Es ist nicht gerade romantisch, wenn man gleich nach dem «Ja» fragt, wie es mit einem Ehevertrag wäre, oder wie die gemeinsamen Aufgaben auf dem Hof aufgeteilt werden. Aber es lohnt sich, denn besonders in der Landwirtschaft sind Scheidungen komplex. Der Betrieb ist ein grosses Kapital und er bedeutet für die Eheleute viel mehr als ein Arbeitsplatz; er ist der Ort, wo das ganze Leben stattfindet. Eine Masterarbeit der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) untersuchte kürzlich Scheidungen in der Landwirtschaft. Dabei zeigte sich, dass sich ein grosser Teil (35 Prozent) der befragten Eheleute sich nicht im klaren darüber waren, welche rechtlichen Konsequenzen eine Scheidung haben kann.
Zur Studie
Die HAFL führte die Studie zu Scheidungen in der Landwirtschaft im Frühjahr 2018 durch. 500 geschiedene Bäuerinnen und Bauern füllten einen Umfragebogen mit Fragen zur Hochzeit, Trennung und Scheidung aus. Von 500 Teilnehmern füllten 25 Bäuerinnen und 35 Bauern die Fragen vollständig aus.
Wird bei der Eheschliessung nichts anderes vereinbart, so gilt der Güterstand «Errungenschaftsbeteiligung». Dabei gehen die mit in die Ehe eingebrachten Güter an die Eheleute zurück, während das, was während der Ehe erarbeitet wurde, geteilt wird. In der Schweiz ist die Errungenschaftsbeteiligung der häufigste Güterstand bei Ehe-leuten. Dieses Bild zeigte sich auch bei den Befragten.
Zukunft sichern
Eine zentrale Frage, die sich bei der Scheidung in der Landwirtschaft stellt, ist die Zukunft des Betriebes. Darüber wurde bei der Scheidungsvereinbarung bei über der Hälfte der Paare am längsten diskutiert. Wem der Betrieb gehört, steht im Grundbuch. Jener Ehepartner, welcher dort aufgeführt ist, ist Besitzer. Unabhängig davon, wie der Betrieb finanziert wurde. Bei der Aufteilung muss also bestimmt werden, ob der Betrieb zum Eigengut oder zur Errungenschaft gehört. Klar zum Eigengut zählt der Betrieb, wenn
- dieser in die Ehe eingebracht wurde
- einer der Ehegatten ihn während der Ehe als Schenkung oder Erbe erhalten hat
- wenn er durch einen Ehevertrag als Eigengut erklärt wird
Auf Ansprüche verzichten
Wenn die Eheleute bei der Scheidung noch zusammen reden, kann auch eine Einigung gelingen, obwohl kein Vertrag vorhanden ist. So verzichteten etwa bei den Befragten 72 Prozent bewusst auf Ansprüche. Der Betrieb musste in keinem der untersuchten Fälle ausserhalb der Familie verkauft werden. Die Frauen waren 3,3 Mal eher bereit, auf Ansprüche zu verzichten. Folgende Gründe wurden bei einem Verzicht genannt:
- Mir war es persönlich wichtig, dass der Landwirtschaftsbetrieb weiterbe-stehen konnte (58 Prozent)
- Das Wohlergehen meiner Kinder und/oder Exehe-gatte(in) war mir wichtig (40 Prozent)
- Ich wollte keine langen Diskussionen mit meinem Exehegatten(in) führen
Was die Kinder betrifft
Den Ehegatten sind die Kinder ein grosses Anliegen. Sie sollen nicht mehr als nötig unter der Scheidung leiden. Bei der Scheidungskonvention wird Folgendes geregelt
- die elterliche Sorge
- die Obhut
- den persönlichen Verkehr oder die Betreuungsanteile
- den Unterhaltsbeitrag
Alle Belangen müssen vom Scheidungsgericht abgesegnet werden. Früher lag die elterliche Sorge bei einem Elternteil. Heute ist auch ein gemeinsames Sorgerecht möglich. Dabei können beide Eltern bei wichtigen Entscheidungen über das Kind mitbestimmen. Unter der Obhut versteht man die tägliche Betreuung des Kindes. Diese kann ebenfalls von einem oder beiden Elternteilen wahrgenommen werden.
Mit Ehevertrag absichern
Damit es beim Scheiden kein böses Erwachen gibt, dabei kann der Ehevertrag helfen. Dieser kann auch nach der Eheschliessung noch geschlossen werden. Darin können etwa folgende Änderungen zum Ehestand festgehalten werden:
- Ein anderer Güterstand als jener der Errungenschaftsbeteiligung (Gütertrennung oder Gütergemeinschaft)
- Keine hälftige Teilung der Errungenschaft im Falle der Scheidung oder bei einem Todesfall
- Einen Vermögenswert als Eigengut und nicht Errungenschaft definieren
Der grösste Teil (96 Prozent) der Befragten, die den Schritt einer Scheidung gewagt hatten, zeigten sich fünf Jahre danach zufrieden mit der Situation. Die meisten sahen auch positiv in die Zukunft.