«Ich habe meine Zeit immer viel lieber im Stall bei den Tieren verbracht, als in der Küche und im Haushalt», erzählt die dreissigjährige Patricia Brändle mit einem Lachen im Gesicht. Vor fünf Jahren hat sie zusammen mit ihrem Mann Pascal den Brändlehof von seinen Eltern übernommen. Mittlerweile haben die beiden zwei Kinder. Mit der Unterstützung von Pascals Vater, der beim Sohn angestellt ist, bewirtschaften sie den 30 Hektaren grossen Milchwirtschaftsbetrieb.
«Auch wenn ich für andere früher zu wenig in Küche und Haushalt tätig war, meiner Familie mangelt es heute an nichts.» Hingegen käme es ihr nie in den Sinn, sich an einem Landfrauen-Kochwettbewerb zu beteiligen, denn ihre höchste Priorität liege klar bei den Tieren und ihrer Familie. «Ich war ein Tierlikind und bin es bis heute geblieben», sagt sie. Deshalb war es klar, dass sie seit diesem Sommer die Bauernhofspielgruppe, die schon seit zwei Jahren auf dem Hof stattfand, in eigener Regie weiterführt. «Tiere lehren Kinder oft mehr, als Erwachsene es tun können», ist Brändle überzeugt. Den Kindern den respektvollen Umgang mit Tieren weiterzugeben, ist ihr sehr wichtig.
Die Dinge richtig machen
Heute ist die fünfjährige Lia im Kindergarten und der dreijährige Lenny hat sein Mami für sich. An zwei Vormittagen pro Woche kommen jeweils eine gute Handvoll weitere Kinder auf den Betrieb, um die Hoftiere kennen zu lernen und mit Gleichaltrigen in einer anderen Umgebung zu spielen und zu werkeln. Man spürt Patricia Brändles Begeisterung, wenn sie über den Start der Spielgruppe erzählt. Dass sie dafür auch ihren Mann Pascal und ihre Schwiegermutter begeistern konnte und die beiden ihr an je einem Vormittag assistieren, findet sie «der Hammer».
Die Spielgruppe entwickle sich zu einem weiteren Standbein für ihren Betrieb. Noch mehr freue es sie aber, dass die gemeinsame Zeit mit den Kindern auch ein zusätzliches Puzzleteilchen für ihre Beziehung mit ihrem Mann sei, erzählt sie. Zufällig habe es in der Gruppe, wo ihr Mann mithelfe, alles Buben, und diese seien natürlich immer extrem begeistert, wenn es etwas mit Maschinen zu bestaunen gebe Im Moment lässt sich die junge Frau auch zur Spielgruppenleiterin ausbilden. «Wenn ich etwas mache, will ich es richtig machen», erzählt Patricia Brändle. Deshalb absolviere sie immer auch die entsprechenden Ausbildungen, lerne andere Leute kennen und erweitere ihren Horizont.
Patricias Tipp
«‹Mach das, was dich glücklich macht, und lass andere reden.› Das ist mein Motto. Ich bin eine untypische Landwirtin mit Pircings, Tattoos, mit Hunden, die auf das Sofa dürfen, als nicht ganz gewöhnliche Hausfrau, die lieber draussen nach den Tieren sieht, als stundenlang am Herd zu stehen. Mich stört es nicht, was andere von mir denken. Ich hinterfrage, wo mein Gefühl nicht stimmt und mache es so, dass ich dahinterstehen kann und es mich und meine Liebsten zufrieden macht.»
Aufgewachsen ist Patricia Brändle im Säuliamt im Kanton Zürich auf dem Bauernhof ihrer Eltern. Weil sie nach Schulaustritt noch nicht bereit war, von zu Hause auszuziehen, lernte sie Bäckerin-Konditorin, im Wissen, dass später die Ausbildung zur Landwirtin mit Fachausweis folgen sollte. So war es dann auch. Zusätzlich schloss sie auch als Betriebsleiterin und Lehrmeisterin ab. Und als ihr erster eigener Hund Nero in ihr Leben kam, war es selbstverständlich, dass sie sich zur Hundeinstruktorin ausbilden liess.
Bei jedem Sturz dazu gelernt
Mit sieben Jahren kaufte sich Patricia Brändle ihr erstes, eigenes Pony. Hunderte von Malen habe sie das Tier abgeworfen, doch bei jedem Sturz habe sie etwas dazu gelernt. Auch vom Familien-Hofhund, der bei den Ausritten immer dabei war, konnte sie viel lernen und die anderen Hoftiere begeisterten sie ebenfalls. Sie habe gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Respekt, Vertrauen und Achtsamkeit waren ebenso wichtig im Umgang mit den Vierbeinern wie Freude und Ausgelassenheit.
«Die Tiere haben mein Leben schon sehr früh bereichert und mir geholfen, mit den unterschiedlichsten Situationen besser umzugehen.» So kam es, dass sie auch anderen Menschen die Harmonie zwischen Mensch und Tier beibringen wollte und deshalb begann, zuerst nur auf dem elterlichen Betrieb und später auch in Maischhausen, Kurse in Agility, mit Welpen, Junghunden und zur Erziehung von Hunden zu geben. Ihr Ziel sei es immer, Mensch und Hund zu einem funktionierenden Team zusammenzubringen. Auf respektvollen und gewaltfreien Umgang mit dem Hund legte sie hohen Wert.
Respekt für Tiere
Patricia Brändle fühlt sich privilegiert, all das, was ihr speziell Freude bereitet, auf dem Hof zusammen mit ihrer Familie auszuführen. Sie habe immer gewusst, dass man in der Landwirtschaft nicht reich werde. Doch genau das machen zu dürfen, wofür ihr Herz brenne, das sei das grösste Glück auf Erden, ist sie überzeugt. Natürlich arbeite sie viel, sei oft unterwegs, und vieles müsse abends noch erledigt werden.
Momentan beschränke sich ihre Arbeit auf dem Hof auf die Buchhaltung und die Versorgung der Kleintiere. Später sei das möglicherweise anders, erzählt Brändle. Im Gespräch seien ein neuer Stall und eine Verdoppelung der Milchkühe. Und seit sie selber Kinder habe, beschäftige sie sich mit der muttergebundenen Aufzucht der Kälber in der Milchwirtschaft.
Bislang suche sie sich Informationen zusammen, tausche sich in Internetforen aus und wolle sich nicht einfach mit dem Argument «Das hat man mit den Kälbern schon immer so gemacht», zufriedengeben. «Niemand kann mir beweisen, dass es nicht funktioniert, solange ich es noch nicht ausprobiert habe.» Und da hört man ihre innere Überzeugung schon wieder, den immens grossen Respekt gegenüber Mensch und Tier.