Zweimal wöchentlich steht Cornelia Höpli früh auf. Ihr Mann Beat bringt ihr dann mit dem Tankwagen 500 bis 600 Liter frisch gemolkene Rohmilch vom etwas entfernten Stall zum Wohnhaus. Diese wird im Milchverarbeitungsraum mit einer Dampf-Erhitzungsanlage auf 74 Grad erhitzt, um Keime und Bakterien abzutöten. In einem weiteren Vorgang wird homogenisiert. Dabei werden die Fettmoleküle gespalten, so dass die Milch nicht mehr aufrahmen kann. «So behandelt, hält sich die Milch im Kühlschrank zehn Tage», erklärt Cornelia Höpli fachmännisch. Anschliessend wird die Pastmilch von der Bäuerin oder ihrem Mann in 1-Liter-Flaschen oder in 10-Liter-Beutel abgefüllt und von einem pensionierten Chauffeur mit einem Kühlanhänger zu den Kunden verteilt.
Wenn Cornelia Höpli die Milchverarbeitung auf ihrem Betrieb schildert, leuchten ihre Augen. «Heute sind wir stolz, dass wir vor drei Jahren den Mut hatten, diese Anlage aus einer stillgelegten Käserei zu kaufen und uns auf das Experiment der Milchpasteurisierung einzulassen», sagt die Vierzigjährige.
Bald sind Höplis zu viert
An diesem kalten Januarmorgen hat Cornelia Höpli das Milchpasteurisieren bereits erledigt. Ihre zweieinhalbjährige Tochter Ronja ist mit der Schwiegermutter unterwegs. Für einen Moment macht es sich die Bäuerin gemütlich. «Bald gibt es Veränderungen in unserer Familie», erzählt sie und zeigt auf ihren Bauch. «In ein paar Wochen sind wir zu viert, und deshalb haben wir vor, eine Frau einzustellen, die mich bei den gröbsten Arbeiten entlastet.» Da ihre Schwiegereltern pensioniert sind und weil sie für eine Weile etwas kürzertreten wird, haben sie einiges organisieren müssen. So habe man auf dem Hof nun auch einen Lehrling.
Cornelia Höpli ist in der Stadt Schaffhausen aufgewachsen. Die Landwirtschaft hat sie bei den Grosseltern kennengelernt. Früh begann sie zu reiten. Dieses grosse Hobby ist bis heute geblieben. Nach der Berufsausbildung zur Tiermedizinischen Praxisassistentin zog sie ins Klettgau, das sie heute noch über alles liebt und dem sie seit 14 Jahren treu blieb. «Das Klettgau hat es mir wirklich angetan: die Leute, das Vereinswesen, die Gegend», sagt sie. «Ich dachte damals, dass ich nie mehr von dort wegziehen würde.»
Die Bäuerin liebt grosse Gefährte
Auf einem Lohnbetrieb in der Gegend begann sie aushilfsweise zu arbeiten. Speziell das Traktorfahren, das sie neu lernte, hatte es ihr angetan. Auch beruflich veränderte sie sich. Sie absolvierte die Ausbildung zur Krankenschwester, wohnte aber weiterhin in Gächlingen SH, dem kleinen Dorf im Klettgau. Jede freie Minute verbrachte sie nebst der Ausbildung auf dem Lohnbetrieb, fuhr mit Traktoren, machte die Lastwagenprüfung, pflegte ihre Freundschaften und Hobbys.
Auch als ausgebildete Krankenschwester blieb sie dem Lohnbetrieb treu. Cornelia Höpli pflegte ihre «Work-Life-Balance» zwischen Spital, Natur und dem Handel mit landwirtschaftlichen Produkten. «Das Marketing habe ich dort gelernt», erzählt sie. Trotz der schönen Zeit wollte sie noch etwas anderes sehen und flog nach Australien. Nach einem Praktikum auf einer Pferdefarm bereiste sie mit einer Kollegin das Outback. Zurück in der Schweiz lernte sie dann den Mann kennen, dem es gelang, sie vom heiss geliebten Klettgau in den kleinen Weiler Weihern bei Wittenwil im Thurgau zu lotsen. 2016 zog sie zu Beat Höpli auf den Hof, den dieser bereits seit einigen Jahren von seinen Eltern übernommen hatte.
Im Thurgau angekommen
Auf dem silofreien Betrieb leben rund 80 Tiere. Knapp 50 Milchkühe sowie Aufzucht- und Mastkälber. Angebaut werden nebst dem Futter für die Tiere, Mais, Raps und Getreide. Zudem haben Höplis 82 Hochstamm-Mostobstbäume. Der Fleischverkauf ab Hof war Cornelia Höplis Aufgabe und dabei merkte sie, dass Regionalprodukte gefragt sind. Ein Artikel in der landwirtschaftlichen Presse über einen Betrieb mit eigener Milchverarbeitung motivierte sie, diese Idee zu übernehmen.
Hilfe bei Vermarktung von Regionalprodukten
Cornelia Höpli begann die Suche nach Käufern von Pastmilch, die sie auch als Heumilch vermarkten darf. «Nachdem ich drei grössere Abnehmer gefunden hatte, bauten wir einen entsprechenden Produktionsraum, schafften einen Kühlanhänger sowie die Pasteurisationsanlage an und starteten das grosse Vorhaben», erzählt sie. Eine neu angeschaffte Abfüllanlage erleichtert ihnen heute die Arbeit. Später richteten Höplis einen kleinen Hofladen mit Kühlschrank und Tiefkühltruhe für eigene Produkte wie Fleisch, Milch und Süssmost sowie verschiedene andere Artikel aus der Region.
Vor ein paar Monaten wurde Cornelia Höpli in den neu gegründeten Verein «Tannzapfenland» in den Vorstand gewählt. Sie hilft dort anderen Betrieben, ihre Produkte erfolgreich zu vermarkten: «Es ist wichtig, der Kundschaft auch die Hintergründe der Produkte zu vermitteln und damit die Nachhaltigkeit zu stärken.»