Immer mal wieder kommt es vor, dass Vreni Bohl nach ihrem Betrieb gefragt wird. Dabei ist die Präsidentin der Bäuerinnen Benken SG gar keine Bäuerin. «Wir haben nicht einmal ein Kaninchen oder eine Katze als Haustier!», sagt sie mit einem herzlichen Lachen. Tatsächlich wohnt die aufgestellte Frau mit ihren drei Söhnen und ihrem Mann in einer Siedlung am Benkner Büchel, mit herrlichem Ausblick über das Linthgebiet. «Von dort hinten komme ich her, aufgewachsen bin ich auf einem Bauernhof in Mitlödi», erklärt Vreni Bohl, zeigt in die Ferne und lässt ihren Blick über die nebelverhangene Glarner Bergwelt schweifen.
Ein Familienmensch
Die Familie kommt für Vreni Bohl an erster Stelle. Sie geniesst die Zeit mit «ihren Männern», auch wenn ihre Jungs zwischen 12 und 17 Jahren bereits etwas älter sind. Da wird «gchlüteret und gwerchet, gholzet und gmechet». «Ich bin ein richtiges Buebe-Mami. Und wenn die weibliche Seite doch zu kurz kommt, schätze ich die Gespräche mit ihren Freundinnen», erklärt sie verschmitzt.
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Bis vor fünf Jahren war Vreni Bohl hauptsächlich Mutter ohne regelmässige Anstellung. Noch heute legen sie und ihr Mann Rolf grossen Wert darauf, dass mittags immer ein Elternteil zu Hause ist. «Wir sind erste Anlaufstelle für unsere Kinder. Zu Hause zu sein, ist sehr wertvoll für ihr Wohl. Bei uns können sie Erlebtes abladen und verarbeiten.»
Selbstverständlich ist es für das Ehepaar, dass sie ihren Brüdern auf deren Bauernbetrieben zur Hand gehen und mit anpacken. Durch diese Verbundenheit weiss Vreni Bohl sehr gut, was es bedeutet, einen Hof zu bewirtschaften und als Bauernfamilie über die Runde zu kommen. «Ich helfe gerne und geniesse die Arbeit. Gleichzeitig schätze ich meine Freiheiten», erklärt sie.
Freude am Brauchtum
Zu den wichtigsten Tagen im Jahr gehören für Vreni Bohl und ihre Familie die Alpabfahrten und die Viehschauen. Stundenlang stellt sie Blumenschmuck für die Kühe ihres Bruders her. Der Weg von der Glarner Alp Oberfrittern bis zum Heimbetrieb erstreckt sich über etwas mehr als fünf Stunden: «Es ist streng, doch ein unbeschreiblich schönes Gefühl!» Ihr Schwager bewirtschaftet im sankt-gallischen Toggenburg einen Betrieb, dort wird das sennische Auffahren mit Brusttuch und den Schellenkühen zelebriert.
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Bei Freunden und Bekannten sind ihre vier Männer mit Herzblut als Sennen dabei. «Ich bin dann für die richtige Kleidung meiner Männer verantwortlich und geniesse das Brauchtum vom Strassenrand aus.» Bäuerliche Arbeiten und Traditionen liegen ihr am Herzen: «Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht auf irgendeine Weise mit der Landwirtschaft verbunden bin.» So auch jeden zweiten Dienstag, wenn sie auf dem Hof der Familie Schuler beim Eieraufschlagen hilft.
Zeit für den Garten
Viel Zeit verbringt Vreni Bohl auch im grossen Garten rund ums Haus. Sie pflanzt verschiedene Blumen für den Schmuck im Herbst sowie Gemüse und Salat. Da kann es schon mal vorkommen, dass sie die Zeit vergisst. «Das dauert halt, bis man mit jedem Pflänzli gesprochen hat», wird sie daher auch ab und an von ihrem Mann aufgezogen. Einmal wöchentlich probt sie mit der Trachtentanzgruppe Schänis-Maseltrangen. Während 15 Jahren amtete sie als Tanzleiterin. Heute geniesst sie es, ohne Vorbereitung an den Proben teilnehmen zu dürfen.
Seit 20 Jahren ist Vreni Bohl Mitglied bei den Bäuerinnen Benken. Drei Jahre amtete sie als Aktuarin, seit 12 Jahren nun als Präsidentin. «Weil ich das Privileg hatte, mich vollumfänglich meinen Kindern zu widmen, hatte ich auch die Möglichkeit, Zeit in mein Amt als Präsidentin zu investieren.» Mit viel Herzblut und Engagement führt sie den Verein. Gleichzeitig betont sie, dass nicht sie selbst, sondern der Vorstand als Ganzes den Verein leitet und aufrechterhält. «Mir ist es wichtig, dass ich nicht nur als Präsidentin wahrgenommen werde, sondern ganz einfach auch als Vereinsmitglied.»
Ein Talent fürs Organisieren
[IMG 4] Je länger sie als Präsidentin im Amt sei, desto einfacher gehe ihr die Arbeit von der Hand, erzählt Vreni Bohl weiter. Vor allem die Organisation von Anlässen, wie die Regionalschau im Frühling oder die Gemeindeviehschau im Herbst, an denen die Bäuerinnen jeweils über 400 Gäste bewirten. Vom Schinkensandwich über das Mittagsmenü bis zum Dessert wird alles von Mitgliedern frisch zubereitet.
Die Präsidentin weiss, dass sie sich voll auf ihre Frauen verlassen kann: «Ländliche Frauen können arbeiten, sind gewillt anzupacken und denken selbst mit. Es ist eine Freude, zusammen diese Anlässe zu stemmen!» Die grösste Herausforderung im Verein sei es, Anlässe zu organisieren, die allen Altersklassen Freude bereiten, liegen doch zwischen dem jüngsten und dem ältesten aktiven Mitglied ganze 60 Jahre. Doch sie möchte das Amt nicht missen. Sehr geschätzt hat sie die vielen neuen Erfahrungen und zahlreichen Kontakte, zu denen sie ohne das Amt nie gekommen wäre. Gleichzeitig betont sie, dass sie lernen musste, es nicht immer allen recht machen zu wollen und auch andere Meinungen zu akzeptieren.
Wertschätzung für Fleisch
Angefangen mit einem Vormittag, arbeitet Vreni Bohl mittlerweile vier Halbtage pro Woche in der Metzgerei Jud in Benken. Hauptsächlich ist sie dort zuständig für Partyservice und Catering. Zudem ist sie Managerin des Restaurants Rössli, welches die Metzgerei zusätzlich gepachtet hat und als Partyraum nutzt. Aus erster Hand – von der Tieraufzucht bis zur Fleischverarbeitung – weiss Vreni Bohl, wie viel Arbeit hinter einem Stück Fleisch steckt.
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Umso mehr schmerzt sie die teilweise abschätzende Art von Konsumierenden gegenüber dem Grundnahrungsmittel Fleisch. «An einem Partyservice kann einem ein harter Wind entgegenschlagen. Es kam schon vor, dass ich mich rechtfertigen musste, weshalb ich Fleisch anbiete. Ich stehe dazu: Schweizer Fleisch esse und verkaufe ich mit einem sehr guten Gefühl.» Die Dankbarkeit der meisten Gäste überwiege aber und somit kann sie solche Erlebnisse wieder wegstecken.
Fünf Fragen an Vreni Bohl
Worüber können Sie lachen?
Über mich selber.
Welches Landwirtschaftsthema beschäftigt Sie am meisten?
Der Wolf.
Ihr Rezept für Entspannung?
Mit Hacke und Schaufel im Garten werken.
Welches ist Ihr Lieblingsplatz?
Bei mir zu Hause.
Welche drei Dinge nehmen Sie mit auf eine einsame Insel?
Auf eine einsame Insel würde ich nie gehen!