Bern Die Erweiterung der Produktionssystembeiträge (PSB) ist wohl der grösste Wurf der viel diskutierten Agrarpolitik ab 2022 (AP 22+). Rund 280 Mio Fr. sollen von der Versorgungssicherheit abgezogen und in neue Massnahmen fliessen. In welcher Form, darüber diskutiert das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) zurzeit mit der Branche. Die Ansprüche sind vielfältig und die Erwartungen gross.

Gelder besser investieren

Ursprung dieses Vorschlags ist eine Studie von Agroscope. Die Studie hat aufgezeigt, dass die Kalorienproduktion trotz tieferen Versorgungssicherheitsbeiträgen konstant bleibt. 280 Mio Fr sollen nun in die Produktionssysteme fliessen. «Wir wollen die Landwirtschaft besser für die Zukunft rüsten», erklärt Bernard Belk, Leiter Direktzahlungen beim BLW. «Viele mit der Branche besprochene Massnahmen beantworten die Besorgnisse der Gesellschaft und es ist der richtige Zeitpunkt, sie einzuführen», erläutert Belk. Zweitens gehe es auch darum, Antworten auf bekannte Probleme zu geben, beispielsweise die diskutierten Pestizid-Initiativen und Nährstoffüberschüsse.

«Wir wollen die Landwirtschaft besser für die Zukunft rüsten.»

Bernard Belk, Leiter Direktzahlungen und ländliche Entwicklung beim Bundesamt für Landwirtschaft.

Stimmen der Arbeitsgruppen

Noch ist wenig von den möglichen neuen Massnahmen bekannt. In drei Arbeitsgruppen – Spezialkulturen, Ackerbau und Tierhaltung – diskutieren zurzeit Branchenkenner über Möglichkeiten. «Die Diskussionen verlaufen konstruktiv», erklärt der Geschäftsführer der IP-Suisse, Fritz Rothen. Er ist Mitglied der Arbeitsgruppe Ackerbau. Das Thema Pflanzenschutz spiele dabei eine wichtige Rolle.

Der Aufbau soll modular erfolgen. Stufenweise kann der Landwirt den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren. Auch die Umsetzung soll einfach sein. Die Arbeitsgruppe bestehe aus Leuten, die «von der Sache eine Ahnung habe», sagt Rothen. Aber um ein Fazit zu ziehen, sei es noch zu früh. «Wir müssen Beiträge schaffen, bei denen die Leistungen der Landwirte honoriert werden, die Umwelt geschont wird und der Konsument einen Mehrwert erhält.»

Stephan Hagenbuch, Direktor der Schweizer Milchproduzenten, ist Mitglied der Arbeitsgruppe Tierhaltung. Themen seien Tierwohl, Fütterung, Tiergesundheit und Langlebigkeit der Kühe, erklärt er. Dabei würden Aspekte wie der Einsatz von Antibiotika oder Emissionen auch eine Rolle spielen. «Wir sind noch mitten im Prozess. Die konkreten Massnahmen werden im Detail erst noch erarbeitet und evaluiert», kommentiert er. Die Diskussion sei anspruchsvoll aber sehr wichtig.

Erweiterung von GMF

Konkreter äussert sich Bernard Belk. Er nennt ein Beispiel für die Weiterentwicklung einer bestehenden Massnahme. Bei der Graslandbasierten Milch- und Fleischproduktion (GMF) soll eine Vertiefung in Richtung Nachhaltigkeit erfolgen. Die Rohproteinzufuhr soll begrenzt werden, damit die standortangepasste Fütterung mehr Gewicht erhält. Da das aber nicht an allen Standorten möglich ist, sollen Alternativen ausgearbeitet werden. «Wir möchten mit einem einfachen, dreistufigen System möglichst viele Landwirte abholen können.» Die Flexibilität spielt eine wichtige Rolle. Der Landwirt soll selber entscheiden dürfen.

Gewünschte Wirkung

Vor allem durch die Synergie von PSB mit Labeln verspricht sich das BLW Mehrwerte. Die Produkte in den Labelprogrammen, beispielsweise beim Extenso, erzielen mehrheitlich eine höhere Wertschöpfung. Heute zahlt das BLW rund 34 Mio Fr. Extensobeiträge. IP-Suisse generiert laut Belk nochmals 15 Mio Fr. am Markt. «So stellen sich die Branche und wir die Wirkung der PSB vor.» Die «neuen» Gelder für die PSB stammen aus dem Topf der Versorgungssicherheit. Diese sollen besser eingesetzt werden. Der Basisbeitrag von 900 Fr. pro ha würde es in Zukunft nicht mehr geben. Ebenso wie den Produktionserschwernis- und den Offenhaltungsbeitrag. Diese Beiträge sollen in einen Zonenbeitrag überführt werden. Es gebe aber keine Verschiebung der Gelder von Berg ins Tal oder umgekehrt, betont Belk.

Was bleibt davon übrig?

Es wird aber noch eine Weile dauern, bis das Endresultat bekannt ist. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen fliessen in die Botschaft des Bundesrates, die anfang nächstes Jahr präsentiert wird. Darauf folgt die parlamentarische Debatte und dann die Ausarbeitung der Verordnungen. Und dann wird sich zeigen, welche Massnahmen den Prozess überlebt haben.

 

Zahlen und Fakten

280 Mio Fr. sollen in die Produktionssysteme fliessen. Heute sind es rund 470 Mio Fr. Die PSB bestehen aus dem Beitrag für die Biologische Landwirtschaft (2017: 50 Mio Fr.), Extensive Produktion (34 Mio Fr.) Graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion (110 Mio Fr.), BTS (82 Mio Fr.) und RAUS (190 Mio Fr.).