Joy Stäger überlegt nicht lange und sagt zu – ja, klar macht sie mit bei einer Reportage für die BauernZeitung. Es muss aber schnell gehen, sie hat gerade noch einen Termin frei für ein Treffen, bevor sie als Küchenchefin in ein Sommerlager fährt. «Aber ich bin keine klassische Bäuerin mit einem Hof», schiebt sie nach.

Gerade das interessiert: Warum hat sie als Stadtkind die Bäuerinnenschule absolviert mit dem Ziel der Berufsprüfung, ohne bäuerlichen Hintergrund und ohne Landwirt als Partner? Ihr Ehemann ist zwar Bauernsohn, aber von Beruf Lehrer.

Sie liebt Abwechslung

«Ich wollte beruflich noch etwas Neues machen und die Ausbildung zur Bäuerin fasst alle meine Hobbys zusammen», erzählt Joy Stäger beim Gespräch auf dem Loorhof in Lupfig. Der Landwirtschaftsbetrieb ist auf Obst spezialisiert und baut für den Verkauf im gepflegten Hofladen verschiedene Spezialkulturen an.

Dort arbeitet Joy Stäger seit über zwei Jahren einen halben bis einen ganzen Tag pro Woche. Einerseits, um die nötige Praxiszeit für die Berufsprüfung Bäuerin zu absolvieren, andererseits ist es für sie auch eine Abwechslung zu ihrem Erstberuf als Augenoptikerin. Und Abwechslung liebt die 25-Jährige.

Chic angezogen Kundschaft bedienen und am nächsten Tag in Gummistiefeln auf dem Hof arbeiten – «das ist eine perfekte Mischung für mich», lacht sie. Wobei sie auch als Optikerin handwerklich tätig sei, stellt sie noch klar, «da habe ich jeden Tag einen Schraubenzieher in der Hand».

Ab und zu in die Stadt

Joy Stägers Ehemann kommt aus der Region, seinetwegen ist sie in den Aargau gezogen. Das Paar lebt in Hausen in einer Wohnung. Sie selber ist in Winterthur aufgewachsen. Ab und zu wird es ihr auf dem Land zu ruhig, dann macht sie einen Abstecher nach Zürich und geniesst den Betrieb und die Menschenmenge in der Stadt.

Drei Tage als Augenoptikerin im Geschäft, ein Schultag am LZ Liebegg und ein Arbeitstag auf dem Loorhof – das war in den vergangenen zwei Jahren Joy Stägers Arbeitswoche. «Alle fanden das total cool, dass ich die Bäuerinnenschule besuchte, selbst die grössten Stadtmenschen.»

«Bäuerinnen brauchen nicht erst eine Sitzung, um anzupacken.»

Die Leute seien sehr interessiert an der Landwirtschaft, Selbstversorgungsthemen stünden hoch im Kurs. «Aber ich musste auch immer wieder erklären, dass es mehr ist als ein bisschen kochen. Dass der Beruf der Bäuerin tausend Facetten hat und es nicht einfach die Bäuerin gibt.»

Ziel ist die Berufsprüfung

Diesen Sommer hat Joy Stäger den Fachkurs Bäuerin abgeschlossen, das nächste Ziel ist die Berufsprüfung. Auch wenn kein Landwirtschaftsbetrieb in der Familie zur Übernahme in Aussicht steht: «Man kann nie wissen», sagt die junge Frau.

Vielleicht wird eines Tages noch eine Bäuerin mit Bauernhof aus ihr. «Direktvermarktung und Agro-Tourismus würden mir sehr gefallen», erzählt sie. Und ihr Mann könnte sich eine Kombination von Landwirtschaft und Time-Out-Plätzen vorstellen.

Nicht reden, machen

In ihrer Freizeit macht Joy Stäger regelmässig Jugendarbeit; Rennen, Biken und Fitness sind weitere Hobbys. «Ich schaue gerne in andere Welten hinein», sagt sie über sich. Was sie dabei von den Bäuerinnen gelernt hat: «Nicht über Dinge reden, sondern machen. Die brauchen nicht erst eine Sitzung, um anzupacken.»

Wobei Planen und Besprechen natürlich auch ihren Stellenwert hätten. «Früher habe ich total Freestyle gekocht», nennt sie als Beispiel, seit der Bäuerinnenschule gehören die Einkaufsliste und ein Menüplan zu ihrem Alltag. Obwohl sie schon eine geübte Köchin war, habe ihr das Modul Ernährung und Verpflegung viel gebracht, allein schon für die Menüberechnung im Sommerlager. Zwei Personen am Tisch oder 85 ist halt schon ein Unterschied.

Kochen auf dem Feuer

Auf das Lager mit Kindern und Jugendlichen freut sie sich riesig. Ihre Eltern haben es vor über 20 Jahren gegründet, sie war von Klein auf dabei, als Teilnehmerin, dann Küchenhelferin und jetzt eben Küchenchefin. «Für den Kopf ist das die pure Entspannung. Aber ja, körperlich anstrengend», erzählt sie.

Die ersten drei Tage ist die Gruppe unterwegs und Joy Stäger kocht auf dem Feuer. Allein. Ihr Partner war als Helfer vorgesehen und muss nun stattdessen als Zivildienstler Unwetterschäden aufräumen. Danach gibt es im Lager drei Helfer und eine Kochgelegenheit mit Gas, berichtet die junge Frau, während sie sich für das Foto noch rasch in den Blumen- und Kräutergarten auf dem Loorhof stellt.

Nach der verregneten Nacht drückt gerade rechtzeitig für das Foto die Sonne durch. Das Lagergelände sei ein ziemlicher Sumpf nach den Niederschlägen der vergangenen Woche, weiss sie. Aber das Wetter sei gar nicht so wichtig: Solange das Leiterteam funktioniere, sei die Moral bei den Teilnehmenden gut.

Auch sie wird ihren Beitrag dazu leisten, mit herzhaftem Essen und mehr: «Die Heimwehkinder kommen gerne zu mir in die Küche, dort ist es ihnen am wohlsten».