Bei Rindern haben sich die Regeln der Tierverkehrsdatenbank (TVD) seit der Einführung im Jahr 2000 bewährt. Die Vorteile der zentralen Tier-Daten-Erhebung will man nun auch bei den Schafen und Ziegen nutzen. Ab 2020 gilt auch für Halter von Kleinwiederkäuern die Registrierungspflicht aller Geburten, Handwechsel, Schlachtungen sowie Zu- und Abgänge.
Die TVD-Einführung geht auf einen parlamentarischen Vorstoss zurück und soll der besseren Rückverfolgbarkeit dienen, sowie die Seuchenbekämpfung und die Direktzahlungsadministration erleichtern. Um den Mehraufwand für die Tierhalter abzufedern, gewährt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) gestaffelte Übergangsfristen bis Ende 2022.
Wesentliche Änderungen
Neugeborene Schafe und Ziegen müssen ab Januar 2020 innert 30 Tagen mit zwei Ohrmarken (für Schafe eine davon elektronisch) markiert sein und in der TVD registriert werden. Alle vor dem 1.1.2020 geborenen Schafe müssen beim ersten Verstellen im Jahr 2020 mit zwei Ohrmarken markiert und registriert werden.
Die Ziegen dagegen müssen erst nach dem 1. Januar 2023 mit einer zweiten Ohrmarke nachmarkiert werden, auch wenn sie bis dann schon verstellt worden sind. Zu-und Abgänge zum und vom Betrieb sollten innert drei Tagen an die TVD gemeldet werden. Schlachtbetriebe müssen die Schlachtung ebenfalls innert drei Tagen an die TVD melden.
Die Erfassung der Tiere in der TVD bedeutet grossen Aufwand, denn die Meldungen sollen ausschliesslich elektronisch erfolgen. Die Kennzeichnungspflicht von Schafen und Ziegen sowie die Pflicht zur Registrierung aller Tierhaltungen – auch der Hobbyhaltungen – gilt bereits seit 1999. Das Thema ist damit nicht ganz neu, die meisten Schaf- und Ziegenhalter wurden somit vermutlich in den vergangenem 20 Jahren irgendeinmal damit konfrontiert.
Breite Unterstützung geplant
Die Tierhalter werden durch die Identitas AG über die anstehenden Änderungen direkt informiert. Die TVD-Betreiberin wird den Personalbestand für die Einführung aufstocken, um den zu erwartenden Mehraufwand bewältigen zu können.
Bis zur TVD-Registrierung steht den Tierhaltern eine Begleitgruppe mit Vertretern von BLV, BLW, Identitas, Kantonstierärzten, Zuchtverbänden, Viehhandel, Schlachtbetrieben, Labelorganisationen sowie des Beratungs- und Gesundheitsdiensts für Kleinwiederkäuer (BGK) für die praxistaugliche Umsetzung der Melde- und Markierungspflicht zur Verfügung.
Das Tierseuchengesetz hält fest, dass den Halterinnen und Haltern von Tieren der Rinder-, Schaf-, Ziegen-, Schweine-, Pferde- und Geflügelgattung sowie den Schlachtbetrieben Beiträge an die Kosten der Entsorgung von tierischen Nebenprodukten ausgerichtet werden. Geburtsbetriebe von Schafen und Ziegen erhalten ab 1. Januar 2020 für jede Geburtsmeldung Fr. 4.50 pro geborenes Tier, Schlachtbetriebe erhalten ebenfalls für jede Schlachtungsmeldung Fr. 4.5 pro geschlachtetes Tier der Schaf- und Ziegengattung. Wenn keine Geburtsmeldung gemacht wird, erhält der Tierhalter keinen Entsorgungsbeitrag. Sofern die TVD feststellt, dass eine Meldung fehlt, wird dem Tierhalter eine Fehlermeldung zugestellt. 2020 wird noch keine Gebühr verrechnet, ab 2021 wird pro Fehlermeldung eine Gebühr von 5 Franken verrechnet.
Skeptische Praktiker
Lisa Beutler und Markus Bösch halten auf der Allmend Frauenfeld TG rund 550 Mutterschafe mit ihren Lämmern. Sie vermarkten diese im Alplamm-Programm. von IP-Suisse und Migros. Für sie entsteht der Mehraufwand mit der TVD durch die Bestellung und Nachmarkierung mit der zweiten Ohrmarke im Frühjahr 2020. Eine gestaffelte Umsetzung hätte ihnen besser gedient, zumal die Ohrmarken-Bestellung erst ab August 2019 getätigt werden kann. Die TVD werde zeitlichen Mehraufwand zur Folge haben, so Beutler. Wenn aber Zucht- und Leistungsdaten praktikabel erfassbar wären, so könnten grössere Betrieb besonders im Management profitieren. Die Schäfer sind nun gespannt, ob der vorhandene Lesestab mit der neuen Softwarelösung kompatibel ist, ansonsten wäre hier eine Neuinvestition fällig.
Lukas und Beat Müller aus Hettlingen ZH halten in Generationengemeinschaft 150 Ziegen mit Nachzucht und Böcken. Die Ziegenhalter haben Bedenken: "Die Ohrmarken sind gross und schwer und verursachen bei den Gitzis oft grösseren Schmerz bei der Markierung", sagt Lukas Müller. Sie könnten bei den ausgewachsenen Ziegen selbst nach einer Jod-Desinfektion leicht zu Entzündung und Eiterung führen. Die Ziegen neigen zudem dazu, sich gegenseitig die Ohrmarken abzukauen. "Ich musste seit der Umstellung drei Viertel der Ohrmarken ersetzen", so Müller. Die früheren Metallmarken seien von den Tieren aber nicht angerührt worden.
Probleme mit 80-Kilo-Ziegen
Müller hat für die Abstammung der Jungtiere bisher Handkarten geführt und erhofft sich von einer funktionellen Daten-Erfassung Zeitersparnis. Die Meldung sei aber noch der kleinste Aufwand, sagt Lukas Müller, die Markierung werde jedoch deutlich aufwendiger, vor allem bei den bis zu 80 Kilogramm schweren Ziegen.