An der Strasse von der Lenk BE Richtung Simmenfälle steht ein neuer Stall, der einem ins Auge fällt. Darin liegen mehrheitlich schwarze Mutterkühe und ihre Kälber kreuz und quer und geniessen die einfallende Wintersonne. Der Mutterkuhstall von Familie von Känel ist erst am 1. November fertig geworden.

Milchproduktion nach 100 Jahren aufgegeben

Mit diesem neuen Stall ging für Familie von Känel eine Ära zu Ende. «Hier wurden über 100 Jahre lang Kühe gemolken», erzählt David von Känel, der den Betrieb vor zehn Jahren von seinen Eltern übernommen hat. Zuvor stand an dieser Stelle ein Anbindestall für 32 Milchkühe.

Kein neues Land verbauen

Der Bau des neuen Mutterkuhstalles bei von Känels war eine Herausforderung.
«Mir war es wichtig, kein neues Land zu verbauen und dadurch unser wertvolles Kulturland zu schützen», sagt der Landwirt. Daher mussten zuerst zwei alte Scheunen abgerissen werden.

Zudem wollte David von Känel, dass sich der neue Stall gut in die Landschaft einfügt. So haben sie den Boden abgesenkt und 2500 m3 Aushub fortgeführt.

Keine Kompromisse für das Tierwohl

Den Grossteil der Aushub- und Abbrucharbeiten haben David von Känel und sein Vater Emil selber ausgeführt. Die zwei alten Scheunen wären auch sanierungsbedürftig gewesen.

«Eine Sanierung bedeutet immer einen Kompromiss. Und für das Tierwohl wollte ich keine Kompromisse machen.» Deshalb entschied sich David von Känel für einen Neubau.

Wobei dieser an einen bestehenden Boxenlaufstall angebaut wurde. Die beiden Ställe teilen nun den Futtergang.

Weideland auf der Alp in Zweisimmen nutzen

Der Boxenlaufstall mit 47 Liegeboxen wurde erst vor 10 Jahren an den alten Anbindestall angebaut. Dort wurde zuerst das Jungvieh gehalten und später die ersten Mutterkühe.

Mit der Mutterkuhhaltung hat die Familie vor zehn Jahren angefangen, um das Weideland auf der Alp in Zweisimmen nutzen zu können. Diese hat zwar gutes Gras, ist aber schlecht zugänglich. Der Betrieb hat sich in den letzten 10 Jahren stark verändert und ist gewachsen, so dass der Stall nicht mehr ausreichte.

Arbeitstechnisch einfach Eingerichtet

Im neuen Laufstall leben nun 42 Mutterkühe mit ihren Kälbern. Es ist ein einfacher Stall. In der Mitte befindet sich eine grosse Liegefläche und drum herum sind Vollspaltenböden. Diese werden mit einem Mistroboter von Lely gereinigt.

David von Känel wollte, dass der Stall arbeitstechnisch einfach eingerichtet ist, so dass er die Arbeiten im Alleingang verrichten kann. Beim Liegesystem entschied er sich für Kompost als Einstreue.

Sägemehl aus der Lenk statt Stroh zuführen

«Auch Tiefstreue mit Stroh gefiel mir gut. Jedoch fand ich es unsinnig, so viel Stroh hier ins Berner Oberland hinführen zu lassen.» Daher nimmt er nun Sägemehl aus der Lenk, eine regionale Ressource.

Im Herbst, vor dem Einzug in den Stall, verteilte er 50 cm frischgeschreddertes Tannenkries auf der Liegefläche und nun fügt er bei Bedarf Sägemehl hinzu.

 

So funktioniert die Kompostierung

In einem Kompostierungsstall findet ein Kompostierungsprozess statt. Dabei wird die organische Masse wie Sägemehl, Hackschnitzel oder Ähnliches zersetzt. Wichtig ist das Verhältnis von Kohlestoff, Stickstoff und Sauerstoff. So entsteht im Kompost die richtige Temperatur (45–60°C) für den Kompostierungsprozess.

Alle 10 bis 14 Tage fügt David von Känel 15 bis 20 m3 Sägemehl bei. Bei starker Feuchtigkeit können Dinkelspelzen eingestreut werden. Das Wenden ist entscheidend, damit genug Sauerstoff dazu kommt.

 

Zweimal täglich Misten mit der Federzahnegge

Damit die Liegefläche sauber bleibt, und somit auch die Kühe, fährt der Landwirt zweimal täglich mit der Federzahnegge an einem Metrac über den Kompost. So werden die Kuhfladen untergekehrt. Zudem grubbert er den Kompost ein- bis zweimal pro Woche, so dass die Masse bis ganz nach unten durchgemischt wird.  
David von Känel ist begeistert von diesem System. «Ich habe bereits gemerkt, wie gross der Unterschied gegenüber dem Boxenlaufstall ist. So ist hier das Tierwohl deutlich besser. Es ist für Tier und Mensch angenehmer und auch die Sauberkeit ist besser.»

Kompoststall ist ideal für Mutterkuhhaltung

Für die Mutterkuhhaltung ist ein Kompoststall ideal. Bei Liegeboxen liegen die Kälber oft falsch herum drin und verdrecken die Liegeflächen. Die abgesetzten Kälber werden dann im Boxenlaufstall ausgemästet.

Die Liegefläche im Kompoststall hat von Känel etwas grösser gemacht, als es das Tierschutzgesetz vorschreibt, nämlich 8,5 m2 pro Kuh mit Kalb. Wichtig für das Funktionieren des Kompoststalles sei es auch, dass man viel Licht und frische Luft im Stall habe.

Von Känels Stall, der nur über den Winter besetzt ist, ist auf drei Seiten offen. Vorne und hinten kann man, bei starkem Wind, die Tore schliessen. Doch auf der Seite, zum Laufhof hin, bleibt der Stall offen.

Label Swiss Black Angus

Familie von Känel produziert ihre Angus-Tiere nach dem Label «Swiss Black Angus». Daher mussten auch diese Labelanforderungen beim Stallbau berücksichtigt werden.

«Da der Stall direkt an der Strasse liegt, wollte ich auch, dass der Stall bei den Passanten und Vorbeifahrenden einen guten Eindruck hinterlässt», sagt der Lenker.

Schliesslich vermarktet er das Fleisch seiner Tiere mittlerweile grösstenteils direkt unter dem Namen Lenk Angus Beef.

 

Drei Partnerbetriebe machen Lenk Angus Beef

Vor zehn Jahren begann David von Känel einige Angus-Mutterkühe zu halten, als Ergänzung zur Milchviehhaltung. Dieser Betriebszweig ist nachhaltig gewachsen.

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So gründete von Känel im Jahr 2019 gemeinsam mit Landwirt Rolf Schläppi und der Bergmetzgerei Schläppi das Label «Lenk Angus Beef». Dabei produzieren Rolf Schläppi und David von Känel die Tiere und verkaufen diese nach Kilogramm Schlachtgewicht an die Bergmetzgerei Schläppi. Dort werden die Tiere geschlachtet, verarbeitet und vermarktet (Zur Website gehts hier).

Während der Vegetationszeit sind die Tiere auf der Weide. Im Sommer gehen einige von David von Känels Mutterkühen mit Kälbern auf die Alp «Muntigli» in Zweisimmen BE.

«Die Angustiere sind ideal für meine Alpweiden. Sie sind nicht so schwer und kommen mit extensiver Fütterung gut zurecht», sagt von Känel. Auch im Winter erhalten die Mutterkühe und Ausmäster nur Grassilage und Heu vom eigenen Betrieb.

Im Alter von zehn bis elf Monaten werden die Kälber von den Kühen abgesetzt. Nach weiteren 10 Monaten erreichen die Rinder dann ein Schlachtgewicht von rund 300 kg.

«Angustiere brauchen eine gewisse Zeit, um Fleisch anzusetzen. Die Fettklasse erreichen sie aber auch ohne Mais im Futter.»

 

 

Für das Tierwohl hat von Känel zwei drehende Kratzbürsten von DeLaval gekauft. Eine für die Kühe ist im Laufhof montiert und eine kleine für die Kälber im Kälberschlupf.

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Im Kompoststall haben die Kälber keinen separaten Liegebereich, jedoch einen abgetrennten Fressbereich. Die Abtrennung zum Kälberfressbereich hat David von Känel selbst konstruiert (siehe Bild), so dass der Putzroboter ohne Hindernisse unten durch fahren kann.

Gesunde Klauen dank Mistschieberoboter

Die Kälte sei diesen Winter auch bei -15°C nie ein Problem gewesen, sagt von Känel. Dank dem Spaltenboden fliesst Flüssigkeit schnell ab und höchstens der Kot bleibt liegen und friert fest.

«Obwohl der Mistschieberoboter einige Tage nicht arbeiten konnte, wurde es in den Laufbereichen nie glatt», sagt der Betriebsleiter.

Der Mistschieberoboter sei eindeutig die beste Investition im Stall. So bleibe alles sauber– auch die Kühe  – und die Tiere haben schöne Klauen.

Laufender Brunnen und einfaches Mai-Flügelrührwerk

Als Tränke hat es dient diesem Stall ein einfacher Brunnen, der immer läuft. «So hat man auch nicht das Problem, dass er einfriert. Das ist tubelisicher», sagt David von Känel. Bei allen Systemen mit Pumpen könne auch etwas kaputtgehen, hier jedoch nicht.

Auch beim Güllemanagement war von Känel eine einfache Lösung wichtig. Im neuen Mutterkuhstall hat er unter allen Vollspaltenböden Gülleraum geschaffen. Insgesamt hat er so 400 m3 Gülleraum gebaut, womit er nun total auf 1800 m3 kommt. So kann er auf das Umpumpen der Gülle verzichten. Der Landwirt hat sich zudem für ein Flügelrührwerk von Mai-Gülletechnik entschieden. «So brauche ich nur einen Antriebsmotor für fünf Güllekästen», erklärt von Känel.

Geplant von Gobeli aus Saanen

Die Kosten für den neuen Stall mit allen Einrichtungen waren rund 725'000 Franken. Das sind etwa 14'500 Franken pro GVE. Familie von Känel hat auch eine Variante für Milchvieh rechnen lassen, diese wäre jedoch deutlich teurer geworden (25 000 Fr./GVE). Geplant wurde der Stall von Alex Gobeli aus Saanen BE.

Schneelast berücksichtigen

Das Teure an diesem neuen Stall war einerseits die massive Bauweise, die im Berner Oberland wegen der Schneelast notwendig ist. So war wegen der Statik eine Dachkonstruktion mit groben Leimbindern erforderlich. Andererseits haben das Absenken des Bodens sowie die Anpassung des Überganges von der neuen Halle an den bestehenden Boxenlaufstall den Bau zusätzlich verteuert. 

 

Betriebsspiegel der Familie von Känel

David und Irene von Känel, Lenk im Simmental BE

LN: 40 ha plus 30 ha Weiden und Alp mit 38 Normalstössen

Kulturen: Naturwiesen mit 65 % Ökoflächen

Tierbestand: 45 Mutterkühe mit Kalb, 30 abgesetzte Kälber, 40 Stück externes Galt- und Aufzuchtvieh

Weitere Betriebszweige: Etwas Lohnarbeiten (Güllen & Übersaaten)

Arbeitskräfte: David und Irene von Känel, Eltern Rosmarie und Emil

 

 

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