Brigitte Käser betrachtet das Foto von der Schlussfeier zur Berufsprüfung Bäuerin und kommentiert: «Das scheint Urzeiten her zu sein. Seither ist so viel passiert, auf dem Betrieb und in meinem Leben.»

15 Jahre sind es her, seit die damals 30-Jährige als Titel über ihre Studienarbeit für die Berufsprüfung Bäuerin schrieb: «Zeit haben – ein Stück Lebensqualität». «Es waren extrem intensive Jahre», schaut sie zurück.

Familie und Betrieb wuchsen

Brigitte war als Quereinsteigerin durch die Heirat mit Stefan Käser zur Landwirtschaft gekommen. Das Paar hatte den Betrieb der Eltern Käser in Oberflachs übernommen. Während der Bäuerinnenschule brachte Brigitte ihr zweites Kind zur Welt, an der Prüfung war sie mit dem dritten schwanger, später kam ein viertes dazu. Gleichzeitig wuchs der Landwirtschaftsbetrieb.

Das junge Paar erweiterte die Milchwirtschaft, baute für die Kühe neue Gebäude und vergrösserte für die Familie das Wohnhaus. Ihre Trauben gaben sie nicht mehr der Genossenschaft ab, sondern zogen die Direktvermarktung des Weins und eine Buschwirtschaft auf. «Mein Mann und ich hatten uns viel aufgeladen. Aber wir wollten das so», stellt Brigitte Käser rückblickend fest.

«Der Weg ist flacher geworden.»

Brigitte Käser hat es heute ruhiger als in der Aufbauphase.

Hobbys und Freundschaften

Sie sei eine Strebernatur, charakterisiert Brigitte Käser ihren Ehrgeiz, Dinge richtig und gut zu machen.

Bis zur Geburt ihres ersten Kindes hatte sie in ihrem ersten Beruf als Krankenschwester gearbeitet. «Ich habe das geliebt und war mit voller Kraft dabei. In meinem neuen Arbeitsumfeld wollte ich genauso aufgehen können und etwas aufbauen.» Bei dieser herausfordernden Lebenshaltung würde sie ihrem jüngeren Ich den Rat mit auf den Weg geben: «Behalte deine Inseln. Freiräume wie Ferien, ein Hobby, Freundschaften, Verein.»

«Ich gebe viel Herzblut in meine Arbeit, da muss etwas zurückkommen.»

Ferien und berufliche Vorsorge will sich Brigitte Käser leisten können.

Fröhliche Feste

Stefan Käser realisierte seine Visionen im Milchviehstall und machte die Kaeser-Holstein zu einer bekannten Grösse. Dasselbe geschah unter der Führung seiner Frau mit dem Wein und der Buschwirtschaft vom Bächlihof. Dabei konnte das Paar bis heute auf die Unterstützung der Eltern Hanni und Werner Käser zählen, die schon einiges aufgegleist hatten. Wer je auf dem Bächlihof ein Fest gefeiert hat, erinnert sich an prächtige Buffets, heimelige Atmosphäre, reibungslose Abläufe und herzliche Gastgeber. Die Buschwirtschaft ist seit einigen Jahren geschlossen (Kasten rechts oben), doch der Arbeitsbereich von Brigitte Käser bleibt umfangreich: Rebberg, Buchhaltung, Administration und Wein-Marketing, die Führung des Haushalts, Ablösungen im Rindviehstall, Garten und Kleintiere. Seit einiger Zeit wird die Bäuerin dabei von einer Mitarbeiterin unterstützt.

Ferien und Vorsorge

Die Bäuerin hatte sich von Anfang an als Selbständigerwerbende mit den Betriebszweigen Rebbau und Buschwirtschaft angemeldet. Diese Gleichberechtigung war für das Paar selbstverständlich.«Ich gebe so viel in meine Arbeit, da muss etwas zurückkommen, zeitlich und finanziell», stellt Brigitte Käser klar. Sie konkretisiert: «Der Aufbau einer zweiten Säule für die Bäuerin und zwei Wochen Ferien im Jahr mit der Familie müssen möglich sein.»

Der nächste Abschnitt

Und wo sieht sich Brigitte Käser nach weiteren 15 Jahren, wenn das AHV-Alter in greifbarer Nähe ist? «Es gibt ein Leben neben dem Landwirtschaftsbetrieb», lautet ihre Devise, aber das passiere nicht von allein. Sie wolle die Grundkondition behalten, umschreibt sie das, körperlich und auch geistig: Hobbys und Kontakte pflegen, sich für das Geschehen ausserhalb der Landwirtschaft interessieren. Auf diese Weise sei auch eine gute Ablösung möglich, wenn der Betrieb übergeben werde, wenn die eigene Arbeitskraft und die eigenen Ansichten vielleicht nicht mehr so gefragt seien und die Nachfolgenden ihre eigenen Erfahrungen machen möchten.

«Der Weg ist flacher geworden», vergleicht Brigitte Käser die Gegenwart mit den Aufbaujahren. Das Niveau zu halten, ist allerdings Leistung genug. Das wird ihr besonders bewusst, wenn sie ihre Abwesenheit organisieren muss wie gerade jetzt: Nächste Woche fährt die Familie für eine Woche in die Ferien ins Berner Oberland.

Die Bäuerin atmet tief durch, bevor sie sich wieder an die Arbeit macht: «Wenn wir erst einmal da sind, können mein Mann und ich gut abschalten – und dann ist es einfach immer wunderbar.»

 

Betrieb Bächlihof

Betriebsleiter: Brigitte und Stefan Käser mit vier Kindern im Alter von zwölf bis 18 Jahren
Ort: Oberflachs
LN: 50 ha
Betriebszweige: Milchwirtschaft und Zuchttierverkauf mit rund 60 Holstein und 100 Nachzuchttieren; Futter- und Ackerbau; Rebbau auf 2,5 ha, sämtlicher Wein wird direkt vermarktet, zu 85 Prozent an Privatkunden; 15 Legehennen für den Eigenbedarf
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar, Mitarbeit von Stefans Eltern Hanni und Werner Käser, eine Mitarbeiterin in Haus und Hof mit zirka 70 Stellenprozent, zwei Lernende Landwirtschaft, Aushilfen im ­Rebberg und bei Degustationsanlässen.

 

Brigitte Käsers Leben – damals und heute

     
 

damals

heute

Beruf

➜ Arbeit als Krankenschwester an der Hirslanden-Klinik in Aarau bis zur Geburt des ersten Kindes➜ 2001 Wirtefachschule➜ 2005 Berufsprüfung Bäuerin

➜ Selbständigerwerbende Bäuerin, zuständig für den Betriebszweig Rebbau mit Direktvermarktung➜ Expertin für die Berufsprüfung Bäuerin

Familie

➜ Zum Zeitpunkt der Berufsprüfung seit sechs Jahren verheiratet, mit dem dritten Kind schwanger

➜ Mittlerweile seit 21 Jahren verheiratet, vier Kinder im Alter von zwölf bis 18 Jahren, der älteste Sohn in Ausbildung zum Landwirt

Betrieb

➜ 30 Kühe im Anbindestall bei der Hofübernahme im Jahr 2000➜ 2 ha Reben, Verkauf der Trauben an die ­Weinbaugenossenschaft

➜ Rund 60 Kühe und 100 Nachzuchttiere im Laufstall, Verkauf von Zuchttieren➜ 2,5 ha Reben, alles Direktvermarktung

Freizeit

➜ Zwei Wochen Familienferien pro Jahr, sonst wenig Freizeit, Büroarbeit oft als Nachtschicht

➜ Die beiden Ferienwochen sind geblieben, Feierabend wird es heute früher. Brigitte findet Zeit, vor dem Schlafen in einem Buch zu lesen und ist Präsidentin des Frauenturnvereins.

Pläne

➜ «Mir ein Arbeitsumfeld auf dem Bauernhof aufbauen, in das ich mich mit so viel Herzblut eingeben kann wie zuvor in meinen Beruf als Krankenschwester.»

➜ Drei Wochen Ferien im Camper mit dem Ehemann.