In der Debatte zur Agrarpolitik (AP) ist aktuell das Zeitalter der Romantik ausgebrochen. Hüben und drüben werden, getrieben durch aktuelle Entwicklungen in der Corona-Krise, alte Ideale beschworen und verherrlicht. Auf der einen Seite das Ideal der Ökoromantiker die eine Landwirtschaft beschwören, die in erster Linie Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Menschen bereitstellt, aber eher weniger Lebensmittel für Mensch und Tier produziert. Auf der anderen Seite stehen die Anbauschlacht-Romantiker, die das Hohelied der Kartoffelproduktion an jedem «Bort» aufs Neue anstimmen.

Für die Agrarpolitik hilft Romantik nicht

Verstehen Sie mich richtig, es ist im Grundsatz nichts gegen romantische Bilder einzuwenden. Ganz im Gegenteil, sie sind Spiegel von Wünschen und Sehnsüchten, zwei der wichtigsten Treiber der Menschheit. Für eine Gesellschaft ist das durchaus wichtig und richtig. Bezogen auf eine agrarpolitische Diskussion sind romantische Gefühle aber wenig dienlich, führen sie doch zu nutzlosen Diskussionen, basierend auf Halbwahrheiten und Schwelgen in längst vergangener Zeit. Den Preis dafür bezahlen die Bäuerinnen und Bauern. Deren Situation ist alles andere als romantisch. Viele von ihnen können sich solche träumerischen Debatten auch nicht mehr leisten.

Es braucht Fakten, Diskussionskultur und Respekt

Die Aktualität zeigt, dass es wichtig ist, über das Thema Versorgungssicherheit nachzudenken und dass diese nicht einfach so gewährleistet ist. Auch ist offensichtlich, dass in Bezug auf die Umweltwirkung der Landwirtschaft Handlungsbedarf angezeigt ist. Um diese Herausforderungen und die daraus resultierenden Konflikte zu lösen, braucht es aber Fakten – und nicht Romantik. Es braucht eine Diskussionskultur, welche wissenschaftliche Grundlagen akzeptiert und Respekt vor anderen Meinungen zeigt.

Ähnliche Lage wie bei der DZ-Einführung

Die heutige Situation ist nicht neu. Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass vor Einführung der Direktzahlungen ein ähnlicher Geist herrschte. Blockierte Verwaltung, ideologische Politik und eine Vielzahl von politischen Vorstössen der Zivilgesellschaft. Die Lösungen der Zukunft findet man nicht in der Vergangenheit, aber aus ihr lernen, das sollte man schon. Damals wurde erkannt, dass nur eine neue, sachliche und gemeinsame Basis über alle Interessenkreise hinweg Grundlage für eine gemeinsame Weiterentwicklung der AP bieten kann.

Nicht einfach, aber zielführend

Die Kommissionen Popp und ihre Berichte haben anno dazumal diese Grundlagen geliefert und eine Neuausrichtung ermöglicht. Das war alles andere als einfach, aber am Ende dann doch zielführend. Bevor die nächsten Eckpfeiler eingeschlagen werden, braucht es diese Grundlage als Wegweiser und Leitschnur. Ansonsten verlaufen sich Politik und Verwaltung im Rosengarten der Romantiker.

Politik für Bäuerinnen und Konsumenten

Eine ausserparlamentarische Kommission, zusammengesetzt aus Landwirtschaft, Forschung, Verwaltung, Politik und weiteren Spezialistinnen, geführt von neutralen Fachleuten, wäre das richtige Instrument, um die Debatte aus der Sackgasse der romantischen Symbolpolitik herauszuführen. Damit wäre es möglich einen tragfähigen gesellschaftlichen Konsens über die AP der nächsten Jahre zu erarbeiten. Das ist nicht Politik fürs Parteibuch oder für die Galerie, sondern für die Bäuerinnen und Bauern sowie für die Konsumentinnen und Konsumenten.