Pflanzenschutz Potenziell verheerendes Tomatenvirus im Kanton Thurgau festgestellt Wednesday, 4. August 2021 Der Desinfektion und Hygiene speziell in Tomatenkulturen ist höchste Beachtung zu schenken. Denn seit Anfang 2020 gibt es auch hierzulande mehrere Verdachtsfälle betreffend Jordanvirus. Dieses kann unterschiedliche Symptome verursachen und bis zum Totalausfall führen. Ist es einmal durch das Saatgut, Wasser oder mechanischen Kontakt ins Gewächshaus gelangt, kann es von Pflanze zu Pflanze weiter übertragen werden. Wirksame Mittel, um das Virus zu bekämpfen, gäbe es noch keine, sagt Dirk Timmers, Fachmann für Hygiene beim niederländischen Unternehmen Royal Brinkman, an der 4. Nationalen Gewächshaustagung. Er empfiehlt deshalb, Massnahmen bereits zu ergreifen, bevor Symptome überhaupt sichtbar sind.

Desinfektion ist das A und O

Schon am Eingang des Gewächshauses sollte für die Reinigung und Desinfektion der Hände und Schuhe gesorgt werden. Das Auslegen von Desinfektionsmatten, worüber mit der Arbeitsmaschine gefahren wird, ist ratsam. Innerhalb der Produktionsstätte sollten Schnittutensilien nicht von einem Ort zum anderen getragen werden. Betonwege und Oberflächen sind zu desinfizieren, damit das Virus nicht weitergeschleppt wird.

Als Desinfektionsmittel haben sich Schaumprodukte gegenüber den Sprays bewährt. «Schaum haftet besser und länger, kriecht auch in Risse und Löcher und zeigt eine Wirkung von 95 Prozent», zählt Dirk Timmers die Vorteile auf. Der Schaum lässt sich mit einer Schaumpistole, dem Hochdruckreiniger (35 bar) oder mit dem Schaumroboter auftragen. Auch das Bewässerungssystem ist ein Übertragungsweg. Hier wirke das Produkt Huwan-San, ein Wasserstoffperoxid stabilisiert mit Silber, besonders gut. Schädliche Rückstände oder Nebenprodukte gäbe es keine. In Deutschland sei Huwan-San zugelassen. Timmers geht davon aus, dass es auch hierzulande bewilligt ist. Ebenfalls wirksam sind Virkon S und Menno Florades (ausser auf Beton). Natriumhypochlorit hat nur eine Teilwirkung auf das Virus.

Virusresistente Sorten bald auf dem Markt

Für einen Durchbruch sorgt die deutsche Firma Enza Zaden. Sie entwickelt neue Gemüsesorten und fand die ersehnte Nadel im Heuhaufen: ein Hoch-Resistenz (HR)-Gen in einer wilden Tomate. «Wir haben es in unsere aktuellen Sorten mit der traditionellen Zuchttechnik integriert», sagt Peter Schaich von Enza Zaden. Nach Infektion mit dem Virus hätten weder die Tomatenpflanzen noch die Früchte Symptome gezeigt. «Das Virus konnte in der Pflanze nicht gefunden werden, was die Ausbreitung daher verhindert.» Enza Zaden habe das resistente Gen derzeit in zwei Fleischtomaten, zwei Pflaumentomaten und zwei Rispentomaten integriert. Weitere Tomatenarten würden noch folgen. Damit sei Enza Zaden bisher die einzige Firma auf dem Markt, die HR-Tomaten zukünftig anbiete.

Das Gewächshaus der Zukunft

Neben dem gefürchteten Jordanvirus war an der 4. Nationalen Gewächshaus­tagung vom Dienstag auch die Technik rund ums Gewächshaus ein Thema. Die Veranstaltung fand nicht gewohnt vor Ort statt, sondern musste wegen Corona online durchgeführt werden.

Das autonome Gewächshaus

Der globale Markt für Produkte aus dem Gewächshaus steigt jährlich um durchschnittlich zehn Prozent an. Um Gewächshäuser zu betreiben, braucht es i. d. R. genügend Personal. Erfahrene Gärtnerinnen werden allerdings immer seltener – das durchschnittliche Alter liegt bei 58 Jahren. «Wer steuert diese Gewächshäuser in neun Jahren, um 8,5 Milliarden Menschen zu ernähren?», fragt Ronald Hoek in den Raum. Hoek ist Geschäftsführer der Firma Blue Radix im niederländischen Rotterdam. Mit dem Crop Controller hat die Firma einen Klimacomputer entwickelt, welcher die täglichen Entscheidungen und Aktionen im Gewächshaus autonom steuert und damit den Produzenten unterstützt. Mittels verschiedener Parameter wie Wetter- und Pflanzendaten und der Kulturstrategie optimiert das System alle 15 Minuten das Klima innerhalb des Gewächshauses. Damit seien höhere Erträge mit geringen Kosten und Ressourcen zu erzielen, unnötige Fehler in den Tagesabläufen würden vermieden und mehrere Hektaren pro Kulturchefin seien möglich.

PV-Anlage ersetzt Fenster

Gaël Nardin der Firma Insolight aus dem Kanton Waadt stellte eine alternative Lösung zu den gängigen Photovoltaikanlagen am Gewächshaus vor. «Handelsübliche Solarmodule beeinträchtigen die landwirtschaftliche Produktion. Entweder wird zu viel Schatten oder ein ungleichmässiger Lichteinfall produziert, wodurch Ertragseinbussen von 50 bis 80 % möglich sind. Das ist inakzeptabel», erläutert er. Insolight hat lichtdurchlässige Module entwickelt, womit der Lichteinfall dynamisch anpassbar sei und gleichmässig verteilt werden könnte. Es gebe zudem keinen Flächenverlust, da die Solaranlage bestehende Schutzeinrichtungen ersetze, verspricht Nardin. Mit den Modulen könnten 30 bis 50 % mehr elektrische Leistung erzielt werden als mit anderen halb-transparenten Modulen. Eine Pilotan-lage mit einer Himbeer- und Erdbeerproduktion stehe bereits in Conthey VS. Insolight suche noch Produzentinnen und Produzenten, welche bis Ende 2022 bei dem Projekt mitmachen möchten.