In der Branche besteht Konsens darüber, dass der Flächenrückgang unbedingt umgekehrt werden muss, sonst gibt es in wenigen Jahren keinen Zuckerrübenanbau in der Schweiz mehr. Ist das so?

Abo Sobald genug IP-Suisse-Zuckerrüben angebaut werden, will die Labelorganisation von der aktuellen Mengenbilanzierung wegkommen. Wie realistisch ist das? 20 Prozent mehr Anbaufläche erwartet Reicht die Menge, um eine ganze IP-Suisse Zuckerrüben-Anlage zu betreiben? Sunday, 23. January 2022 Raphael Wild: Tatsächlich zeigt sich der Flächenrückgang deutlich. Wir hoffen, diesen Negativtrend zu stoppen. Die Voraussetzungen sind so gut wie noch nie. Den Rübenpreis haben wir ja in der Interprofession deutlich nach oben angepasst. Der Zuckerpreis ist international am Steigen. Auch die Politik zieht mit und verlängert die Stützungsmassnahmen bei den Einzelkulturbeiträgen und dem Grenzschutz bis ins Jahr 2026. Und schliesslich werden in der Forschung beachtliche Resultate bei neuen Sorten oder Krankheitsbekämpfung verzeichnet.

Woran liegt es denn, dass die Anbaubereitschaft nach wie vor so gering ist?

Noch scheinen diese guten Gründe bei den Pflanzern nicht überall angekommen zu sein. Wir unternehmen sehr viel, um diese neue und gute Ausgangslage zu kommunizieren. Gelingt dies nicht, ist nicht nur der Zuckerrübenanbau, sondern die gesamte Zuckerbranche in der Schweiz gefährdet.

Wo liegt die unterste Schmerzensgrenze in Bezug auf minimale Anbauflächen?

Eine Schmerzgrenze lässt sich kaum definieren, da immer verschiedenste Faktoren einen solchen Entscheid beeinflussen. Eine gewisse Zeit lassen sich die Lücken auch mit Rüben-Importen aus Deutschland decken. Lieber würden wir aber wieder mehr Schweizer Rüben verarbeiten.

IP-Suisse-Rüben werden aktuell zusammen mitden konventionellen Rüben verarbeitet. Das ist ein Schönheitsfehler des IP-Suisse-Zuckers. Gemäss der Branche könne die separate Verarbeitungerst dann zum Themawerden, wenn die Menge an IP-Zuckerrüben weiter gesteigert würde. Abwelcher Menge ist dies möglich? Und wann rechnen Sie ungefähr damit?

Ja, es ist ein Schönheitsfehler, mehr aber auch nicht. Denn just mit dieser gemeinsamen Verarbeitung können massive Kosten gespart werden. Die Trennung der beiden Zuckersorten würde enorme technische und logistische Aufwände generieren. Allein für die Lagerung müssten zusätzliche (weil getrennte) Silos gebaut werden. Im Wissen, dass beim Endprodukt analytisch kein Unterschied festzustellen ist, ist es legitim und eben auch wirtschaftlich, diese Rüben gemeinsam zu verarbeiten. Nur die Anbauweise unterscheidet sich und diese wird auch entsprechend vergütet. Der vom Konsumenten bezahlte Mehrpreis für den IP-Suisse-Zucker landet damit auch wirklich beim Produzenten.

Sie sagen, die Mehrkosten bei der Verarbeitung von IP-Suisse-Zuckerrüben sind dank der Mengenbilanzierung gering. Welche Auswirkungen hätte es, wenn diese Mengenbilanzierung aufgrund der ausgedehnten IP-Suisse-Zuckerrübenfläche wegfallen würde?

Hier verhält es sich ähnlich wie bei der gemeinsamen Verarbeitung. Ich vergleiche hier mit dem Strommarkt. Sie entscheiden sich für «grauen» oder «grünen» Strom und bezahlen entsprechend; aus der Steckdose fliesst dann effektiv einfach der verfügbare Strom. Sie haben aber bei der Wahl für «grünen» Strom bereits nachhaltig gehandelt und unterstützen mit dem Mehrpreis z. B. den Bau von Windkraftwerken.