Auf einen der obersten Plätze der Liste der Betriebsdurchschnitte von Braunvieh Schweiz hat es Andreas Nef bereits mehrere Male gebracht. Auf der jüngsten vom Oktober 2018 rangiert der Landwirt aus Ottikon bei Kemptthal ZH nun ganz zuoberst. Und dies mit einer geradezu magischen Zahl: 12 245 Kilogramm. Auf diesen Stalldurchschnitt kamen die 20 Braunviehkühe in dem bis zum letzten Platz besetzten Anbindestall von Andreas Nef. Ein Erfolgsgeheimnis, wie er seine Kühe zu solchen Höchstleistungen bringt, kann Nef nicht verraten. Er habe das Züchten mit der Muttermilch aufgesogen, sagt er. Im Stall seines Vaters auf der Forch oberhalb von Zürich standen 80 «Braune». Nefs Vater ist bei der Zucht eigene Wege gegangen. Er hatte nie mit Genossenschaftsstieren gezüchtet, sondern hatte immer eigene Stiere im Stall.
Abstecher ins Bündnerland
Weil sein Bruder den elterlichen Betrieb übernehmen konnte, zog es Andreas Nef zusammen mit seiner Frau Rita ins Bündnerland. Elf Jahre lebte er dort. Acht Jahre davon wirkte Andreas Nef als Betriebsleiter auf dem Californiahof in Malans. Und auch dort hatte er es mit einem bekannten und erfahrenen Züchter zu tun. Der Hof gehörte dem Tierarzt und Züchter Martin Klaas, dessen Stiere regelmässig von KB-Stationen übernommen wurden. «In Sachen Viehzucht war der Californiahof noch vor dem Plantahof die erste Adresse im Bündnerland», sagt Andreas Nef. Zugespitzt ist seine Formulierung auch, wenn es um das Zuchtziel von Milchkühen geht: «Sie sollen zuerst wirtschaftlich sein, erst danach schön – und nicht umgekehrt», sagt Nef. «Wenn sie viel Milch geben und erst noch schön sind, dann ist alles gut gegangen.»
In Nefs Stall stehen keine «scharfen Kühe». Keine Kühe, bei denen man jede Rippe zählen kann. Seine Kühe sollen eine gewisse Fleischigkeit vorweisen. Nef züchtet mit Brown-Swiss-Tieren, sein Zuchtideal bewegt sich aber etwas in Richtung «milchbetontes Original Braunvieh». Er bevorzugt grosse Tiere und legt ein grosses Augenmerk auf das Euter. Vor dem Kalbern bringen einzelne seiner Tiere über eine Tonne auf die Waage. Nef setzt nur bei «mittleren Tieren» auf gesexten Samen. «Wenn man Spitzenkühe mit Spitzenstieren besamt, wird man zumeist enttäuscht. Eine ideale Kuh und ein idealer Stier sind nicht unbedingt ein ideales Paar», weiss er aus Erfahrung. Bei mittleren Kühen sei der Erwartungsdruck weniger hoch.
Auch Glück spielte mit
Die Kuhkälber zieht Nef alle nach. Er tränkt sie im Alter von vier Monaten ab und gibt sie danach an einen Bergbetrieb. Im Alter von 30 Monaten sollten sie dann das erste Mal abkalben. Zuvor kehren sie auf den Herkunftsbetrieb im Dorf Ottikon bei Kemptthal zurück. Diesen hat Nef 1997 von seinem Onkel gekauft und zu Beginn mit nur wenigen Tieren seine eigene Herde aufgebaut. Dabei habe er auch etwas Glück gehabt und von vielen Kuhkälbern profitieren könne. Hätten es die örtlichen Verhältnisse erlaubt, hätte Nef einen Laufstall errichtet. Doch das war nicht der Fall. Für seinen umgebauten Anbindestall mit einer Absauganlage und vier Melkaggregaten hat Nef jedoch an einer Veranstaltung «Brunvieh bi de Lüüt» von Christian Manser höchstes Lob erhalten.
Nef habe das Optimum aus einem alten Stall geholt, sagte Manser im Oktober 2016, der weitherum als Spezialist für Kuhsignale bekannt ist. Da könne man höchstens noch etwas an einzelnen Schräubchen drehen. «Die Schwänze vielleicht etwas länger anbinden.» Das war ein Ratschlag, den Nef von Manser erhielt.
Im Sommer auf der Weide
Nefs Betrieb oberhalb von Kemptthal liegt auf einer Höhe von 580 Metern und umfasst 27 Hektaren. 14 Hektaren sind unter dem Pflug. Weizen, Gerste, Triticale, Eiweisserbsen und Mais stehen in der Fruchtfolge. Dazu kommen Weideland und intensive Kunstwiese. Die 120 Obstbäume sind Bestandteil eines Vernetzungsprojekts. «Sie stören nicht gross», so Nef. «Die Kühe kommen unten durch.» Deren Ration besteht aus Heu und Emd sowie Mais- und Grassilage. Dazu kommt eine Mischung aus Malz, Luzerne und Kakao-Schalen, die Nef von der lokalen Landi herstellen lässt. Im Sommerhalbjahr sind die Kühe während eines halben Tages auf der Weide. Eine Kraftfuttermischung und ein Eiweisskonzentrat ergänzen die Ration. Diese Zusätze dosiert Nef nach Gefühl. Er reduziert sie, wenn die Milchleistung im Verlaufe der Laktation nachlässt.
Knapp vor Höchstmarke
Andreas Nef ist ein Züchter, der seine Tiere auf eine hohe Milchleistung trimmt. Doch Langlebigkeit und Gesundheit sind ihm ebenso wichtig. Er hänge an seinen Kühen, sagt Nef. So erinnert er sich etwa an seine Kuh Sierra. 13 mal hatte sie gekalbt. Mit ihrer Milchleistung stand sie lediglich 2500 Kilogramm unter der Marke von 175 000 Kilogramm. Als Nef bemerkte, dass das 16 Jahre alte Tier zu hinken begann, brachte er es nach langer Beobachtung ins Tierspital. Dort wurde ein gebrochenes Klauenbein diagnostiziert. Nef verzichtete auf eine Operation. Er wollte dem Tier weiteres Leiden ersparen. Er sei «traurig, aber erlöst» nach Hause gefahren, erinnert er sich. Auch von den grossen Viehschauen hat er sich verabschiedet. Übertriebenes Styling und überladene Euter sind nicht seine Sache. «Auch das erneuerte Schaureglement der Arbeitsgemeinschaft Schweizer Rindviehzüchter lässt zu lange Zwischenmelkzeiten zu», kritisiert er. «Wenn Tiere während einer Schau die Milch laufen lassen, dann ist übertriebener Ehrgeiz im Spiel.» Das laufe auf eine Tierquälerei hinaus.