Bei Rolf Heer stand vor zehn Jahren das erste Mal eine genetisch hornlose Brown-Swiss-Kuh im Stall. Ein Samenhändler bot ihm damals Samendosen eines hornlosen Stiers an – und er griff spontan zu. Es gab ein hornloses Kuhkalb. Danach beschäftigte er sich immer mehr mit dem Thema. «Es wurde zu einer Art Passion», sagt Heer.
Genetisch hornlose Stiere
Der Betrieb von Rolf Heer und seinem Sohn Patrik ist eine Generationengemeinschaft in Ebertswil ZH. Mittlerweile sind etwas weniger als die Hälfte der 90 Kühe und Rinder im Stall genetisch hornlos und von drei Stieren aus seiner Zucht gibt es Samen mit hornloser Genetik zu kaufen. Einer davon, Vialo PP, ist sogar europaweit erhältlich. Der Laufstall, der 90 Kühen Platz bietet, wurde 2007 gebaut. Das Futter besteht aus einem Viertel Silomais, dazu Heu, Luzerne, Biertreber und Grassilage.
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Er setzt nebst der Hornlosigkeit auf eine lange Lebensdauer, eine niedrige Zellzahl und eine gute Fruchtbarkeit. «Milchleistung ist mir ehrlich gesagt nicht mehr das Wichtigste», sagt Heer. Dennoch geben seine Kühe durchschnittlich knapp 9000 Liter Milch pro Laktation. Im Moment sind bei ihm mehr Erstmelkende in der Herde, etwa 25 bis 30 Stück, da er in letzter Zeit wegen der Hornlosigkeit viele Rinder behielt. Gemolken wird in einem Karussell mit 16 Plätzen, dafür werden etwa 1 Std. 15 Min. für die momentan 77 gemolkenen Kühe benötigt. Besonders stolz ist er über die tiefen Zellzahlen, die in der Statistik der Leistungsprüfung bei 48 000 liegen und effektiv in der abgelieferten Milch bei 60'000.
Angebot wird besser
«Meine Hoffnung ist, dass die Leute anfangen, an die hornlose Genetik zu glauben», sagt Rolf Heer. Der Ruf der Hornlosen sei relativ schlecht gewesen: «Vor einigen Jahren hat man nicht viel Schlaues gehabt. Das ändert sich jetzt zunehmend», sagt er. Seine zweitbeste Kuh im Stall ist genetisch hornlos und gibt 11'900 kg Milch pro Laktation. «Ein Spitzenwert», sagt er. Sein Ziel: Eine Basis für die Weiterzucht aufbauen, um in Zukunft nur noch natürlich hornlose Kühe zu haben.
Auch gesext erhältlich
Bei der Zucht auf Hornlosigkeit gilt es zu unterscheiden zwischen reinerbigen und mischerbigen Tieren (siehe Kasten). Von den etwa 35 bis 40 genetisch hornlosen Kühen in seinem Stall sind bisher zwei reinerbig und Heer hat mittlerweile drei reinerbig hornlose Stiere aus seiner Zucht auf KB-Stationen, die er auch selber einsetzt.
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Am Stier Vialo PP, der im Sortiment von Select Star ist und somit europaweit eingesetzt wird, sind Rolf und Patrik Heer beteiligt. Bisher sind 6000 Samendosen verkauft worden, das bedeutet für die Generationen- gemeinschaft einen gewissen finanziellen Anteil. Aber darum ging es ihm nicht: «Für uns war es wichtig, dass uns von ihm Samen zur Verfügung steht, besonders der gesexte.» So hat er sich selber einen grossen Vorteil geschaffen. Er kann also mit einem der Stiere besamen und es gibt praktisch immer ein hornloses Kuhkalb.
Differenzen bei den genomischen Zuchtwerten
Skeptisch ist Rolf Heer, wenn es um die genomischen Zuchtwerte geht, damit hat er schlechte Erfahrungen gemacht, zum Teil grosse Differenzen zu den tatsächlichen Werten festgestellt. So hat er beispielsweise eine Kuh, die 11'000 Liter Milch gibt, jedoch einen sehr tiefen genomischen Zuchtwert hat.
Deswegen hat er aufgehört, bei Kälbern den genomischen Zuchtwert zu testen. «Meist ist der Vater, manchmal sogar der Grossvater, noch nicht ausgewertet. Dann ist es eine Schätzung einer Schätzung einer Schätzung», sagt er. Auch mit Eigenleistungen, die von diesen Werten stark abweichen, könne eine Kuh dies nur noch schwer korrigieren. Eine Ausnahme macht er bei Stierenmüttern.
Betriebsspiegel GG Heer
Name: Rolf und Patrik Heer
Ort: Ebertswil ZH
Ackerfläche: 6 ha Getreide, 6 ha Silomais, 11 ha Kunstwiese, Naturwiesen
Viehbestand: Etwa 90 Kühe (mit Rinder) der Rasse Brown Swiss
Arbeitskräfte: Betriebsleiter, ein Lehrling und Aushilfskräfte
Keine Enthornungen mehr
Rolf Heer möchte die Kälber seiner Kühe nicht mehr enthornen müssen. «Es ist ein Eingriff, das können wir nicht wegdiskutieren, du schwächst das Kalb einen Moment lang. Das nicht mehr tun zu müssen, ist Gold wert», sagt er.
Gleichzeitig möchte er aber nicht auf Hornlosigkeit verzichten. Hörner im Laufstall sind für ihn keine Lösung: «Es ist ein Risikofaktor, auch für Angestellte.» Mit der Zucht auf Hornlosigkeit hat er für sich einen Weg gefunden, beiden Ansprüchen gerecht zu werden.