Die Bise peitscht das Seeland, die Bäume beugen sich unter den Böen. Sobald man aus dem Zug steigt, nimmt der kräftige Wind dem prächtigen Tag ein wenig das Frühlingshafte. Der Weg zu Christa van der Veer führt nicht übers Feld oder durch den Wald, sondern in ein typisches Einfamilienhausquartier. Das ist nicht ganz zufällig. Van der Veer ist zwar Bauerntochter, aber von einem Leben als Bäuerin hat sie nie geträumt: "Ich habe die Landwirtschaft nicht gesucht", sagt die Kindergärtnerin beim Kaffee fast entschuldigend.
Amor hatte eigene Pläne
Doch Amor hatte seine eigenen Pläne und erhielt dabei Unterstützung von den Wettergöttern, sollte es sie denn geben. Das Gurtenfestival war vor zwölf Jahren wieder einmal furchtbar verregnet. Auf der Bühne standen die «Fantastischen Vier», aber der Niederschlag trieb das Volk ins Migroszelt. Tropfnass traf Christa dort auf Jungbauer und Inforama-Lehrer Simon van der Veer, unterdessen auch bekannt als umtriebiger Süsskartoffel-Produzent und Agro-Star Suisse 2017.
Die erstmalige Begegnung der beiden auf dem Berner Hausberg blieb nicht folgenlos, Christa ist zwar immer noch Kindergärtnerin, aber nurmehr in einem 25-Prozent-Pensum. Ihre Hauptbeschäftigung sind mittlerweile der Haushalt und die dreiköpfige Kinderschar, die an je einem Halbtag von einer Nanny und von Christas Mutter gehütet werden.
Beim Gespräch ist auch Laurin dabei, mit 10 Monaten der jüngste im Bund. Während der Bub vergnügt an seinem Spielzeug gnagt, berichtet seine Mutter über ihr Leben in der Landwirtschaft. Das Metier und seine Herausforderungen kannte sie bereits vom elterlichen Betrieb in Wileroltigen BE. Das war mit ein Grund, weshalb sich die junge Familie mit etwas Distanz zum Betrieb niederliess: "Die richtige Mischung aus Nähe und Distanz ist wichtig für ein gut funktionierendes Miteinander, zudem sieht mein Ehemann die noch zu erledigende Arbeit nicht dauernd und kann dadurch einfacher abschalten".
Auf dem Hof ist vor allem im Sommer viel Betrieb. Während sich Simon mit Angestellten um die Landwirtschaft kümmert, betreiben die Schwiegereltern hinter dem Haus in der Hofstatt einen stattlichen Campingplatz. Jetzt im frühen kühlen Mai steht dort noch kein einziges Zelt, aber unter den Hochstämmern mit Aussicht auf den nahen Bielersee liessen sich bestimmt entspannte Tage verbringen.
Herausfordernde Kombination
Die Kombination von produzierender Landwirtschaft und Touristen-Beherbergung bietet der Familie allerdings auch einige Herausforderungen, wie Christa antönt. Etwa dann, wenn frühmorgens lärmintensive Arbeiten auf dem Betrieb nicht warten können, während sich die Zelt- und Wohnwagenbewohner noch im Land der Träume befinden.
Trotz der Entfernung zum schwiegerelterlichen Hof lebt Christa van der Veer keineswegs distanziert von der Landwirtschaft. Zwar pflegt sie mit ihrem Mann eine klassische Rollenteilung und steht nicht täglich auf den Gemüsefeldern des viehlosen Betriebs. Wenn es die Familienorganisation aber zulässt, ist sie immer wieder mal selber im Einsatz, hilft aus und springt ein. Und das mit Vergnügen: "Traktorfahren ist für mich Entspannung", sagt sie lachend, am liebsten mit Grubber oder Egge und guter Musik auf den Lautsprechern.
Gemeinsame Entscheide
Christas Einfluss beschränkt sich aber nicht auf Bodenbearbeitung: "Strategische Entscheidungen treffen wir beide zusammen", betont sie. Stark beteiligt war sie auch am jüngsten Vermarktungs-Projekt des Lindenhofs. Das zeigt sich auch an der Verpackung: Diese trägt ihren Namen und ein Logo mit einer traktorfahrenden Frau.
Mit dem Label "Christas" hielten die Produkte von van der Veers und Partnerbetrieben im Februar Einzug in die Regale von zwölf regionalen Coopfilialen. Zum einheitlich verpackten Regionalprodukte-Sortiment gehören unter anderem "Sunnebluemechärne", "Salatchörnli" und "Grüeni Linse" sowie "Chirsi-Essig" und "Linseeitopf mit Süesshärdöpfu".
Die berndeutsche Beschriftung ist bei "Christas" Programm, es soll in dieser Produktepalette nach regionaler Herkunft tönen. Und weil das mit dem Namen van der Veer im Berner Seeland etwas schwierig ist, fiel Christa nach längerer Diskussion die Ehre der Namenspatin zu. Zu den bisher neun Produkten sollen bald noch getrocknete Äpfel- und Birnen hinzukommen oder besser wohl "Öpfu" und "Bireschnitz".