2010 kam Thomas Leppkes aus dem deutschen Duisburg als ausgebildeter Metzger nach Savognin und arbeitete in der Metzgerei Peduzzi. Doch sein Traum war, nicht nur Fleisch zu verarbeiten, sondern auch Tiere zu halten. Und zwar so, wie er sich das vorstellte: Die Tiere aufziehen, schlachten und das Fleisch frisch oder verarbeitet verkaufen. Im Jahr 2014 lernte er Natalie Cavelti kennen. Auch sie eine gelernte Metzgerin und begeistert von der Idee, eine eigene, etwas andere Landwirtschaft aufzubauen.

Viel Platz für die Tiere

Durch Zufall konnten Thomas Leppkes und Natalie Cavelti 2015 einen nicht mehr benutzten Viehstall in Cunter und ein paar landwirtschaftlich nutzbare Parzellen pachten. Das war nötig, weil sich die Kaninchen, die Thomas Leppkes als Hobby hielt, vermehrten und die bisherige Einrichtung und das Futter nicht mehr reichten.

Es wurden Pläne geschmiedet, Ideen entwickelt. Doch zuerst musste der Stall kaninchengerecht umgebaut werden. Die Vorschriften sollten nicht nur eingehalten werden. Leppkes und Cavelti taten noch einiges mehr, damit es ihren Tieren wohl ist. So können die Kaninchen in der wärmeren Jahreszeit raus, wo sie graben und buddeln sowie alles Grüne an- und abknabbern.

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Thomas Leppkes mit seinen Zwergziegen. Auch aus ihnen gibt es irgendwann mal Fleischerzeugnisse. (Bilder Vrena Crameri-Daeppen)

Langsame Aufzucht

Thomas Leppkes und Natalie Cavelti wissen, von welchen Tieren das beste Fleisch gewonnen werden kann. Deshalb ist es für die beiden klar, dass sie ihre Kaninchen nicht mästen, sondern mit Raufutter und Bio-Kornfutter füttern. Dass sie ihnen Zeit fürs Wachstum lassen. So werden die Kaninchen erst mit sechs bis acht Monaten geschlachtet, gemästete Kaninchen üblicherweise mit rund drei Monaten. Sie halten die Zibben, die Mutter-Kaninchen, mit ihren Jungen in Gruppen. Wenn die Jungen alt genug sind, werden sie in Jungtiergruppen gehalten und aufgezogen. Erst im Laufe der Aufzucht wird entschieden, ob einige der jungen Zibben für die Weiterzucht behalten werden.

Haben die Jungen das Schlachtgewicht erreicht, geht Leppkes mit ihnen zur Metzgerei Spiess in Lenzerheide, wo er sie selbst schlachten kann. Es ist ihm sehr wichtig, dass möglichst viele Teile des Tiers verwertet werden – ganz nach dem Trend «from Nose to Tail». Rund 70 Prozent des Tieres werden gebraucht. Das bedeutet aber auch Mehrarbeit, denn aus den nicht so beliebten Fleischstücken werden verschiedene Würste und Trockenwürste hergestellt – natürlich alles selbst gemacht.

Weil Kaninchen nicht so einfach zu treiben sind wie Vieh, Schafe oder Ziegen haben ­die beiden Ausschau nach einem «Treibhund» gehalten. Gefunden haben sie «Balu», einen Australien Shepard, den sie selbst ausgebildet haben.

Regionalität hoch gewichtet

Nachdem die Kaninchenhaltung aufgebaut war, haben sie Enten, Hühner und Gänse angeschafft. Das Geflügel hat Auslauf ins Freie und einen Teich. Doch auch ihnen schlägt eines Tages die letzte Stunde, denn sie werden als landwirtschaftliche Nutztiere gehalten.

Fleisch von Gänsen, Enten und Kaninchen wird in die Schweiz importiert. Warum nicht selbst aufziehen und halten, dann schlachten und als einheimisches Produkt hier verkaufen? So weiss der Kunde wirklich, woher sein Nahrungsmittel kommt, wie das Tier gehalten, wo es geschlachtet und verarbeitet worden ist. Dies sind Punkte, die für Thomas Leppkes und Natalie Cavelti sehr wichtig sind.

Die Geflügelhaltung soll weiter ausgebaut werden. Suppenhühner sind heute nicht mehr so gefragt, denn viele wissen nicht mehr wie sie gekocht werden. Suppenhuhn-Liebhaber sind jedoch froh und dankbar, wenn sie einheimisches, artgerecht gehaltenes Geflügel kaufen können. Deshalb will Leppkes auch eine eigene Schlachtanlage instal­lieren. Der nächste Geflügelschlachthof sei in Zürich, schildert er, und man müsse mindestens hundert Hühner bringen, «was natürlich für einen Kleinbetrieb nicht möglich ist», so Leppkes.

Als Streichelzoo unterwegs

Da die Kaninchen das im Sommer eingebrachte Heu in den vergangenen Jahren nicht aufbrauchten, entdeckte Thomas Leppkes die Zwergziegen. Er als Metzger denke natürlich wieder an das Fleisch und die feinen Produkte, die er herstellen könne. Doch Zwergziegen fressen Raufutter und Gebüsch, «putzen» die Weiden, so dass die Verbuschung zurückgedrängt werden kann.

Mit Kaninchen, Gänsen, Hühnern, Enten und Zwergziegen konnte auch ein Streichelzoo aufgebaut werden. Die Zusammenarbeit mit dem Tourismus-Büro klappe sehr gut. Auch kämen viele Leute in Cunter vorbei, Kinder dürften die Tiere streicheln, so Natalie Cavelti. Sie seien auch schon an Anlässen gewesen und der Streichelzoo sei jeweils ein Publikumsmagnet.

Direktvermarktung

Vor dem Stall steht ein Hofladen auf Rädern. Hier können Passanten und Einheimische Produkte aus Kaninchen-, Ziegen-, Gänse- und Entenfleisch kaufen sowie Eier von Hühnern und saisonal von Enten und Gänsen. Damit in Zukunft auch genügend eigenes Geflügel gehalten werden kann, werden Eier ausgebrütet und die Küken aufgezogen. Männliche Tiere werden, wenn sie gross und schwer genug sind, geschlachtet. Hier werden nicht schon am ersten Tag männliche und weibliche Küken sortiert und die männlichen Küken getötet, sondern alle werden aufgezogen, genau so wie bei den Kaninchen.

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Die selbst hergestellten Produkte werden im eigenen Hofladen verkauft.