Im Oberaargau steht der einzige Vollerwerbs-Betrieb für Brunnenkresse in Mitteleuropa. Die "Brunnmatte" wurde bis Ende 2018 von den Eigentümern Mathias und Ingrid Motzet bewirtschaftet. Sie suchten eine Nachfolge und fanden diese in der Stiftung Wasserland Oberaargau (SWLO) und der Pro Natura.

Konflikt um Investitionen

Die beiden Institutionen konnten das 12-Hektaren-Anwesen käuflich erwerben. Die Brunnenkresse-Produktion belegt nur einen kleinen Teil des Geländes, der grösste Teil ist Naturschutzgebiet, eng vernetzt mit weiteren schützenswerten Objekten. Die Betriebsleitung wurde per Anfang 2019 an Bettina Springer und ihren Partner Daniel Nussbaumer übertragen. Diese sind nach eigenen Angaben mit viel Enthusiasmus in die Produktion gestartet. Schon bald aber zogen Wolken auf über der gedeihlichen Zusammenarbeit.

Die Praktiker vermissten die Gesprächsbereitschaft. Bereits vor Stellenantritt hätten sie darauf hingewiesen, dass der Betrieb neben dem stark sanierungsbedürftigen Wohnhaus auch eigene Infrastrukturräume benötige. "Im April 2019 wurde uns mitgeteilt, dass auf Grund knapper Finanzen die Sanierung des Wohnhauses für 2 bis 3 Jahre zurückgestellt werde", so Springer. Die geforderten Gespräche unter Beizug des Regierungsstatthalters habe die SWLO verweigert.

 

Wie der Verkauf an eine Stiftung begründet wurde

Der Verkauf des Betriebs Motzet musste vom Oberaargauer Regierungsstatthalter Marc Häusler bewilligt werden. Auf Anfrage hat er begründet, wieso er grünes Licht für den Verkauf an SWLO und Pro Natura gab, obwohl beide Institutionen als Selbstbewirtschafter gemäss Art. 63 des bäuerlichen Bodenrechts (BBGB) nicht in Frage kommen. Gemäss Artikel 64 BGBB sind Ausnahmen möglich. "Liegt ein wichtiger Grund vor, kann auf das Erfordernis der Selbstbewirtschaftung verzichtet werden", schreibt Häusler. Ein wichtiger Grund müsse aber stets im Einklang mit dem BGBB stehen. Der Brunnekresse-Betrieb Motzet sei "schweizweit einzigartig". Gleichzeitig sei er in besagter Gegend "in bodenrechtlicher Hinsicht sinnvoll", da auf dem Motzet-Areal strenge Nutzungseinschränkungen gelten (Weideverbot, nur extensive Nutzung zulässig). "Könnte die Brunnenkresse-Produktion aufgrund des Fehlens eines Nachfolgers nicht mehr weitegeführt werden, wäre dies für die Landwirtschaft generell ein grosser Verlust", so der Statthalter. Interessenten für die komplette Übernahme des Betriebs gab es offenbar nicht, es drohte die Zerstückelung. Dieser Gefahr wollten SWLO und Pro Natura mit dem Erwerb entgegentreten. "Der enge Zusammenhang zwischen der Bewirtschaftung der Ökoflächen und der Brunnenkresseproduktion machen ein Zusammenwirken von SWLO und Pro Natura mithin notwendig, damit eine langfristige Aufrechterhaltung des Betriebs, überhaupt möglich ist", so Häusler.

 

Die SWLO wiederum hätte von den Arbeitnehmern für den gemeinsamen Projektaufbau mehr Beweglichkeit und eine bessere Integration erwartet. Es sei falsch, dass nicht genügend Kapital vorhanden sei, um zu investieren, betont SWLO-Sprecher Hans Salzmann. Provisorische Infrastrukturen stünden bereits, die Baubewilligungen für definitive Lösungen werden in den nächsten Wochen erwartet.

Der Konflikt führte zur Kündigung der Betriebsleiter durch den Arbeitgeber per Ende Juli 2019. Mittlerweile wird der Betrieb vom Geschäftsführer der GmbH und einem weiteren Agronomen geführt. Salzmann ist mit der Lösung zufrieden. Die SWLO könne ihren Verpflichtungen gegenüber Stiftungszweck, Geldgebern und Behörden wieder nachkommen.

Mehr Stiftungskäufe geplant

Experten sehen die Grundidee durch die Ereignisse in Wynau nicht tangiert. "Zwar ist eine Lösung mit einem Landwirt als Eigentümer vorzuziehen", sagt Jakob Vogler, Geschäftsführer der Stiftung für die Erhaltung des bäuerlichen Familienbetriebs, "ein Stiftungskauf kann aber sinnvoll sein, wenn die Bewirtschaftung nur so langfristig durch einen Pächter gesichert werden kann". Die Stiftung müsse aber über die nötigen Mittel verfügen, um investieren zu können. Christian Butscher von der Stiftung "Lebendige Höfe" will das Konzept seit Längerem etablieren. Demnächst werde man diesbezüglich ein gutes Beispiel präsentieren können. Der Kauf durch Stiftungen mit GmbH ermögliche eine langfristige Absicherung der Bewirtschaftung, sagt er.