Mehr Food Waste, mehr Importe, mehr Einkaufstourismus. Das sind nur einige der negativen Folgen, die eine Annahme der beiden Pflanzenschutz-Initiativen bewirken würde. Diese und weitere Argumente brachten die Referenten an der Medienkonferenz der Allianz «Gegen die beiden extremen Agrar-Initiativen» am Dienstag vor.

Zu der Allianz gehören über 120 Organisationen sowie grössere und kleinere Unternehmen aus dem ganzen Spektrumder Land- und Ernährungs-wirtschaft, sowie auch der Gewerbeverband, wie Urs Schneider, Kampagnenleiter vom Schweizer Bauernverband, erklärte. Zudem sind FDP, Mitte und SVP einbezogen.

Plakate und Soziale Medien

Seit einigen Wochen hängen vielerorts Fahnen, mit welchen die Ablehnung kundgetan wird und die argumentieren, dass die Initiativen zu extrem seien. Als weitere Massnahmen geplant sind Plakate und Blachen in Stadt, Agglomeration und auf dem Land. Dazu kommen die Abgabevon Flyern und Klebern, der Internetauftritt (www.extreme-agrarinitiativen-nein.ch), Inserate und Testimonials, Massnahmen in Sozialen Medien, Medienarbeit, Komiteegründungen.

Koordiniert werden die Aktivitäten und Massnahmen mit den Kampagnen der IG Pflanzenschutz und der IG Bauern Unternehmen.

Biobauern im Zwiespalt

Markus Ritter sagte in seiner Rede, dass zumindest ein Teil der Biobetriebe die Pestizidverbots-Initiative unterstütze, während das Feld bei der Trink-wasser-Initiative geschlossen dagegen sei. Diese Aussage stiess der Bio Suisse gemäss Medienmitteilung sauer auf. Sie finde es falsch, die Biobauern für die Kampagne zu instrumentalisieren. Die Bio Suisse hat die Ja-Parole zur Pestizidverbots-Initiative gefasst, während der Entscheid für die Trinkwasser-Initiative im April gefällt wird.

Argumente gegen die beiden extremen Agrarinitiativen

An der Medienkonferenz am Dienstag im Bundesmedienzentrum referierten auch Isabelle Moret, Gerhard Pfister, Marco Chiesa, Damian Müller und Anne Challandes, Fabio Regazzi und Colette Basler. Ihre Argumente gegen die beiden Pflanzenschutz-Initiativen waren vielfältig. (Die kompletten Reden aller Referenten finden Sie hier.)

 

Die Landwirtschaft bewegt sich

Anne Challandes, Präsidentin Schweizer Bäuerinnen- und Landfrauenverband, Biobäuerin

«Seit über 20 Jahren arbeiten in der Schweiz praktisch alle 50 000 Landwirtschaftsbetriebe nach dem Standard des ökologischen Leistungsnachweises. 18,8 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche dienen heute der Förderung der Biodiversität, gefordert wären lediglich 7 Prozent. Der Antibiotikaeinsatz hat sich in den vergangenen zehn Jahren halbiert, die Pflanzenschutzmittel sind seit 2008 um 40 % gesunken. Mechanische Unkrautbekämpfung ist im Trend. Wir Schweizer Bäuerinnen und Bauern sind also bereits stark in Bewegung, und das wird sich mit den parlamentarischen Entscheiden nochmals verstärken.»

 

 

Hochproblematisch für Lebensmittelindustrie

Isabelle Moret, Nationalrätin FDP, Präsidentin der Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien (Fial)

Als Präsidentin der Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien (Fial) finde ich die Pestizidverbots-Initiative hochproblematisch. Durch sie könnten sich die Verarbeitung und damit Arbeitsplätze sowie viel Wertschöpfung ins Ausland verlagern. Generell käme es zu deutlich mehr Food Waste auf allen Stufen der Produktion sowie höheren Produktionskosten auf allen Stufen der Branche. Die Preise für sämtliche Lebensmittel würden massiv gesteigert. Mein Fazit: Der Standort Schweiz würde in der ganzen Agrar- und Lebensmittelindustrie geschwächt und zahlreiche Arbeitsplätze wären gefährdet.

 

 

Parlament hat bessere Lösung aufgegleist

Gerhard Pfister, Nationalrat, Präsident Die Mitte

Landwirtschaft zu betreiben, ist gezwungenermassen ein Eingriff in die Natur. Doch wir können auf ihre Produkte nicht verzichten. Mir liegt eine nachhaltige Landwirtschaft am Herzen und ich setze mich dafür ein. Aber es bringt nichts, wenn wir die Landwirtschaft in der Schweiz so weit einschränken, dass sie nichts mehr produzieren kann. Unseren Bedarf einfach zu importieren, verlagert die Probleme und mindert unseren Einfluss auf die Art und Weise der Produktion. Mit der Parlamentarischen Initiative können wir den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gezielt optimieren und die negativen Umweltwirkungen minimieren.

 

 

Teurere einheimische Lebensmittel

Damian Müller, Ständerat FDP, Präsident Vereinigung Schweizerischer Futtermittelfabrikanten

Bereits heute steht uns in unserem Land ein komplettes An-gebot an Bio-Lebensmitteln zur Verfügung. Je mehr Menschen diese Angebote nutzen, desto mehr Bauernbetriebe können ihre Produktion umstellen. Wenn wir das Angebot politisch so steuern, wie das speziell die Pestizidverbots-Initiative will, dann gäbe es keine Wahlfreiheit mehr. In unseren Läden hätte es nur noch die teureren, weil nach-haltigen Produkte. Die Folge: Es würden noch mehr Leute ins Ausland pilgern, um sich dort mit Fleisch und Gemüse einzudecken, mit denen einheimische Produkte preislich nicht mehr konkurrenzieren können.

 

 

Essen nicht ausder Hand geben

Marco Chiesa, Ständerat, Präsident SVP

Mit den beiden Initiativen würden wir die regionale Produktion im Inland und damit unsere Eigenversorgung empfindlich schwächen. Das widerspricht dem 2017 vom Volk angenommenen Verfassungsartikel zur Ernährungssicherheit. Das Parlament verlangt den Landwirten schon heute viel ab. Schon heute steigen zahlreiche Bauern z. B. aus dem Zuckerrübenanbau aus, weil nach dem Rückzug zahlreicher Mittel das Anbaurisiko zu hoch geworden ist. Wir müssen so schon schauen, dass wir am Schluss keine Ballenberg-Landwirtschaft haben und unser Essen hauptsächlich importieren müssen.