Die Stadt und die Ortsbürgergemeinde St. Gallen haben gemeinsam das Landwirtschaftskonzept 2020 erarbeitet Dieses setzt auf mehr Nachhaltigkeit und Biodiversität. Während die Ortsbürgergemeinde diese Ziele über Sensibilisierung und mit auf die einzelnen Betriebe angepassten Massnahmen erreichen will, setzt die Stadt auf strenge Vorgaben bei der Vergabe einer Pacht: Bei einem Pächterwechsel müssen die Bio-Richtlinien eingehalten werden. Nach Abschluss eines neuen Pachtvertrags soll der Anteil der Biodiversitätsförderflächen mindestens 20 Prozent betragen.

Bruno Giger, Sid sindt stellvertretender Geschäftsführer des St. Galler Bauernverbands- Sind sind solch strenge Vorgaben bei der Vergabe einer Pacht üblich?

Bruno Giger: Solche Vorgaben werden vereinzelt bei der Vergabe von Pachtobjekten festgestellt. Die Tendenz ist bei Pachtobjekten der öffentlichen Hand wie auch von Privaten steigend.

 

31 Betriebe analysiert

40 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf St. Galler Stadtgebiet sind im Besitz der Ortsbürgergemeinde oder der Stadt. Für die Erarbeitung des Landwirtschaftskonzepts wurden laut Bericht von Ortsbürgergemeinde und Stadt
31 Betriebe untersucht. Diese bewirtschaften insgesamt 859 Hektaren Landwirtschaftsland.   Unter den untersuchten Betrieben befinden sich 25 Milchviehbetriebe und vier Mutterkuhhaltungen. Der durchschnittliche Anteil der Biodiversitätsfläche dieser Betriebe liegt bei 15 Prozent.

 

Der Bedarf an Bioprodukten stösst in gewissen Bereichen an Grenzen. Sind von daher solche Vorgaben sinnvoll?

Die Frage, ob solche Vorgaben Sinn machen, unterscheidet sich je nach Blickwinkel. Aus der Sicht der ökonomischen Nachhaltigkeit solcher Vorgaben bin ich überzeugt, dass Landwirte ihre Produktion auf ihre Marktpartner und deren Bedürfnisse abstimmen sollten. Gerade in Stadtnähe kann eine Umstellung auf die Produktion nach biologischen Richtlinien Sinn machen. Insbesondere in Kombination mit einem Hofladen, Events, Agrotourismus und so weiter.

Die Stadt möchte ihre Betriebe in der Tendenz vergrössern. Anstehende Investitionen in Ökonomie-Gebäude sollen die Pächter im Rahmen eines Baurechtsvertrags selber finanzieren. Ist dies üblich und zumutbar?

Investitionen im Rahmen eines Baurechtsvertrages sind durchaus üblich und bieten dem Pächter mehr unternehmerische Freiheit. Die Zumutbarkeit der Investition ist sehr individuell und hängt mit sehr vielen Kriterien wie der zugesicherten Pachtdauer, der Höhe der Investition und so weiter zusammen. Ein Baurechtsvertrag schafft zudem unternehmerische Sicherheit, da die Verträge meist über mehrere Jahrzehnte ausgelegt sind.

Gab es beim St. Galler Bauernverband Reaktion auf das neue Konzept?

Der St. Galler Bauernverband erhielt keine Reaktionen auf das neue Konzept. Ein direkt betroffener Betrieb nahm jedoch das Beratungsangebot des St. Galler Bauernverbandes in Anspruch. Es ging dabei um die Schaffung von zusätzlichen Biodiversitätsförderflächen auf dem Pachtgrundstück.