Im Jahr 2013 wurde die Zulassung für Regent mit dem Wirkstoff Fipronil als Getreidebeizmittel zurückgezogen. Für Kartoffelproduzenten fiel damit ein effizienter Schutz gegen den Drahtwurm weg, was sich zunehmend bei der Kartoffelernte bemerkbar macht. «Verschiedene Produzenten klagen über Probleme mit Drahtwürmern, die sie in den vergangenen Jahren nicht hatten», stellt Ruedi Fischer, Präsident der Vereinigung Schweizer Kartoffelproduzenten fest. Einzig mit einer Sonderbewilligung zugelassen gegen Drahtwürmer ist das Granulat Ephosin der Firma Stähler Suisse SA, welches allerdings den Befall nicht effizient bekämpfen kann.
Posten zurückgewiesen
Noch Ende August blickte Ruedi Fischer zuversichtlich auf die Ernte der späten Sorten. Zu diesem Zeitpunkt wurde eine Ertragserhebung durchgeführt. Der Anteil an Proben, die einen Drahtwurmbefall aufwiesen, war tiefer als im Vorjahr, bestätigt auch Christine Heller, Geschäftsführerin der Swisspatat. Doch das änderte sich plötzlich mit den Niederschlägen der vergangenen Wochen. «Durch die Feuchtigkeit wandern die Drahtwürmer in die obersten Erdschichten, wo sie dann die Kartoffelknollen befallen», so Fischer. Die Toleranzgrenze – bei Industriekartoffeln 7 Prozent, bei Speisekartoffeln 10 Prozent (mit Vorbehalt) – sei bei einzelnen Posten durch Drahtwurmschäden überschritten worden. Weshalb die Annahmestellen diese zurückweisen mussten, fügt er an. Das bestätigt auch Raphael Müller von der Fenaco: «Einzelne Posten mussten zurückgewiesen werden. Insgesamt waren das aber nur sehr wenige.» Bestimmte Sorteneigenschaften wie die Schalenbeschaffenheit, aber wohl auch der Geschmack können einen sortenspezifischen Befall zur Folge haben. Entscheidend ob ein Befall auftritt oder nicht, sei jedoch die auf dem Kartoffelacker vorhandene Drahtwurmpopulation und die Witterung.
Ephosin verliert Zulassung
Als direkte Bekämpfungsmassnahme ist aktuell das Granulat Ephosin mit einer Teilwirkung gegen Drahtwürmer zugelassen. Allerdings darf das Produkt nur bei der Pflanzung im Frühjahr und mit einer Sondergenehmigung eingesetzt werden. Doch wenn der Boden noch kalt und trocken ist und die Drahtwürmer sich in die tieferen Bodenschichten zurückgezogen haben, kann das Produkt seine Wirkung nicht voll entfalten. Eine effiziente Behandlung fehlt also. Der Pflanzenschutzmittelanbieter Omya hat deshalb ein Gesuch für die Sonderbewilligung eines biologischen Produkts namens Attracap (siehe Kasten) beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) eingereicht. Nach Angaben des BLW wurde dieses aber vorerst nicht bearbeitet, da mit Ephosin eine Alternative zur Verfügung steht.
Doch für Ephosin sind die Tage gezählt: Ab Juni 2021 verliert es seine Zulassung. Ein Alternativprodukt zur Bekämpfung der Drahtwürmer fehlt dann, wodurch Attracap wieder in den Fokus rückt. Laut BLW wird das Gesuch erneut überprüft. Zusätzlich hat Omya eines für eine reguläre Zulassung eingereicht. Wann und ob eine Zulassung erteilt wird, kann das BLW zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.
Deklassierung zu Futter
Die Ernte zieht sich noch bis Ende Oktober/Anfang November hin. Ob es weitere Ausfälle durch den Drahtwurm geben wird, lässt sich erst danach genauer sagen, so Ruedi Fischer. Werden Kartoffeln zurückgewiesen, können Produzenten diese für die Frischverfütterung bei der Qualiservice GmbH bis spätestens 31. Dezember 2019 anmelden. Bei später gemeldeten Posten erlischt die Beitragsberechtigung. Die Höhe des Beitrages wird laut Niklaus Ramseyer, Geschäftsführer der Vereinigung Schweizer Kartoffelproduzenten, in der nächsten Vorstandssitzung Anfang November festgelegt und soll im Rahmen des Vorjahres ausfallen.
Vorbeugende Massnahmen gegen Drahtwürmer
Das Granulat Ephosin ist noch bis Mai 2021 zugelassen. Allerdings hat es nur eine Teilwirkung gegen Drahtwürmer und darf nur bei der Pflanzung der Kartoffeln eingesetzt werden. Weil die Drahtwürmer aber erst bei wärmeren Temperaturen und ausreichend Feuchtigkeit in die oberen Bodenschichten wandern, hat das Produkt bis dahin teilweise schon seine Wirkung verloren. Um den Befall durch Drahtwürmer dennoch regulieren zu können, sind die folgenden vorbeugenden Bekämpfungsmassnahmen empfehlenswert:
- Drahtwurmbefall feststellen, da die Verwechslungsgefahr mit Schneckenfrass besteht.
- Kartoffeln frühestens im dritten Jahr nach Wiesenumbruch anbauen. Geeignete Vorkulturen für Kartoffeln sind Ölfrüchte, Leguminosen und Getreide.
- Flache Bodenbearbeitung im August fördert die Austrocknung der Drahtwurmlarven.
- Kartoffeln möglichst früh ernten, sobald diese schalenfest sind.
- Parzellen mit erfahrungsgemäss häufigem Drahtwurmbefall für den Kartoffelanbau meiden.
Der Hoffnungsträger Attracap
Attracap – aus dem Hause der deutschen Firma Biocare – ist ein Granulat zur Bekämpfung von Drahtwürmern im Kartoffelanbau bei leichtem bis mittleren Befall.
In Deutschland, Österreich und Luxemburg ist das biologische Mittel bereits zugelassen, allerdings nur zwischen Februar und Juni mit einer Sonderbewilligung. Die Bekämpfung ist nur für Kartoffeln auf befallsgefährdeten Flächen vorgesehen. In Feldversuchen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (D) und des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Donaueschingen (D) konnte eine Wirkung von 55 bis über 70 Prozent nachgewiesen werden.
Pilz tötet Drahtwürmer
Attracap enthält sowohl einen Lockstoff (CO2) für Drahtwürmer als auch den insektenpathogenen Pilz Metarhizium brunneum. Sobald das Granulat im Boden Feuchtigkeit aufnimmt und die Temperatur mindestens 10°C beträgt, beginnt die Lockstoff-produktion und das Wachstum der Pilzsporen aus den Kapseln heraus. Angelockte Drahtwürmer infizieren sich bei Kontakt mit den Pilzsporen und sterben je nach Temperatur und Bodenverhältnissen nach einigen Tagen ab. Die Kapseln werden direkt bei der Pflanzung mit einem Granulatstreuer in die offene Furche gestreut. Die Wirkung des Lockstoffs hält mindestens fünf Wochen, die Pilzsporen infizieren Drahtwürmer über mehrere Monate bis die Temperatur im Herbst wieder sinkt und die Sporen absterben.
Versuche in der Schweiz
In der Schweiz testete die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL in einem gemeinsamen Projekt mit Agroscope Attracap in Kartoffeln und in Zwischenfrüchten. Der Wirkungsgrad lag bei maximal 50%, wenn die Drahtwürmer zum Zeitpunkt der Applikation bereits in den oberen Bodenschichten waren. Bei kühlen Bodentemperaturen oder Trockenheit – Drahtwürmer ziehen sich in tiefe Bodenschichten zurück – lagen die Wirkungsgrade deutlich tiefer. Dies gilt auch für Ephosin. Auf Anfrage empfiehlt Andreas Keiser, Projektleiter an der HAFL, deshalb die Drahtwürmer zusätzlich durch mehrmalige, flache Bodenbearbeitung im Sommer nach der Ernte zu bekämpfen (siehe «Vorbeugende Massnahmen»). Die vorbeugenden Massnahmen werden, so Keiser, in Zukunft noch wichtiger, da es nicht wahrscheinlich ist, dass in naher Zukunft Mittel mit hohen Wirkungsgraden auf den Markt kommen werden.