Vergangene Woche haben Vertreter von Uniterre und bäuerlichen Komitees dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) aufgrund eines Bundesgerichtsurteils vorgeworfen, es dulde Missbrauch bei der Verkäsungszulage (s. Gastbeitrag in der letzten Ausgabe). BLW-Vizedirektor Adrian Aebi nimmt Stellung zu den Vorwürfen.

BauernZeitung: Herr Aebi, Uniterre und bäuerliche Komitees sprechen in Sachen Verkäsungszulage von "systematischem Bschiss" durch das BLW, was ist dran an diesen Vorwürfen?

Adrian Aebi: Das Bundesgericht hat keine Gesetzeswidrigkeit bei der verordnungsgemässen Auszahlungspraxis des BLW festgestellt. Es betonte, dass Art. 6 lit. a der Milchpreisstützungsverordnung (MSV) das reine Auszahlungsprozedere regle, wobei dem Milchverwerter darin lediglich die Funktion eines Erfüllungsgehilfen zukomme. Das BLW beschäftigt zudem drei Inspektoren, welche die Zahlungsflüsse bei den Milchverwertern systematisch überprüfen. Von einem "systematischen Bschiss" kann also keine Rede sein. Das ist auch eine unfaire Aussage gegenüber der guten Arbeit der Milchverwerter.

Das Bundesgerichtsurteil zur Verkäsungszulage basiert auf einer Klage von zwei Produzenten gegen eine konkursite Käserei. Ist es gar nicht anwendbar auf die gesamte Branche?

Das Urteil bestätigt die heutige Praxis der Auszahlung, legt aber fest, dass das BLW verantwortlich ist, dass die Gelder bei den Milchproduzenten ankommen. Das Bundesgericht spricht von einem Erfüllungsanspruch der Produzenten gegenüber dem BLW. Das Bundesgericht beurteilte einen Einzelfall. Dieser hat jedoch das BLW veranlasst, alle Optionen für die Auszahlung der Verkäsungszulage zu prüfen. Im Zentrum steht die direkte Auszahlung der Verkäsungszulage an die Milchproduzenten. Ziel ist, einen Vorschlag im Rahmen des Verordnungspakets 2020 in die Vernehmlassung zu schicken.

Warum unternimmt man einen solchen Schritt, wenn das bestehende System aus Sicht des BLW nicht rechtswidrig ist.

Mit dem Bundesgerichtsurteil und dem erwähnten Erfüllungsanspruch tragen wir das Risiko betreffend Weiterleitung der Zulagen. Zudem haben wir mit der Zulage für Verkehrsmilch Erfahrungen mit der Direktauszahlung von Geld an die Produzenten gesammelt. Momentan prüfen wir verschiedene Varianten. Wir sehen aber auch, dass eine Direktauszahlung einige Probleme löst, aber auch neue Herausforderungen schafft.

"Erste Überlegungen zu einer Direktauszahlung wurden bereits angestellt"   

Adrian Aebi, Vizedirektor und Leiter des Bereichs Märkte und Wertschöpfung im Bundesamt für Landwirtschaft.

Gibt es schon einen Plan, wie man die direkte Auszahlung an die Milchproduzenten organisatorisch umsetzen möchte?

Erste Überlegungen zu einer Direktauszahlung aller Zulagen an die Produzenten wurden bereits angestellt. Konkretes können wir noch nicht kommunizieren.

Laut einem Rechtsgutachten ihrer Kritiker kann das BLW gar nicht objektiv sein, da es die Verantwortung für die Auszahlung der Verkäsungs-zulage und deren Kontrolle trägt. Wie sehen Sie das?

Laut aktueller Rechtslage sind wir verantwortlich für die Auszahlung und die Kontrolle. Wenn der Gesetzgeber neu eine unabhängige Stelle mit der Kontrolle beauftragen will, hätten wir damit keine Probleme. Es gibt in diesen Prozessen nichts zu verstecken.

In der MSV ist festgehalten, dass die Verkäsungszulage auf der Abrechnung zwingend separat ausgewiesen sein muss. Das scheint aber in der Mehrheit der Fälle immer noch nicht zu klappen, warum nicht?

Aufgrund der Resultate von rund 200 stichprobenweise kontrollierten Milchverwertern sind die Zulagen für verkäste Milch und für Fütterung ohne Silage in den Milchgeldabrechnungen grösstenteils separat ausgewiesen.

Zweit- oder gar Drittmilchkaufverträge erschweren die korrekte Abrechnung der verkästen Milch. Wie könnte man hier die Rückverfolgbarkeit verbessern?

Das stimmt. Das System ist mit der gemischten Verwertung über verschiedene Stufen sehr komplex geworden. Milch ist eben trotz allem weiss. Abhilfe könnte fast nur eine geschlossene Sammelkette bringen. Dies liesse sich aber logistisch und damit kostenseitig fast nicht bewerkstelligen.

Interview (schriftl. geführt)