Die Vollblüte beim Apfel – beispielsweise bei Golden Delicious – findet seit Jahrzehnten kontinuierlich früher statt, sagt Daniel Neuwald vom Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee. Durch die Klimaveränderung sind dadurch häufiger Spätfrostschäden im April zu beobachten. Um ihre Ernte nicht zu verlieren, müssen Obstbauern vorausschauend planen. Die nachhaltige Obstproduktion im Zeichen des Klimawandels war eines der Fachvorträge an der Breitenhof-Tagung in Wintersingen.
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Produzent wird per Anruf alarmiert
Um dem Frost einen Schritt voraus zu sein, ist die Überwachung der Wettervorhersage und der Blick in die Obstanlage zur Einschätzung des Entwicklungsstands und der Empfindlichkeit der Kulturen unabdingbar. Nützlich ist auch die Bestimmung des Taupunkts (wann sich die Feuchtigkeit der Luft niederschlägt) durch die Messung von Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit. «Liegt der Taupunkt unter der in diesem Entwicklungsstadium kritischen Pflanzentemperatur, müssen Schutzmassnahmen eingeleitet werden», sagt Daniel Neuwald. Idealerweise sollte ein Alarmsystem installiert werden, welches die Produzenten rechtzeitig alarmiert, wenn die vorgegebene Minimumtemperatur unterschritten wird – am sichersten sei die Alarmierung bei automatischem Anruf. SMS seien eher unzuverlässig, so Neuwald.
Präventive Massnahmen ergreifen
Zudem gibt es verschiedene präventive Massnahmen, welche die Obstbäume vor Frostschäden bewahren können.
Wärmeabgabe an Boden verbessern: Wie viel Wärme gespeichert und abgegeben wird, hängt von den Bodeneigenschaften und dem Wassergehalt ab. Kulturmassnahmen können die Wärmeabgabe beeinflussen, z. B. sollte verhindert werden, dass der Boden mit Unkraut, Mulchschicht, Mist oder Stroh bedeckt ist; Gras sollte kurz gehalten werden. Die Temperaturdifferenz kann damit bis zu 2°C betragen.
Wärmeabstrahlung verringern: mit Folienabdeckung oder Vlies. Bei der Abdeckung muss das Schneefallrisiko berücksichtigt werden. Folien haben zudem eine begrenzte Haltbarkeit. Hagelnetze eignen sich nicht, da die Wärme nicht abgestrahlt wird und wieder zurück zum Boden strömt. Zudem wird die Wärmespeicherung während des Tages reduziert aufgrund der Schattierung. Somit sind Hagelnetze weniger geeignet als eine Obstanlage komplett ohne Abdeckung.
Wärmeenergie aktiv zuführen: durch Heizen oder Frostschutzberegnung. Bei Unterkronenberegnung mit Kreisregnern kann die Temperatur um max. 2°C erhöht werden. Starker Wind kann den Effekt stören – es wird Verdunstungskälte induziert, womit der Schaden grösser ausfallen kann, als wenn man nichts tut, weiss Daniel Neuwald. Ausgeschaltet werden sollte die Beregnung sobald das Eis milchig wird.
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Inversion erhöhen: Windmaschinen, Luftdrainage etc. Als Beispiele nennt Neuwald Vertikalgebläse (Strom), stationäre Ventilatoren (Propangas) oder mobile Ventilatoren (Treibstoff), welche die kalte Luft vom Obstbestand wegführen.
Kostenvergleich der Strategien
Die verschiedenen Strategien gegen Frost verursachen unterschiedlich hohe Kosten wie anhand einer Grafik von Agroscope zu sehen ist. Es zeigt sich, dass Frostkerzen mit etwas über 5000 Franken pro Hektar die höchsten Kosten verursachen, dicht gefolgt von Pellets, Windmaschine und Frostguard (knapp unter Fr. 4000.–/ha). Am günstigsten zeigt sich die Unterkronenberegnung ohne zusätzliche Wasserversorgung und die normale Bodenfeuchtigkeit. Bei vier Frostnächten pro Jahr müssen die Obstbauern vor allem mit Frostkerzen und Pellets tief in die Tasche greifen:
- Frostkerzen: > Fr. 20 000.–/ha
- Pellets: > Fr. 15 000.–/ha
- Frostguard (2 x): zirka Fr. 7500.–/ha
- Windmaschine: < Fr. 5000.–/ha
- Unterkronenberegnung (mit zusätzlicher Wasserversorgung): zirka Fr. 3000.–/ha
- Unterkronenberegnung (ohne zusätzlicher Wasserversorgung): < Fr. 2500.–/ha
- Bodenfeuchte: kaum Kosten
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Beregnung ist am effektivsten
Daniel Neuwald resümiert: Je nach Kultur und phänologischem Stadium bietet die Frostschutzberegnung am effektivsten Schutz bei idealen Bedingungen (kein Wind und angepasste Wassermengen) bis zu einer Temperatur von –10°C. Als Ergänzung oder Alternative zur Frostschutzberegnung helfe die Abdeckung mit Vlies oder Folie. Diese gebe Schutz bis zu −5°C. Windmaschinen können in abgelegenen Gebieten ohne Wasserverfügbarkeit helfen, gleiches gilt für stationäre Heizgebläse in Folientunneln oder unter einem Foliendach.