In diesem Jahr darf das Fungizid Chlorothalonil nicht mehr eingesetzt werden. Für das Neonicotinoid Thiacloprid gegen z. B. den Rapsglanzkäfer ist ein Verbot auf Ende April angekündigt ­worden. Das Insektizid Chlorpyrifos wurde auf den 1. August 2019 verboten, darf aber noch in die Verlängerung bis zum 30. Juni 2020. Der Kartoffel-Keimhemmer Chlorpropham wird seine Zulassung voraussichtlich Ende 2020 verlieren.

Zehn Jahre, bis ein Wirkstoff im Regal landet

Das sind vier Pflanzenschutzmittel weniger, die dem Landwirt zur Verfügung stehen. Pflanzenschutzmittel-Hersteller wie Syngenta sagen, dass normalerweise für vier vom Markt genommene Stoffe, ein neuer Wirkstoff zugelassen wird. Doch nach ihren Angaben ist in diesem Jahr kein einziges neues Produkt erschienen. Woran liegt das?  Es braucht zehn mühsame Jahre, bis es ein Produkt in die Verkaufsregale schafft.

Es werden viel Zeit und Geld in Studien zur Zulassung dieser Produkte investiert, die deren Unbedenklichkeit für Mensch und Umwelt nachweisen müssen. Der Zulassungsprozess hat sich zudem erheblich verschärft. Die Analysemethoden sind sensitiver geworden, d. h. bereits kleinste Konzentrationen von Stoffen können nachgewiesen werden, weshalb Pflanzenschutzmittel-Rückstände im Wasser ein allgegenwärtiges Thema sind.

Viele Pflanzenschutzmittel verlieren Zulassung

Aufgrund von Grenzwertüberschreitungen im Trinkwasser oder dem hohen Umweltrisiko werden Pflanzenschutzmittel seit 2010 durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) neu beurteilt. Bisher waren es knapp 100 Pflanzenschutzmittel, die einer Neubeurteilung unterzogen wurden. Für viele dieser Mittel heisst es dann Adieu, zunächst in der EU. Die Schweizer Zulassungsbehörde zieht für gewöhnlich nach.

Teilweise sind diese Verbote aber nicht nachvollziehbar. Beispielsweise beim Produkt Gaucho, einem Neonicotinoid, das vor 2019 als Beizmittel von Zuckerrüben ­eingesetzt wurde. Der Schweizerische Verband der Zuckerrübenpflanzer argumentierte, dass Gaucho keine Gefahr für Bienen darstelle, weil Zuckerrüben nicht blühen (wir berichteten). Die EU-Staaten haben dies bereits erkannt und Gaucho mit einer Sonderbewilligung im Zuckerrübenanbau wieder zugelassen. Schweizer Landwirte warten bisher vergeblich.

Glyphosat: Kein Risiko bei richtiger Anwendung

Oder die ständigen Diskussionen um Glyphosat. Nachdem die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) 2015 das Totalherbizid als «wahrscheinlich krebserregend» einstufe, wurden durch die Efsa nochmals fast 1000 Studien überprüft. Es stellte sich heraus, dass bei sachgerechter Anwendung von Glyphosat kein anzunehmendes Risiko ausgehe. Doch die EU bleibt ihrem Entscheid treu und nimmt das Herbizid ab 2024 aus dem Verkauf. Die Schweiz hat sich ein Verbot ebenso vorgenommen.

Man könnte aufgrund dieser Entscheide mutmassen, dass Produkte aufgrund des öffentlichen Drucks vom Markt genommen werden. Erst kürzlich reichte Syngenta eine Beschwerde gegen das Verbot des Fungizids Chlorothalonil ein mit der Begründung, der Entzug der Zulassung sei widersprüchlich. Es würden zu eifrig Entscheidungen gefällt, nur weil Politik und Gesellschaft Druck machten. Syngenta fordert, dass die Beurteilungskriterien, die zu einem Verbot führen, überprüft werden.

Versorgung mit Nahrungsmitteln sicher stellen

Es ist zentral, dass man die von der Gesellschaft geäusserten Bedenken berücksichtigt. Aber die Versorgung mit Nahrungsmitteln muss sichergestellt sein. Gehen den Landwirten die Produkte aus, d. h. eine gewisse Auswahl von Wirkstoffen verschiedener Wirkstoffgruppen, muss mit Wirkungseinbussen und
Resistenzen gerechnet werden. Ein gleichwertiger Ersatz findet sich unter den bereits bewilligten Pflanzenschutzmitteln nur schwer. Bis wieder ein geeignetes Produkt auf den Markt kommt, vergehen Jahre.  [IMG 2][IMG 2]

Grafik BauZ/Daten BLW/Text hja

Mit neuen Sorten den Pflanzenschutzmitteleinsatz verringern

Was bedeutet das für die Zukunft? Die Zahl der in der Schweiz zugelassenen Wirkstoffe ist rückläufig. Knapp 20 Prozent haben ihre Zulassung bereits verloren (Stand 2018). Ausschliesslich Bio wäre möglich, aber nur mit Einschränkungen, sagt eine FiBL-Studie. Will der Konsument seinen Verzehr tierischer Produkte nicht reduzieren, müssen andere Lösungen her. Die Züchtung neuer Sorten nimmt jetzt schon einen grossen Stellenwert ein. Schädlings- oder krankheitsresistente Sorten senken den benötigten Pflanzenschutzmitteleinsatz. Angepasste Fruchtfolgen verhindern das Verschleppen von Krankheiten oder senken den Schädlingsdruck. Neue Technologien, die den Pflanzenschutzmitteleinsatz präzisieren oder zukünftig ersetzen können, nehmen zu. Die Forschung arbeitet hart daran. Doch gut Ding will Weile haben. Auch ein bisschen Kreativität seitens der Landwirte kann sicherlich nicht schaden.