Herr Belk, wie sieht die Hauptstossrichtung der AP 22+ aus Ihrer Sicht aus?

Bernard Belk: Die Agrarpolitik 22+ möchte die agrarpolitischen Rahmenbedingungen in den Bereichen Markt, Betrieb und Umwelt verbessern. Damit soll die Land- und Ernährungswirtschaft Chancen eigenständiger und unternehmerischer nutzen können, die Wertschöpfung am Markt steigern, die betriebliche Effizienz erhöhen und Umweltbelastung sowie Verbrauch von nicht erneuerbaren Ressourcen weiter reduzieren. Der Bundesrat unterstützt also eine nachhaltige, produzierende und mehrwertgenerierende Landwirtschaft und schafft somit die Rahmenbedingungen für eine bessere Positionierung der Landwirtschaft in der Zukunft.

Sie sagten, die AP 22+ soll auch eine Antwort auf die Trinkwasserinitiative sein. Reicht das?

Ich wage keinen Blick in die Kristallkugel, aber die AP 22+ umfasst ein umfangreiches Massnahmenpaket, das den Anliegen der Initianten Rechnung trägt. Ziel ist es, die Vorteile der AP 22+ so zu kommunizieren, dass sie als eine effektive Agrarpolitik wahrgenommen wird, um die Landwirtschaft noch nachhaltiger zu gestalten – ohne einen Schock auszulösen, wie es mit den Initiativen der Fall wäre. Schlussendlich werden die Schweizerinnen und Schweizer über die Initiativen entscheiden.

Es entsteht der Eindruck, dass der Druck auf die Tierhaltung, insbesondere auf die Rindviehhaltung, steigt. Was sagen Sie dazu?

Die finanzielle Mittelverteilung pro Zone soll im Vergleich zur heutigen Agrarpolitik stabil bleiben. Die stärkere Unterstützung des Berggebiets, also hauptsächlich für Nutztierhaltung, die mit der AP 14–17 erfolgt ist, wird somit fortgeführt.

Bei den weiterentwickelten und neuen Produktionssystemen werden nicht alle Betriebe im gleichen Ausmass teilnehmen können oder wollen. So werden beispielsweise die Anstrengungen zur Reduktion des PSM-Einsatzes vor allem von Ackerbau- und Spezialkulturbetrieben erbracht. Die neuen Tiergesundheitsbeiträge kommen Betrieben mit Nutztieren zu Gute. Für die Betriebe, die mehr Zeit benötigen, um an diesen Produktionssystemen teilzunehmen, wird ein Teil der Differenz durch die vorgesehenen Übergangs-beiträge abgefedert.

Es wurde und wird immer wieder betont, dass der administrative Aufwand für die Bauern sinken soll. Welche konkreten Massnahmen sollen da Abhilfe schaffen?

Ein grosser Schritt wird mit der Einführung eines risikobasierten Kontrollsystems für landwirtschaftsrechtliche Kontrollen gemacht. Ziel ist, die Effekte der risikobasierten Kontrollen zu erhöhen und gleichzeitig die Basiskontrollen um 15 bis 20 Prozent zu reduzieren. Weitere Schritte zu einem noch risikobasierterem Kontrollsystem werden zusätzlich geprüft.

Der Bundesrat schlägt noch andere Vereinfachungen vor: Zum Beispiel sind im Bereich der Strukturverbesserungen Massnahmen zur Reduktion des administrativen Aufwandes der Kantone vorgesehen. Insbesondere die Pflicht zur Stellungnahme sowie die Einsprache-möglichkeit des BLW bei Investitionskrediten und Betriebshilfedarlehen unter dem Grenzbetrag sollen aufgehoben werden.

In den letzten sechs Monaten und zu verschiedenen Vorschlägen bezüglich Produktionssystemen, regionalen Strategien, Biodiversität, landwirtschaftlichen Versicherungen und Sozialversicherungen hat das BLW im Rahmen von Workshops eng mit der gesamten Branche zusammengearbeitet. Es wurden über 22 Workshops mit Fachexperten durchgeführt, in Gruppen von durchschnittlich 20 Personen. Ich habe die Teilnehmenden immer gebeten, sich auf wirksame Massnahmen zu konzentrieren und den Verwaltungsaufwand zu begrenzen. Ich bin der Meinung, dass die Arbeitsgruppen diese beiden Ziele erreicht haben. 

Das Interview wurde schriftlich geführt.