Wer eine Flurbegehung organisiert, hat je nach Wetter mal Glück, mal Pech. Dieses Jahr hatten die Bioberater vom Strickhof das Nachsehen. Nach tagelangen Regenfällen folgte endlich schönes Wetter. Gerade für Biobauern gab es mehr als genug Arbeit auf den Feldern. Gleichzeitig musste das Ökoheu noch vor dem nächsten Regen sicher eingebracht werden. So erschienen zum alljährlichen Bioflurgang, der vor einer Woche am Stiegenhof in Oberembrach stattfand, lediglich ein gutes Dutzend Teilnehmer(innen), normalerweise liegt diese Zahl deutlich über 50.
Eine breite Versuchspalette
Mehr Chancen also für jene, die gekommen waren, um von den angereisten Experten der Biobranche zu profitieren. Vormittags lockten Sortenversuche von Sonnenblumen, Braugerste, Raps und Soja sowie Anbauversuche von Ackerbohnen und Weizen in weiten Reihen mit verschiedenen Untersaaten. Nachmittags ging es weiter mit Sortenversuchen im Winterweizen, Hafer und Dinkel. Besonders drei Dinge gaben hier zu reden.
Fehlende Qualitätsabstufung
«Es sollen nur Betriebe Montalbano machen, deren Böden auch die nötige Nährstoffversorgung sicherstellen können», sprach Matthias Christen von der Gruppe Anbautechnik vom FiBL den Teilnehmern ins Gewissen.
Der Montalbano habe nämlich mittlerweile den altbekannten Wiwa als meistangebaute Bioweizensorte abgelöst. Er liefere zwar gute Erträge, es mangle ihm jedoch bei der Proteinqualität. Diese sei schlicht zu tief, und weil es bei den Bioweizen keine Abstufung nach Klassen gebe, sei das ein Problem. «Wenn wir das nicht in den Griff bekommen, laufen wir Gefahr, dass wir den Montalbano für den Bio-Anbau verlieren», so Christens Fazit.
Piz Nair, Prim und Bodeli
Matthias Christen empfahl darum, vermehrt auf die qualitätsbetonten Sorten Piz Nair, Prim und Bodeli zu setzen. Gerade der Bodeli sei bezüglich der Proteinqualität auf «gleicher Flughöhe» wie die ehemalige Qualitätslegende Runal. Wer auf Qualität und Ertrag setzen möchte und auch über mittelgute Standorte verfügt, dem empfahl Christen die folgenden Sorten: Pizza, Wiwa, Baretta, Tengri und Rosatch. Nur für Topstandorte eignen sich Wital und der bereits erwähnte Montalbano.
Viel Unkraut im Getreide
Ebenfalls diskutiert wurde die starke Verunkrautung vieler Biogetreidefelder. Viele der Anwesenden bestätigten diese Beobachtungen. Laut ihnen und Matthias Christen sehe man klar, dass dieses Frühjahr vielfach die Striegeldurchfahrten zu spät oder gar nicht erfolgt seien. Was Christen hingegen überrascht, ist der Krankheitsbefall des Weizens. «Die Bedingungen für die Pilzkrankheiten waren optimal, die Pflanzen sind jedoch weniger stark befallen als vermutet; die Weizensorten schlagen sich bisher sehr gut», fasste Christen zusammen.
Preisdruck beim Dinkel
Michael Locher präsentierte die bekanntesten Dinkelsorten aus dem Hause der Getreidezüchtung Peter Kunz. Eine grosse Nachfrage gebe es nach der Sorte Flauder. «Hier sind wir der einzige Züchter, der einen Wechseldinkel im Angebot führt», begründete Locher die grosse Nachfrage nach der Sorte. Die Sorten Gletscher und Edelweisser empfehle er Produzenten, die besonders spätreife und ertragsstarke Sorten möchten, die Sorte Copper sei punkto Backverhalten «dinkeltypisch» und habe einen guten Geschmack.
Biodinkel unter Druck
Am Schluss des Flurgangs besprachen die angereisten Landwirte und Fachleute die Nachfrage und den Import von ausländischem «Billig-Dinkel». Hans-Georg Kessler, Leiter Ackerkulturen der Biofarm, erwähnte den Widerspruch zwischen der tiefen Zahlungsbereitschaft für inländischen Biodinkel einerseits und der gleichzeitigen hohen Nachfrage andererseits. Obwohl der Selbstversorgungsgrad laut Kessler lediglich bei 52 Prozent liegt, verlangen viele Verarbeiter tiefere Preise, weil die Branche teilweise immer noch auf hohen Import-Lagerbeständen sitzt. Dieser Widerspruch sei für ihn als Zwischenhändler ebenso eine Herausforderung wie für seine Produzenten, so Kessler.
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