Ein Viertel des in der Schweiz verzehrten Gemüses stammt aus dem bekannten Grossen Moos im Seeland. Das ist jeder vierte Kopfsalat, jedes vierte Rüebli. «Es ist ein grosses Risiko, Gemüse anzubauen», gibt Michael Moser zu. Moser ist Teil einer Produktionsgemeinschaft in Kerzers. Ihren Zusammenschluss nennen sie «Gemüse ab Hof». Michael Moser produziert die biologische Ware, sein Vater Fredy Moser und Adrian Tschachtli in einer Betriebsgemeinschaft das konventionelle Gemüse.

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Früher Vieh, heute Gemüse

Seit sechs Generationen betreibt die Familie Moser im Seeland Landwirtschaft. Angefangen hat sie mit einem typischen kleinen Seeländer Bauernbetrieb. Nebst Viehhaltung und Ackerbau wurde schon immer ein wenig Gemüse angebaut.1999 stellten Mosers auf den reinen Gemüseanbau um. Seither konnte die Familie die Produktion durch den Bau von Gewächshäusern stetig steigern und produziert heutzutage durchs ganze Jahr hindurch Gemüse. Dank einer Betriebsübernahme im Jahr 2011 durch Michael Moser erfolgte der Start in den Biogemüseanbau. Im 2015 schlossen sich die Familien Moser und Tschachtli zu einerBetriebsgemeinschaft (BG) zusammen. Heute umfasst die Produktionsgemeinschaft 23 Hektaren Bio- und 40 Hektaren konventionelle Gemüsefläche. Dazu kommen fünf Hektaren konventionelle Gewächshausfläche, wo Gurken, Tomaten, Auberginen hors-sol, also in Nährlösung, angebaut werden. Nebst den wärmeliebenden Kulturen setzen die Mitarbeitenden der BG wöchentlich 500 000 Töpfli Nüsslersalat im Gewächshaus – und das zwölf Monate lang.

Hors-sol in der Schweiz

In den letzten 20 Jahren ist bodenunabhängige Gemüseproduktion in der Schweiz flächenmässig deutlich gewachsen. Gemäss Fachorganisationen aus der Branche bietet das System einige Vorteile:
- Gezieltere Verabreichung von chemisch-synthetischen PSM und Nährstoffen.
- Je nach Kultur: Rezyklierung des Substrats möglich. Nebst der sparsamen Tröpfchenbewässerung können durch die Wasserrückgewinnung von der Pflanze nicht aufgenommenes -Wasser und darin enthaltene Nährstoffe aufgefangen und wiederverwendet werden.
- Der natürliche Boden wird nicht belastet.
- Die Flächen werden meistens doppelt genutzt: im Sommer für die Produktion von Hors-Sol-Tomaten oder Gurken und im Winter für Nüsslersalat.
- Das Substrat aus Kokosfasern bietet für die Pflanze optimale Wachstumsbedingungen.

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Einigkeit in der Branche wäre gewünscht

Der junge Gemüseproduzent wünscht sich in der Branche generell mehr Einigkeit. «Dass wir Produzenten zusammenstehen und so mehr Gewicht in Verhandlungen mit den Händlern erzielen, klappte bisher nicht», bedauert Michael Moser. «Daher arbeiten die meisten Gemüsebetriebe im Seeland auf eigene Faust weiter.» Der «Brokkoli-Pool» war beispielsweise ein Versuch, zumindest alle Brokkoli-Produzentinnen zusammenzubringen, um einen besseren Preis auszuhandeln. Wegen Meinungsverschiedenheiten habe aber auch das nicht funktioniert, erinnert sich Moser. «Ein Zusammenschluss von Gemüseproduzenten würde unsere Schlagkraft definitiv erhöhen», ist sich Michael Moser sicher. Die Gründe für die aktuelle Aufstellung der vielen Gemüsebetriebe im Seeland sind zum einen:

  • Die ideale Lage (Nähe zum Wasserzugang, guter Boden)
  • Zum anderen beeinflussten die vergangene Strukturen im Seeland die aktuelle Landwirtschaft der Region. Wie auch der Betrieb von Mosers hielten viele landwirtschaftliche Betriebe im Seeland Vieh und betrieben Ackerbau. Nur nebenbei und im kleinen Rahmen bauten sie Gemüse an.

Schon damals waren die Produzenten auf die Händlerinnen angewiesen, um die Ware dorthin zu bringen, wo sie gebraucht wurde. «Die Händler, aber auch die Produzentinnen haben damals gutes Geld verdient», weiss Moser. Durch ebendiesen Handel sind die Händler gewachsen und sie konnten das Risiko klein halten, da sie die Ware von vielen Produzentinnen beziehen konnten. So kam es selten zu Lieferengpässen. Dieser Grund gab für die Händlerinnen den Anreiz, die Produzenten stets klein zu halten, so dass sich dieses Risiko auf viele Anbieterinnen verteilt und dass die Produzenten ihre Ware nicht plötzlich selber absetzten. Mittlerweile zählt das Einzugsgebiet der Gemüseproduzenten-Vereinigung der Kantone Bern und Freiburg immer noch rund 500 Gemüsebetriebe. «Das ist eigentlich eine sehr hohe Anzahl, für diese kleine Region», gibt der Gemüseproduzent zu bedenken. Das Geschäft mit dem Handel erleichtert die Arbeit der Produzenten, aber: «Man weiss nie, welchen Preis man am Schluss lösen kann», so Michael Moser. Dazu komme die grosse Abhängigkeit vom Wetter. «Fixpreise sind im sehr dynamischen Gemüsemarkt eigentlich fehl am Platz», bemerkt er und verweist dabei auf den Trend hin zu Convenience-Produkten, wo oftmals mit Fixpreisen gearbeitet wird. Das heisst, das Produkt darf maximal so viel kosten, auch wenn die Produktionskosten höher waren, als prognostiziert wurde. «Daher sind wir gezwungen, die Produktionskosten so tief zu halten, wie nur möglich», sagt Moser.

1 % der Produktion läuft über den Hofladen

Mosers und Adrian Tschachtlihaben sich für ihre Stamm-kund(innen) einen weiteren Betriebszweig aufgebaut: Der Hofladen direkt neben dem Betrieb. Dort werden nebst anderen Produkten aktuell rund ein Prozent der Produktion direktvermarktet. Zehn Prozent des Umsatzes macht der Absatz im Hofladen aus. Zudem beliefert die BG zweimalwöchentlich über den Onlineshop rund 15 Verteilpunkte, wo Kund-(innen) ihre Bestellung abholen können.

Weitere Informationen zum Betrieb finden Sie hier: www.gemueseabhof.ch

Betriebsspiegel Gemüse ab Hof

Arbeitskräfte:
Die Betriebsleiter Michael Moser (Bio), Fredy Moser (konv.) und Adrian Tschachtli (konv.) mit den teils saisonal angestellten Mitarbeitenden (50–55 in der Hauptsaison, 25 in der Nebensaison)

Ort: Kerzers, Kanton Freiburg

Ackerfläche: 23 Hektaren Bio, 40 Hektaren konventionelles Gemüse, fünf Hektaren Anbau im Gewächshaus

Absatzkanal: Händler, Hofladen, Verteilpunkte