Die Sortenorganisation Gruyère AOP hat Ende 2021 aufgrund schwarzer Flecken im Endprodukt ein Verbot des Einsatzes von Zitzenversieglern erlassen.

Nach wie vor werden auch bei eutergesunden Kühen präventiv Antibiotika zum Trockenstellen eingesetzt. Mit der Bundesstrategie StAr soll der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung weiter reduziert werden. Der Druck auf Alternativen zur bisherigen Praxis wächst.

Grösstes Problem im Stall

Ziel des Trockenstellens ist es, die Kuh auf die bevorstehende Geburt und die nächste Laktation vorzubereiten. Grösstes Problem und eine der teuersten Erkrankungen im Stall ist die Mastitis. Die Trockenstehphase soll der Kuh als Erholung dienen.

Bereits erkrankte Tiere weisen in dieser Phase eine hohe Ausheilung auf. Die grössten Erfolge erzielten die Betriebe bisher im antibiotischen Trockenstellen der gesamten Herde. Unnötigerweise werden so auch eutergesunde Tiere (< 150 000 Zellen/ l) behandelt.

Erste Massnahme sollte das selektive Trockenstellen sein. Dazu muss der Zellgehalt innerhalb der letzten drei Wägungen vor der Trockenstehphase überprüft werden. Bei einer gesunden Kuh kann auf ein Antibiotikum verzichtet werden.

Leichtmelkige Kühe ausschliessen

Christophe Notz, zuständig für die Milchviehgesundheit und -fütterung des Forschungsinstituts für biologischen Landbaus (FiBL), empfiehlt auf der Website von Bioaktuell, die Milchbildung durch abruptes Trockenstellen nicht mehr anzuregen.

Längerfristig sollten Kühe, die einen schnellen Milchfluss haben (leichtmelkige), aus der Zucht ausgeschlossen werden. Diese seien laut Notz anfälliger für Infektionen, da der Verschluss des Zitzenkanals nicht ausreichend sei und so Bakterien schneller eindringen könnten.

Das Infektionsrisiko sei in den ersten zwei Wochen der Trockenstehzeit am grössten. Deshalb sollten die trockenstehenden Tiere täglich kontrolliert und der Zitzenkanal mit Dipmittel (Jod oder Wasserstoffperoxid) desinfiziert werden.

Interne Zitzen-Versiegler

Die Rindergesundheit Schweiz (RGS) empfiehlt, der interne Versiegler solle bei der Anwendung Raumtemperatur haben und es sollen sich keine Luftblasen in der Tube befinden. Dazu muss man die Tube aufrecht lagern, so dass die Luft entweichen kann. Als nächstes solle die Zitze kräftig abgeklemmt werden, bevor sie gefüllt wird. Nicht jede Zitze ist gleich lang, deshalb empfiehlt die RGS, den Tubeninhalt an die Zitzenlänge anzupassen.

Tierärztin Lilian Siegenthaler geht in einem Merkblatt ihrer Tierarztpraxis genauer auf die Vorbereitung ein. Auch für sie gilt ein abruptes Trockenstellen kombiniert mit einer sauberen und trockenen Liegefläche sowie genügend Platz (> 10 m2) und Luftfeuchtigkeit (> 85 %) als gute Vorbereitung auf das Trockenstellen.

Laut dem Merkblatt sollten aufgrund der wegfallenden Milchbildung die Nährstoff-, Energie- und Spurenelement-Gehalte (Selen mind. 40 mg/kg TS) angepasst werden. Makroelemente im Futter wie Calcium und Kalium müssen reduziert, Phosphor- und die Magnesium-Menge angepasst werden.

Keim identifizieren dann Handeln

Tierärztin Lilian Siegenthaler rät zum antibiotischen Trockenstellen bei positiver Milch-Beprobung. Der Keim sollte identifiziert und daraufhin ein passendes Antibiotikum gezielt eingesetzt werden. Erwähnt wird als letzter Punkt auf dem Merkblatt die gute Reinigung und Desinfektion der Zitzen, bevor der Strichkanal mit einen Zitzenversiegler verschlossen wird.

Die Agridea empfiehlt zum Trockenstellen der Kuh, die Fütterung von Maissilage, Futterrüben und Kartoffeln zu senken. Die Ration kann mit Ökoheu oder Stroh «verdünnt» werden. Als ausreichend empfiehlt die Agridea 0,30 mg/kg TS Selen. Magnesium sollte in der Ration mit 23 g pro Kuh und Tag und Phosphor mit 22 g pro Kuh und Tag veranschlagt werden.

Trockenstellen durch Komplementär-Medizin wie Homöopathie erfordert laut einer Anleitung der Rindergesundheit Schweiz (RGS) eine intensive Tierbeobachtung. Vor der Behandlung müsse das Tier bzw. die gesamte Herde «konditioniert» werden. Dies erfolge nur durch eine intensive Beschäftigung des Tierbetreuers mit dem Bestand.

Die RGS nimmt klar Abstand von der nachweisbaren Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel. Zahlreiche Praxisberichte würden jedoch beachtliche Erfolge aufweisen.

Sabine Roherer, Beraterin beim Verein für komplementäre Tiermedizin Kometian, sagt, dass homöopathische Trockensteller am besten bereits nach dem Absetzen eingesetzt werden. Durch das zwischenzeitliche Aussetzen des Melkens leitet sich ein natürlicher Prozess der Rückbildung ein, homöopathische Mittel würden diesen Prozess unterstützen. Externe und interne Zitzenversiegler sollten nicht parallel zur homöopathischen Therapie eingesetzt werden.

«Das ist ein massiver Eingriff in den natürlichen Prozess der Milchrückbildung»

Sagt, Sabine Roherer über die Verwendung von Zitzenversieglern zum Trockenstellen. 

Bei externem Dipmittel sei das Problem, dass Jod gegen die Homöopathie-Therapie arbeite.

Hohe Milchmenge längere Behandlung

Kühe mit einer hohen Milchleistung müssten länger homöopathisch betreut werden, um die Milchmenge zu senken. «Bis zu einer Woche oder sogar zehn Tagen kann dies dauern», sagt die Beraterin von Kometian. Es gibt verschiede homöopathische Mittel, viele Landwirte würden die Mittel einfach routinemässig anwenden. «Zu 100 % ausschlies­sen kann man eine Galtmastitis jedoch nie», sagt Sabine Roherer. Jeder Betrieb mache es ein bisschen anders. Aber das sei nicht falsch, da der jeweilige Tierbetreuer seine Tiere nun mal am besten kennt. Salvia und Phytolacca seien geeignete Mittel. In einer tiefen Potenz, zum Beispiel D6, würden diese den Milchfluss stoppen.

Abstillende Wirkung hätten laut Bio Suisse auch Heilkräuter. In einer Rezeptsammlung für Heilkräuter und Hausmittel von Bio Suisse wird das Einreiben des Euters mit einem Blätterbrei aus zuvor gekochten Walnussbaumblättern Juglans regia L. empfohlen.

Verschleppte Erkrankungen haben Folgen

«Eutererkrankte Kühe nicht zu behandeln, hat Auswirkungen auf die nächste Laktation der Kuh.»

Sagt Josef Doppmann Melkberater von den Zentralschweizer Milchproduzenten

Er bilanziert den Einsatz der Medikation bei einem antibiotischen Trockenstellen. Mit vier Portionen Antibiotika würde die Kuh trockengestellt.

Sei dies nicht der Fall und die Kuh verschleppe die Erkrankung in die Folgellaktation, würden höhere Kosten entstehen. Es gebe Betriebe, da könne dies gemacht werden, aber dies sei für jeden Hof individuell anzuschauen.

Abstillendes Heilkraut

Einige Heilkräuter wie die Blätter des Walnussbaums Juglans regia L. haben laut Bio Suisse eine abstillende Wirkung.

Herstellung: Ein Zehn-Liter-Kessel mit Blättern füllen und mit einem Stock zu einem Brei zerstampfen. Das gesamte Euter
zweimal täglich mit Brei einreiben, ein Kessel (10 l) reicht für einen Tag.

Weitere Heilkräuter-Rezepte sind auf der Website bionordwestschweiz.ch zu finden.