Das Haus steht etwas abseits, umgeben von viel Natur. Das passt zu Dalilah Schmid, die mit ihren Eltern hier wohnt. Denn die 19-Jährige bewegt sich nicht nur gern mit ihrem Hund in der Natur, sie sorgt zudem für die Erhaltung alter Tomatensorten.
Der Weg zum Züchten
Obwohl erst 19 Jahre alt, absolviert Dalilah Schmid derzeit bereits das dritte Jahr ihres Agrarwissenschaftsstudiums an der ETH Zürich. Das Fachgebiet reizte sie, auch wenn sie nicht auf einem Landwirtschaftsbetrieb aufgewachsen ist. «Als Kind verbrachte ich meine Ferien öfters auf dem Hof von befreundeten Familien. Ich durfte bei jeglichen Arbeiten dabei sein, für mich ein absolutes Highlight», sagt sie.
Dass sie bereits als Schülerin Kontakt mit Sortenbetreuern hatte, habe nur bedingt einen Einfluss auf ihre spätere Studienwahl gehabt – dafür aber auf die heutige Tätigkeit neben ihrem Studentendasein: Sie ist Sortenbetreuerin bei Pro Specie Rara, der Stiftung für die Erhaltung und Förderung der kulturhistorischen und genetischen Vielfalt von Pflanzen und Tieren.
«Ich erkannte auf Anhieb, um welche Sorte es sich handelte.»
Dalilah Schmid, Agrarwissenschaftsstudentin
Dalilah Schmids Interesse an Pflanzen wurde daheim geweckt. «Unsere Nachbarin hat zu Hause einen kleinen Garten. Ich war immer gerne bei der Gartenarbeit mit dabei.» Vor einigen Jahren sei dann der Wunsch aufgekommen, selbst Tomaten anzubauen. Die Mutter wollte das Interesse der Tochter unterstützen und begleitete sie zum ProSpecieRara-Schaugewächshaus in Niederwil. Dies beherbergt eine grosse Auswahl an speziellen und alten Tomatensorten, aber auch Auberginen, Paprikas, Chilis und andere wärmeliebende Gemüse und Kräuter.
Ein Jahr später besuchte sie im Herbst den Marktstand, an dem die Sortenbetreuer und Initianten des Schaugewächshauses die letzten gezogenen Tomaten verkauften. «Einer der Sortenbetreuer gab mir eine Tomatensorte zum Probieren, und ich erkannte auf Anhieb, um welche Sorte es sich handelte», erinnert sich Dalilah Schmid. Das habe den Mann gefreut. Er und seine Frau fanden, es sei wichtig, Dalilah Schmid zu fördern. So startete sie als damals jüngste Sortenbetreuerin von Pro Specie Rara und ist bis heute mit Begeisterung dabei.
Hauptsache in der Natur
Beim Gärtnern ist es laut Dalilah Schmid so, dass man mit etwas Glück vieles auf Anhieb richtig machen kann. Aber die Wahrscheinlichkeit sei auch ziemlich hoch, vieles falsch zu machen. Wichtig sei, einfach mal anzufangen und sich selbst Erfahrungen anzueignen. Dalilah Schmid ist mittlerweile fünf Jahre Sortenbetreuerin. In einem Gewächshaus in Berikon zieht die Studentin über 130 Sorten, und im Frühling verkaufte sie an zwei Samstagen rund 2500 Setzlinge.
«Meine Sammlung ist eine lebende, blühende und wurzelnde Bibliothek der Vielfalt mit dem Ziel der Erhaltung von seltenen Nutzpflanzensorten für eine nachhaltige Zukunft», schreibt die Studentin dazu auf ihrer Website. Sie zieht nicht nur Tomaten, sondern auch weitere Gemüsepflanzen wie Paprikas, Chilis, Kürbisse, Gurken, Salate sowie eine Vielzahl von Beeren und andere Raritäten wie Rosella, einen Teehibiskus.
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«Viel erreicht»
«Die Stiftung Pro Specie Rara hat bereits sehr viel erreicht», sagt Dalilah Schmid zu ihrem Engagement. «Der Zugang der breiten Bevölkerung zu den alten Sorten wird so einfacher möglich.» Doch seien diese Sorten aus ihrer Sicht nicht für die Grossproduktion geeignet. Aber sie sollten für Kleinbetriebe und Privatgärten erhalten bleiben.
Wenn die Sorten immer wieder angebaut würden, könnten sie sich auch immer mehr an die Umweltbedingungen anpassen, und zwar viel besser, als wenn sie lediglich auf einer Genbank gelagert würden. Weiter erklärt sie: «Durch das Anbauen der Sorten können Resistenzen festgestellt werden. Somit werden Sortenversuche eingespart, welche ansonsten erst durchgeführt werden müssen, nachdem der Züchter oder die Züchterin das Saatgut von der Genbank bezogen hat.» Zudem seien diese auch nur schwer zugänglich. Die Begeisterung für das Thema merkt man Dalilah Schmid im Gespräch an: «Die Vielfalt ermöglicht die Resilienz eines Systems», erklärt sie weiter. Ein Pathogen könne dementsprechend weniger Schaden anrichten. Pro Specie Rara sorge dafür, dass diese Vielfalt für Hobbyzüchterinnen und -züchter zugänglich werde.
Begeisterte Jägerin
Das Gärtnern ist nicht Dalilah Schmids einziges Hobby: Sie hat letztes Jahr die Jagdprüfung absolviert. «Die Landwirtschaft und die Jagd haben überschneidende Punkte.» Ihr Interesse für die Jagd wurde durch den Grossvater geweckt. «Ich verbrachte viel Zeit mit ihm im Wald.»
Nach der Zukunft gefragt, antwortet Dalilah Schmid: «Ich habe noch keine klaren Zukunftspläne, doch hoffe ich, dass ich die Tomatenzucht weiterführen kann. Ich möchte dazu beitragen, alte Sorten vermehrt in Hausgärten zu bringen.»
Dalilah Schmids Website: www.esculentum.ch