Fritz Rothen, jetzt ist IP-Suisse mit der Wiesenmilch auch bei Coop, was hat dies beim langjährigen Partner Migros ausgelöst?
Fritz Rothen: Die Zusammenarbeit mit dem langjährigen und wichtigen Partner Migros hat sich vertieft, das zeigt sich aktuell beim Getreide.
Also ein ungetrübtes Verhältnis trotz Ende der Exklusivität?
Migros war nie exklusiv, die Produkte werden nicht mit dem Käfer ausgelobt. Andere Abnehmer wie Manor, Hiestand, Denner usw. verwenden den Käfer.
Bei Migros ist die Wiesenmilch als Label positioniert, bei Coop kommt sie nun ins Standard-Sortiment Qualité & Prix. So setzen Sie die Preise selber unter Druck.
Ich denke nicht. Im Milchmarkt ist aber vieles möglich, denn im Vergleich zu anderen Märkten fehlt die Transparenz. Hier besteht ein hoher Aufholbedarf.
«Ich nehme an, dass auch Käse, Joghurt und Butter und so weiter kommen werden, das gibt dann eine grosse Menge.»
Coop-Produzenten erhalten seit 2018 5 Rp. mehr für nachhaltige Milch, erhalten sie die Wiesenmilch-Prämie nun obendrauf, oder werden die Anforderungen höher bei gleichbleibendem Preis?
Dazu kann ich noch keine Auskunft geben. Aktuell ist bei Coop nur den IP-Suisse-Rahm im Regal. Die bisherigen Wiesenmilch-Produzenten erhalten weiterhin zusätzlich zum Marktpreis 5 Rp. für Wiesenmilch. Nun suchen wir mit dem Verarbeiter zusammen weitere rund 60 Produzenten für zusätzliche 15 Mio kg Pastmilch.
Welche weiteren Produkte werden bei Coop folgen?
Ich nehme an, dass auch Käse, Joghurt und Butter und so weiter kommen werden, das gibt dann eine grosse Menge.
Und beim Schweinefleisch kommt auch der Käfer drauf?
Nein, das Schweinefleisch wird weiterhin mit der Marke Naturafarm ausgezeichnet.
Bei der Branchenorganisation Milch ist man wenig erfreut über das Vorgehen von Coop und IP-Suisse, können Sie das nachvollziehen?
Nein, das kann ich ganz und gar nicht nachvollziehen. Für Wiesenmilch erhält der Produzent 5 Rp. zusätzlich und ich weiss nicht was daran falsch sein sollte, wenn jemand mehr erhält für seine Milch, die er mit höheren Anforderungen produziert hat.
«Bei den Schweinen können wir aktuell die Nachfrage nicht befriedigen.»
Für Swissmilk Green erhalten die Produzenten bis anhin 2-3 Rp. Zuschlag. Bezahlen Sie die 5 Rp. IP-Suisse-Prämie nun obendrauf oder gibt es netto nur 2,5 Rp. mehr, wie bei den Wiesenmilch-Produzenten von Aaremilch?
Die Produzenten von Aaremilch erhalten 5 Rp. Wiesenmilch-Prämie und zusätzlich weitere 5 Rp. als «Startprämie», gesponsort durch Migros Aare bis 31. Juli 2021. Der Bauer in diesem Gebiet hat also 10 Rp. mehr als vorher.
Erhalten die Bauern, die nun neu Coop-Wiesenmilch für Emmi in Suhr produzieren, die 5 Rp. Startprämie auch?
So wie ich informiert bin nicht. Hier wird der Marktpreis plus die IP-Suisse-Prämie von 5 Rp. bezahlt.
Diese Woche haben Sie gemeinsam mit Migros kommuniziert, dass ab Ernte 2023 nur noch komplett pestizidfreier Weizen übernommen wird.
Wir haben mit Migros ein gemeinsames Ziel kommuniziert, nämlich, dass wir ab Ernte 2023 die 85 000 t, die sie uns jedes Jahr abnehmen pestizidfrei liefern können. Die 85 000 t sind bis 2028 garantiert.
Damit erhöht sich der Aufwand für die Produzenten klar. Wie haben diese reagiert?
Wir sind uns bewusst, dass der herbizidlose Anbau unsere Produzenten vor grosse Probleme stellt, erste Rückmeldungen bestätigen dies. Vom Markt und von den Konsumenten her besteht aber ein grosses Bedürfnis nach Getreide aus pestizidfreiem Anbau. Also versuchen wir, gemeinsam eine Lösung zu finden.
Was schaut für die Produzenten zusätzlich raus?
Wir konnten im Durchschnitt der Jahre für IP-Suisse-Getreide 5 Fr. Prämie pro dt ausbezahlen. Zusätzlich für herbizidlos kommen nun 10 Fr. dazu, also total 15 Fr. Wie gross der Minderertrag aber sein wird, können wir noch nicht genau beziffern, der Anbau bei den Produzenten wird die Antwort liefern.
Damit liegen Sie deutlich unter der Bioprämie. Warum soll ein IP-Bauer nicht gleich umstellen?
Der IP- Suisse Bauer kann Mineraldünger einsetzen und in der Fruchtfolge bei anderen Kulturen Herbizide einsetzen.
Diese Woche präsentierte die SRF-Sendungen Kassensturz und Espresso Zahlen des Schweizer Tierschutz, die zeigen, dass die Grossverteiler bei den Labels überhöhte Margen einstreichen, stört sie das nicht?
Zu möglichen Margen unserer Kunden äussern wir uns nicht. Wir stellen fest, dass die verhandelten Mengen und Prämien von unseren Kunden bezahlt werden. Aktuell konnten wir beim Getreide rund 7000 Tonnen mehr liefern, als wir abgemacht haben. Zum Glück haben wir genügend Ware am Lager, um diese «Corona-Lücke» zu decken. Bei den IP-Suisse Schweinen können wir aktuell die Nachfrage nicht befriedigen, wir haben zu wenige Labelschweine.
Aber der Sachverhalt ist klar: Der Steuerzahler finanziert mit Tierwohl-Programmen überhöhte Margen der Grossverteiler.
Mit dem Label gelingt es, für die Produkte zusätzlich zum Marktpreis eine Prämie zu holen. Die Prämie wird vollständig vom Verarbeiter bezahlt.
«Können wir die Prämien für die zusätzlichen Leistungen nicht mehr generieren, wird die Labelproduktion aufgegeben, die Produzenten sind nicht bereit und steigen aus.»
Sie haben ja bei Coop die Labelschweine übernommen. Neu erhalten die Produzenten weniger Prämie und müssen höhere Anforderungen erfüllen. Verstehen Sie den Ärger der Produzenten?
Die Mengen und Prämien für IP-Suisse Labelschweine werden im November mit den Marktpartnern festgelegt.
Allgemein scheint sich bei den Bauern das Gefühl einzustellen, dass für immer höhere Leistungen immer weniger abgegolten wird.
In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns in der Tat. Wir kämpfen für faire Prämien in einem angespannten Markt. Können wir die Prämien für die zusätzlichen Leistungen nicht mehr generieren, wird die Labelproduktion aufgegeben, die Produzenten sind nicht bereit und steigen aus. In einzelnen Bereichen wie der Milch haben wir das auch schon erlebt.