Am 14. Juni treffen sich Aargauer Bäuerinnen und Landfrauen in Aarau auf dem Schlossplatz. Sie nehmen eine Sitzgelegenheit und ein Picknick mit und sitzen eine gute Stunde zusammen. Das tönt gemütlich, der Hintergrund ist es nicht. Die Aktion findet im Rahmen des nationalen Frauenstreiktags statt.
Keine Provokation
"Wir wollen weder fordern noch provozieren, sondern als Frauen gemeinsam darauf hinweisen, dass wir für uns selber hinstehen und Verantwortung übernehmen", erklärt die Aargauer Kantonalpräsidentin Lotti Baumann in einer Mitteilung an die Mitglieder. Noch immer sei die Verteilung von Lohn, Anerkennung und Machtverhältnis zwischen Männern und Frauen ungleich. Solidarität unter Frauen – das erhofft sie sich von diesem Tag.
Unter den Bäuerinnen sind die Meinungen zu diesem Anlass geteilt, nur eine kleine Minderheit nimmt tatsächlich aktiv daran teil. In den Bäuerinnen- und Landfrauenverbänden von Uri, Nidwalden und Obwalden sei der Streik wenig bis kein Thema, informierten die Kantonalpräsidentinnen auf Anfrage der BauernZeitung. Man habe im Hochsommer anderes zu tun. "Für was ist dieser Frauenstreik überhaupt?", hiess es da.
Frauenstreik in der Zentralschweiz
- In den Kantonen LU, NW, OW und UR ist der Frauenstreik kein Thema.
- Die Schwyzer Bäuerinnen machen auf ihrer Website Werbung für den Anlass, haben aber keine eigene Aktivitäten geplant.
- Auch die Zuger Bäuerinnen informieren in ihrem Newsletter über Aktivitäten von Frauenvereinen im Kanton. Sie planen keine eigene Aktion, nehmen aber am Fest auf dem Landsgemeindeplatz teil.
- Der Aargauische Bäuerinnen- und Landfrauenverband organisiert am 14. Juni von 15.30 bis zirka 16.45 Uhr ein Treffen auf dem Schlossplatz in Aarau. Chefredaktor Adrian Krebs schaut bei ihnen vorbei und wird auf www.baunernzeitung.ch darüber berichten.
Zwei Frauen erklären
Andrea und Edith Plattner sind bereit für eine Erklärung. Nicht, dass sie nichts anderes zu tun hätten. Aber sie lassen ihre Arbeit einen Moment liegen. So wie sie es am 14. Juni tun werden, um nach Aarau zu fahren.
Die beiden Frauen haben denselben Nachnamen und wohnen in Herznach und Oeschgen im Aargauer Fricktal, verwandt sind sie aber nur über ihre Männer um einige Ecken herum. Beide machen Haushalt- und Familienarbeit. Die Bäuerin Andrea Plattner erledigt zudem organisatorische und administrative Betriebsarbeit. Edith Plattner hat den elterlichen Hof im Nebenerwerb übernommen, mästet Schweine im Lohn und arbeitet Teilzeit als Floristin.
Einkommen für beide
Beide Frauen haben je drei Kinder, Töchter und Söhne. Dass Jungs wie Mädchen ihre Wäsche machen und kochen können, gehört für beide zur Grunderziehung. Von ihren Männern fühlen sie sich unterstützt und wertgeschätzt. Andrea Plattner erhält einen Anteil am landwirtschaftlichen Einkommen. "Mein Mann und ich geben uns beide voll in den Betrieb ein", sagt die Bäuerin. "Wieso sollten da nicht beide einen Lohn bekommen, beide anständig versichert sein und eine gute Altersvorsorge haben?"
So weit, so gut. Aber sie erleben eben auch anderes. Dass Frauen um Dinge kämpfen müssen, die für Männer selbstverständlich sind. Dass den Frauen automatisch gewisse Aufgaben und Ämter zugedacht werden, egal, wie die Talente und Möglichkeiten tatsächlich verteilt sind. Sie leisten Erziehungs-, Familien- und Haushaltsarbeit ohne eigenen Lohn und gesellschaftliche Anerkennung. Alleinerziehende Mütter landen später in der Altersarmut. Töchter werden bei der Hofübergabe anders als die Söhne behandelt. Eine Frau muss darum kämpfen, dass das Bankkonto nicht nur auf ihren Mann lautet. Bei gleichen Fähigkeiten erhalten die Frauen weniger Lohn als Männer.
Gehässige Reaktionen
"Wenn wir nicht über unsere Anliegen sprechen, werden sie nicht wahrgenommen", sagt Edith Plattner. Und stellt sogleich klar: "Der Streik geht nicht gegen die Männer. Sondern für die Anliegen von Frauen." Natürlich sei es das Beste, wenn jede Frau für sich selber ihre Rechte einfordere. "Aber gerade Frauen in schwierigen Situationen scheuen oft den Konflikt, sie wollen die Situation nicht noch verschlimmern." Und Andrea Plattner ergänzt: "Nicht alle haben die Kraft oder die Möglichkeit, sich zu wehren. Frauen in schwierigen Situationen sollen spüren, dass sie nicht allein sind."
Die erhitzte Diskussion rund um Gleichberechtigung und Frauenstreik macht die beiden betroffen. Edith Plattner hatte erst keine Teilnahme am Streik geplant. Aber immer erstaunter beobachtete sie die gehässigen Reaktionen, die das Thema in den Leserbrief-Spalten und Online-Foren auslöste. "Gerade das zeigt, dass wir noch keine Gleichberechtigung haben", sagt sie. Und darum macht sie jetzt mit.