Den Satz «Früher war alles besser» hört man oft. In die Vergangenheit zu blicken, löst wohl bei manch einem und einer eine gewisse Sentimentalität aus – es ist das «Schwelgen in meist wohligen, sehnsüchtigen, romantischen und leidenschaftlichen Gefühlen, aber auch Melancholie», wie es Wikipedia ausdrückt.

Ein Leben ohne Handy? Unvorstellbar...

Tatsächlich gab es noch nie eine solche Fülle an Informationen zur Vergangenheit wie heute und sie wird immer grösser. Vor 50 Jahren gab es den Fernseher noch gar nicht so lange. Ab dem Jahr 1953 sendete das Schweizer Fernsehen an fünf Abenden pro Woche ein rund einstündiges Programm. Vor 100 Jahren beschränkte sich die Informationsbeschaffung wohl hauptsächlich auf Zeitungen. Die erste Tageszeitung der Welt kam 1650 in Leipzig heraus.

Die Entwicklung innerhalb von hundert Jahren ist beeindruckend. Früher hatte man noch gar nicht so viele Informationen über das Leben vor hundert Jahren wie wir heute. Manchmal scheint es einem unmöglich, sich vorzustellen, wie man vor dem Handy-Zeitalter gelebt hat. Dass man heute fast alles online nachschauen kann, zu jeder Zeit an jedem Ort, ist zur Normalität geworden. Und eben gerade auch die Informationen zur Vergangenheit – zum Beispiel alte Bilder oder Fernsehbeiträge – es ist alles in einigen Sekunden im Internet auffindbar.

Parallelen zu «Bauer, ledig, sucht»

Videotipp aus dem Archiv So wurde mit einem Bucher Traktor 1956 die Arbeit erleichtert Wednesday, 29. December 2021 Man schaut also gerne mal zurück und heutzutage ist dies durch die digitalen Medien ein leichtes Unterfangen. So wundert es nicht, dass die Serie über die Geschichte der Landwirtschaft auf unserer Webseite beliebt ist. Sie zeigt frühere Fernsehbeiträge oder Videos mit Bezug zur Landwirtschaft. Beispielsweise ein Beitrag vom Schweizer Fernsehen aus den achtziger Jahren über junge Schüler, die ihre Erfahrungen teilen, die sie im Landdienst machen.

Oder ein Beitrag aus den sechziger Jahren, ebenfalls vom Schweizer Fernsehen, wo recherchiert wird, warum manche Bauern Schwierigkeiten haben, eine Partnerin zu finden. Ein Bauer, der eine Partnerin sucht, kommt selber in diesem Beitrag jedoch nicht zu Wort – ganz im Gegensatz zum heutigen «Bauer, ledig, sucht». In einer weiteren Sendung erfährt man, dass die Einführung der künstlichen Besamung in den 60er-Jahren einschneidende Veränderungen für die Viehzüchter zur Folge hatte, da die Nachfrage nach Zuchtstieren zurück ging und die Viehzüchter nach anderen Einkommensquellen suchen mussten.

Der rasende Traktor

Für Fans der Landtechnik ist die Geschichte der Traktoren wohl besonders fesselnd. Denn auch hier gab es im letzten Jahrhundert eine buchstäblich rasende Entwicklung. Schon um 1870 gab es sogenannte Dampftraktoren, die aber nur in Amerika eingesetzt wurden, ist auf Wikipedia zu lesen. 1892 wurde erstmals ein Traktor mit Verbrennungsmotor erfunden, dieser war aber noch zu schwer, um einen durchbrechenden Erfolg zu haben. Der erste serienmässige Traktor mit Verbrennungsmotor, damals noch ein Benziner, war 1917 das Model F von Ford Fordson mit 20 PS und 1230 kg. 1920, also vor gut hundert Jahren, waren rund 100'000 davon im Einsatz, jedoch nur in den USA und den britischen Inseln. Ab etwa den 1930er-Jahren setzte sich der Dieselmotor bei Traktoren in Europa durch. Die Dreipunktaufhängung und der Zapfwellenantrieb wurden ungefähr ab den 1960er-Jahren eingesetzt.

Gab es früher einen Stadt-Land-Graben?

Nicht zuletzt wegen der schnellen Entwicklung der Landtechnik sind nunmehr 3 % der Bevölkerung im ersten Sektor, der Landwirtschaft, beschäftigt – gegenüber 1900, wo es noch etwa 30 % waren. Dies bedeutet wiederum, dass viel weniger Menschen mit der Landwirtschaft direkt zu tun haben als noch vor 100 Jahren, was die Kommunikation zwischen Stadt und Land umso wichtiger macht. Stichwort: Stadt-Land-Graben. Im TV-Beitrag über die Landdienstler von 1981 folgert eine junge Landdienstlerin: «Wir nehmen sicher in Zukunft die Milch weniger gedankenlos aus dem Ladengestell». Dies war also schon in den Achtzigerjahren ein Thema – Geschichte wiederholt sich ja bekanntlich.

Also können wir es ruhig geniessen, noch etwas in den Erinnerungen an alte Zeiten zu schwelgen, denn es ist wohl ein Privileg unserer Zeit.Früher hätte man das nichtgekonnt. Wer Glück hat, kann noch die Grosseltern oder andere Verwandte fragen, wie es damals gewesen ist und so an Informationen gelangen, die nicht für alle verfügbar sind. Gleichzeitig erfährt man mehr über die Familiengeschichte und entdeckt vielleicht den einen oder anderen Bezug zur Gegenwart.