Im Februar 2018 startete die Geschäftsfrau Désirée Kreuzer im aargauischen Freiamt ein Experiment. Sie übernahm an einem Samstagmittag von ihrer Vorgängerin den Laden der «Chäsi Muri» samt allen Angestellten und räumte erst mal sämtlichen Import-Käse aus der Käsetheke. Am Dienstag darauf öffnete sie die Türen der Chäsi Muri wieder. Die Käsetheke war neu zu 100 Prozent gefüllt mit Schweizer Käse. Ein Teil der bisherigen Stammkunden fragte nach ihrem gewohnten Importkäse. Sie wurden freundlich auf die Umstellung und auf das vielfältige Schweizer Käse-Sortiment aufmerksam gemacht. Désirée Kreuzer sah darauf einige der Stammkunden nie mehr. Überlebte die Chäsi Muri dieses Experiment?

Ein Drittel ist Importkäse

Die Schweiz ist ein Käseland. 195 000 Tonnen Käse werden jährlich produziert, das sind 13 000 vollbeladene Lastwagen. 22 Kilogramm werden hierzulande pro Kopf gegessen, davon stammen zwei Drittel von hier, der Rest ist Importkäse.

Deésirée Kreuzer findet: «Der Lebensmittel-Handel wird regelrecht geflutet mit Importkäse.» und dabei habe die Schweiz eine Riesenvielfalt an Käse. Als der Laden der ehemaligen Käserei Muri neu vermietet wurde, reichte die mutige Frau ein Konzept ein, welches voll auf Produzenten aus der Region setzt. «Was nicht regional verfügbar ist, kommt soweit als möglich aus der Schweiz», lautet ihr Leitsatz. «Ich achte auch auf die Saison. Wenn die Erdbeeren in Muri reif sind, verkaufe ich sie im Laden, vorher gibt es keine Erdbeeren in der Chäsi Muri», betont sie.

100 % Schweizer Käsevielfalt

Die Genossenschafter der Käserei Muri glaubten an dieses Konzept des ausschliesslichen Verkaufs von Schweizer Käse und vermieteten ihr die Chäsi Muri. Schon vor der Ladeneröffnung machte sich Désirée Kreuzer auf die Suche nach Schweizer Käsespezialitäten. Vom Ziel, die 15 Meter lange Käsetheke nur mit Schweizer Käse zu füllen, wich sie nie ab. Heute ist die Theke vom Frischkäse bis zum Extra-Hartkäse mit Herkunft Schweiz gefüllt. Ihre Lieferanten sind «Natürli» aus dem Zürcher Oberland sowie Mike Glauser und Jürg Wyss vom Label «Jumi»-Käsespezialitäten. Weitere Schweizer Käse liefern die Spirit Market GmbH in Ostermundigen und Eberle Spezialitäten in Gossau.

Aber auch von Produzenten wie der Käserei Walchwil bezieht Désirée Kreuzer den Bio-Gruyère und im Herbst kommt der Käse direkt von Alpkäsereien. Die Napfkäserei und die Käserei Mamishausen liefern Schweizer Weich- und Frischkäse, Ricotta liefert Züger von Oberbühren und die Schaf-, Ziegen- und Büffelkäse kommen sämtliche aus der Schweiz. Alles was im Laden angeboten wird kommt aus der Schweiz. Ausnahmen gibt es nur zum Beispiel beim Kaffee, weil der hier nicht wächst. «Beim Käse gibt es aber keinen Kompromiss», betont sie.

48 Sorten Raclettekäse

Allmählich füllten sich die Käsetheke Gestelle mit Produkten aus der Schweiz, was Désirée Kreuzer mit Freude erfüllt und die Kauflust der Leute anregt. «Das erste Jahr war eine Durststrecke», erinnert sie sich schmerzhaft. Alte Kunden gingen verloren, aber allmählich tauchten neue Kundinnen in der Chäsi Muri auf. «Unsere Vielfalt an Raclettekäse zieht viele Kunden», hat sie erfahren. Mit dem Eintreffen von Bio-Bergraclette von Splügen bietet die Chäsi Muri neu 48 Sorten Raclette an. Das lockt Kunden von einem immer grösseren Umkreis an. «Nirgends in der Schweiz gibt es einen Käseladen mit 48 Sorten Raclette», betont Désirée Kreuzer. Die Käsevielfalt sei ihre beste Werbung, hat sie bemerkt.

Im ersten Jahr habe sie noch Werbung in Zeitungen gemacht, das habe jedoch keinen spürbaren Mehrabsatz gebracht. Die Chäsi Muri macht inzwischen Werbung auf Facebook und Instagram und auf ihrer Website. «Am wirkungsvollsten ist die Werbung, die wir den Willkommens-Unterlagen der Gemeinde Muri beilegen», hat die rührige Geschäftsfrau unterdessen festgestellt.

Corona-Zeit mit Lieferdienst

Neuzuzüger tauchen regelmässig mit dem Chäsi-Muri-Gutschein aus dieser Werbung auf. Und sowieso die allerbeste Werbung sei «eine freundliche Begrüssung und Bedienung im Laden», betont Desirée Kreuzer. Der Corona-Lockdown ab dem 16. März erwischte sie auf dem falschen Fuss, den nur zwei Tage zuvor hatten sie und ihr Ladenteam die «Gelateria beim Kloster» eröffnet. Ab sofort war das Gelati-Schlecken verboten. Aber unverzagt bot die Chäsi Muri zusammen mit dem Bäcker und Metzger im Ort einen Haus-Lieferdienst an. Dieser Service wurde sehr geschätzt. Ab April war die Gelateria wieder offen und «das Jahr 2020 war für uns ein gutes Jahr» blickt die in Schweden geborene Geschäftsfrau zurück. Das sei aber auch der Verdienst ihrer Verkäuferinnen und des Lehrlings.

Die Chäsi Muri AG steht mit 100 Prozent Schweizer Käse auf soliden Füssen. Das freut die Verwaltungsräte Desirée Kreuzer, ihr Mann Andy sowie Thomas Strebel und Markus Dürrenmatt von der Käsigenossenschaft Muri-Wey. Hans Rüssli

Weitere Infos: www.chaesi-muri.ch