der Käserei, wo man per Twint und Barzahlung unsere Produkte kaufen kann», hält er fest. «Die Regionalität steht bei den Konsumenten hoch im Kurs», ist Andreas Schaad überzeugt. Er freut sich, dass ihr junger Käser nur so strotze vor neuen Ideen und Innovationen.
Die Chemie muss stimmen
Damit eine Käsereigenossenschaft Erfolg hat, muss auch die Chemie zwischen dem Käsermeister und der Genossenschaft stimmen. Und bei den Thörigern scheint dies der Fall zu sein: «Obwohl die Käserei uns Genossenschaftern gehört und Lukas Känel und sein Team nur Angestellte sind, ziehen alle am gleichen Strick», sagt Andreas Schaad. «Wenn wir gut käsen und uns Mühe geben, profitieren alle davon», doppelt Lukas Känel nach.
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Beim Betriebsrundgang wird klar, auf welche Erfolge man setzt: «Zurzeit werden täglich rund 11 500 kg Milch angeliefert», so der Käser. Die Milch bringen die Bauern nicht selber in die Käserei, sondern sie wird jeweils am Abend mit einem Milchtransport auf den Betrieben zusammengeführt. Das Pflichtenheft des Emmentalers AOP sieht vor, dass die Milch innerhalb von 24 Stunden verarbeitet werden muss. Und so steht auch der Käser unter Druck: «Morgens um vier Uhr, noch bevor der erste Lieferant mit Melken beginnt, müssen wir mit dem Käsen beginnen», erzählt Lukas Känel den Ablauf. Um 11.30 Uhr sei die Käsearbeit jeweils zu Ende. Dann kommen die produzierten Laibe für zwei Tage in ein Salzbad. Für weitere drei Monate reife der Käse in ihrem Keller, bevor er dann an die Emmi verkauft werde, um dort für mindestens einen Monat weiter zu reifen. «Nicht nur bei uns kontrollieren wir unseren Emmentaler auf seine Qualität, spätestens bei der Emmi werden die Laibe stichprobenweise taxiert», so Känel. Die Käse werden nach Aussehen, Teig, Lochung und Geschmack punktiert. «Alles über 18 Punkten ist die erste Klasse», sagt der Käser. Das Ziel sei jedoch einen Schnitt von über 19 Punkten zu erreichen, was immer eine höhere Produktionsfreigabe zur Folge hat. «Da sind wir natürlich bestrebt, immer nur beste Qualität zu liefern», so der Käsermeister. Und wie kommen eigentlich die berühmten Löcher in den Emmentaler? «Das hängt mit den Kulturen und mit dem Reifungsprozess zusammen», sagt Känel.
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Eine Feier steht an
Obwohl in den letzten 20 Jahren viele Emmentaler-Käsereien aufgegeben haben und die Produzenten seit Jahren Einschränkungsmilch liefern müssen, will die Thöriger-Käsereigenossenschaft an ihrem beliebten Emmentaler festhalten. «Ich hoffe, dass sich die Sortenorganisation bemüht, wieder eine Produktion von 20 000 Tonnen zu vermarkten», wünscht sich Andreas Schaad. Nicht nur finanziell, sondern auch dank ihrer vielen jungen Milchproduzenten sehe man positiv in die Zukunft. «Nächstes Jahr können wir mit unserer Käsereigenossenschaft das 175-jährige Bestehen feiern», so der Präsident. Wie, wo und wann man das Jubiläum feiern werde, sei noch offen. «Wir machen sicher ein schönes Fest», so Schaad. Ein Fest, das dem Emmentaler AOP würdig ist, damit dieser berühmte Käse auch noch die nächsten 100 Jahre in der Schweiz produziert werde.
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