SOS Trockenheit. Mit diesem einschlägigen Titel organisierte das Landwirtschaftliche Institut des Kantons Freiburg in Grangeneuve vergangene Woche einen Flurgang zu alternativen, beweidbaren Futterpflanzen. Das trockene und heisse Wetter schafft ein neues Bewusstsein für künftige Herausforderungen.
Mehr Hitze und Trockenheit
So folgten dann auch über fünfzig Landwirtinnen und Landwirte sowie am Thema interessierte Personen dem Aufruf und nahmen am Flurgang teil.
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«Trockenheit und Hitze sind Herausforderungen für die Landwirtschaft, die schon heute da sind und mit denen wir uns auch in Zukunft vermehrt auseinandersetzen müssen», begrüsste Pierre Aeby, Futterbauberater vom Grangeneuve die Teilnehmenden am Flurgang. Als Landwirt habe man vier Anpassungsmöglichkeiten (siehe grauer Kasten), wie man auf diese Herausforderung reagieren könne. Die Integration von neuen und alternativen Futterpflanzen sei eine davon. An diesen wird auch in Grangeneuve geforscht, und sie bildeten darum den Kern des Flurgangs.
Dieser begann auf einem Feldweg zwischen Mais und beweidbarer Hirse (Sorghum). Als Erstes wurden die aktuellen Versuche und Versuchsresultate, welche im Sorghum laufen, präsentiert und auf artentypische Besonderheiten hingewiesen.
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Die vier Anpassungsmöglichkeiten
1. Sommervorräte sicherstellen: Genügend Dürrfutter für eine allfällige Sommerfütterung einplanen, ohne dabei die Wintervorräte zu verbrauchen.
2. Weidepflanzen stärken: Dies könne man mit veränderten Weideformen wie zum Beispiel dem Mob-Grazing oder längeren Weideintervallen, aber auch durch vermehrten Einsatz von Mist erreichen. Diese stärken das Wurzelwachstum und auch das allgemeine Pflanzenwachstum.
3. Diversifikation der Weiden: Diversifikation heisst in diesem Sinne, dass man nicht auf wenige Weidearten setzt, sondern auf Weidemischungen mit mehreren sich ergänzenden Arten. Konkret empfohlen wird zum Beispiel der Einsatz von Luzerne, Spitzwegerich, Rohrschwingel oder Fromental.
4. Alternative Weidepflanzen: Gemeint sind hier solche Pflanzen, die auch am Flurgang vorgestellt wurden. Also Pflanzen, die das Weidefutter in einem kritischen Zeitpunkt ergänzen. Beispiele wären die beiden vorgestellten Sorghumarten, Futterrüben, Grünschnittgetreide (Roggen usw.), ausserdem auch der Anbau von Zwischenfuttermischungen.
Zwei Unterarten
So gibt es beim Sorghum zwei nutzbare Unterarten. Das Sudangras (Sorghum sudanense) und die Zuckerhirse (Sorghum bicolor). Beide sind wärmeliebende einjährige Süssgräserarten und, wie der Mais, sogenannte C4-Pflanzen. C4-Pflanzen weisen unter hohen Temperaturen (über 20 Grad) eine sehr hohe, bessere Fotosyntheseleistung auf und unterscheiden sich dadurch von den meisten heimischen Pflanzen wie zum Beispiel dem Weizen. Gegenüber dem Mais ist Sorghum deutlich trockenheitstoleranter, verfügt jedoch auch über weniger Energie.
Untereinander unterscheiden sich die beiden Sorghumarten in den folgenden Merkmalen.
- Sudangras: Hochwachsend, mit schlanken Stielen und breiten Blättern, Mehrschnittig nutzbar, geringerer Blausäuregehalt als die Zuckerhirse. Hauptnutzungszweck ist die Fütterung.
- Zuckerhirse: Je nach Sorte unterschiedliche Wuchsformen, in der Regel einschnittig nutzbar, weist einen höheren Blausäuregehalt auf als Sudangras. Nutzung gegenüber dem Sudangras deutlich vielseitiger. Bildet einen grösseren Kornansatz, diese Körner können für die menschliche Ernährung gedroschen werden (Hirse), oder die ganze Pflanze kann als Tierfutter genutzt werden.
- Hybriden: Um das Ganze abzurunden, gibt es natürlich auch Hybriden von beiden Arten. Je nach Hybridsorte sind bei den Pflanzen dann die einen oder anderen Merkmale stärker ausgeprägt
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Sudangrasweide - Versuchserkenntnisse
Am Grangeneuve wird seit drei Jahren an der Beweidung von Sudangras durch Milchkühe geforscht. Zwanzig Kühe weiden regelmässig in einem Rotationsweidesystem im Sudangras. Sie werden mit einer Kontrollgruppe von zwanzig Kühen verglichen, die kein Sudangras beweiden. Der Versuch lieferte bisher folgende Erkenntnisse.
Milch: Bezüglich Leistung, Proteinqualität, Fettgehalt und Zellzahl unterscheiden sich die beiden Herden nicht voneinander.
Verkäsung: Aus der Milch beider Herden wurde Greyerzer Käse erzeugt. Die Käse beider Herden unterschieden sich in Qualität und Geschmack nicht voneinander.
Blausäure: Ihr Gehalt hängt von drei Faktoren ab; der Sorte, dem Stadium und vom Stress. Bei Zweifel kann der Landwirt mit einem Plastiksack und einem Teststreifen die Blausäurekonzentration im Sorghum überprüfen. Je dunkler der Teststreifen, umso höher die Konzentration. Bei zu hohen Gehalten solle für zwei Wochen auf eine Beweidung verzichtet werden.
AOP: Keine Einschränkungen seitens der AOP Organisation. Die Milch von Kühen die Sorghum beweideten darf zur Herstellung von AOP Greyerzer Käse verwendet werden.
Rüben in Weidenutzung
Neben dem Sorghum wurde auch eine Fläche mit Weidefutterrüben präsentiert. Hauptvorteile der Weiderüben seien der hohe Energiegehalt sowie die zeitliche Flexibilität, welche sie als Weidefutter bieten. Die Rüben stehen lange auf dem Feld und können gut von Mitte Sommer bis in den tiefen Herbst genutzt werden.
Es gibt aber auch Herausforderungen. «Als wir die Rinder zum ersten Mal auf die Weide liessen, wussten sie nicht so recht, was sie mit den Rüben anfangen sollten», kommentierte Pierre Aeby den ersten Weidegang. Man habe die Tiere darum erst an die Rüben angewöhnen müssen – ein langwieriger Prozess. Auch verletzen die Rinder beim Darüberlaufen viele Rüben am Kopf. Diese könnten dann nicht mehr von den Tieren ausgezupft und gefressen werden.
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Das Weidemanagement der Rüben sei eine weitere «Knacknuss», so Aeby. Die Futteraufnahme sei sehr ungleich, da sich einige Tiere gierig den Pansen füllten, während andere die Rüben regelrecht verschmähten. Während die einen so fasteten, bestehe bei den anderen wegen des hohen Zuckergehalts der Rüben die Gefahr einer Pansenazidose. Neben den Rüben sollen den Tieren darum immer zusätzliche Weidemöglichkeiten oder Futter angeboten werden.
Hecken als Futter
Abschluss des Flurgangs bildete die Besichtigung einer kürzlich gepflanzten Weidehecke. Diese wurde durch die Agroscope angelegt und ist Teil eines europäischen Projekts («Agro Forage Tree Project») zur Ermittlung potenzieller Futterheckenpflanzen, welche dem Klimawandel standhalten. Zehn verschiedene Pflanzen werden so getestet, darunter zum Beispiel Salweide oder Sommerlinde. Die ersten Resultate werden in den kommenden Jahren veröffentlicht.
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