Schon als Kind war für Valentina Gasser klar, dass sie die landwirtschaftliche Ausbildung machen wollte. Sie ist zwar nicht auf einem Bauernhof aufgewachsen, hat aber sehr viel Zeit auf dem Betrieb ihrer Grosstante Ursula Kramer in Rafz ZH verbracht. Heute hält sie dort eine gemischte Ziegenherde mit weissen, fleischbetonten Appenzeller Ziegen, einigen Gämsfarbenen Gebirgsziegen, einer Bündner Strahlenziege und zwei Stiefelgeissen.

Seit wenigen Tagen gehören zwei frisch abgesetzte Junggeissen zur Gruppe. Mit lautem Plärren und Meckern beklagen sie die Trennung von ihrer Mutter, werden sich aber bald eingewöhnen. Die Ziegen sind im alten Milchviehstall untergebracht, jede Rasse für sich mit artgerechten, erhöhten Liegeplätzen. Daneben, um den alten Schweinestall herum, stehen grosse Töpfe mit leuchtend roten Tomaten. Drinnen ist in den letzten Tagen ein gemütliches Stübli für die junge Frau entstanden.

Gleich daneben sind die neun verschieden farbigen Hühner untergebracht. "Ich könnte deutlich mehr Eier verkaufen und darum überlegen wir, wie wir die Hühnerhaltung erweitern können; vielleicht mit einem alten Bauwagen," meint die 25-jährige Jungbäuerin. Der Schutz vor dem Fuchs sei jedoch sehr wichtig, so nahe beim Wald, erklärt sie weiter.

Ausbildung mit Hindernissen

"Als ich als Jugendliche darauf bestand, die Lehre zur Landwirtin zu machen, versuchten viele mich davon zu überzeugen, dass ich doch etwas anderes lernen solle; wenigstens als Erstausbildung", erzählt Valentina Gasser. Sie habe in verschiedene Berufe hineingeschnuppert. Aber sie konnte sich ihre Zukunft weder als Sportartikelverkäuferin, als Zierpflanzengärtnerin noch als Fachperson Betreuung vorstellen. "Ich bin dankbar, dass ich mir Zeit für die Berufsfindung geben konnte, auch während des zehnten Schuljahrs."

Das erste Lehrjahr hat die junge Frau auf einem Demeter-Hof absolviert: "Ich wollte mir eine eigene Meinung über diese Art der Landwirtschaft bilden." Leider erlitt sie dort einen Arbeitsunfall, der nicht nachhaltig kuriert wurde. Während des zweiten Lehrjahres führte dies zu Beschwerden. Erst nach einem sechswöchigen therapieintensiven Aufenthalt in einer Rehaklinik war sie wieder voll einsatzfähig.

Das nachgeholte zweite und auch das dritte Lehrjahr absolvierte Valentina Gasser im Kanton Schaffhausen. "Unterdessen wusste ich, was mir wichtig war betreffend Ausrichtung und Mechanisierung eines Betriebs." Sie habe gelernt, auf ihren Körper zu achten, ergänzt sie. "Das dritte Lehrjahr bleibt mir in sehr guter Erinnerung, auch bezüglich des respektvollen Umgangs zwischen den Familienmitgliedern am Ausbildungsort."

Wissenslücken geschlossen

Nach dem Abschluss der Grundausbildung liess sich Valentina Gasser über den Maschinenring auf verschiedenen Betrieben einsetzen und erweiterte ihren Erfahrungsschatz. Wider Erwarten gingen die Aufträge zurück und so entschloss sich die junge Frau, im Februar die Vollzeitausbildung Bäuerin am Strickhof in Angriff zu nehmen.

Begeistert erzählt sie, wie sie in den Fächern Betriebslehre und Recht viel profitiert habe, auch das Kochen habe ihr gefallen. Sie habe viel gelernt bei komplexeren Gerichten wie Braten und andere Fleischrezepten. "Von klein an war ich oft mit meiner Mutter oder meiner Grosstante in der Küche. Ich koche gerne und achte auf die Saisonalität. Wenn ich künftig einen eigenen Garten habe, wird sich das noch verstärken," ist sie überzeugt.

Pläne, Ziele und Träume

Bis Ende Oktober, bis die Kartoffeln fertig geerntet sind, ist Valentina Gasser auf einem Betrieb im Zürcher Weinland angestellt. Gleichzeitig sucht sie eine neue Anstellung, bis sie voraussichtlich 2021 den Hof ihrer Grosstante übernehmen kann. Zurzeit laufen dort noch Pachtverträge. Motiviert und interessiert an Neuem sieht sich die Landwirtin im Verkauf oder Handel in einer landwirtschaftsnahen Branche. Sie wolle die Zeit noch nutzen, um etwas Geld zu verdienen. "Vielleicht bin ich später auch froh um diese Berufserfahrungen, wenn ich allenfalls Teilzeit auswärts arbeite", ergänzt sie.

Zusammen mit ihrem Freund, der Zimmermann und Landwirt gelernt hat, will sie auf ihrem Betrieb Mutterkuhhaltung mit Original Braunvieh betreiben. Oder vielleicht mit Galloways? Die Ziegenherde zur Produktion von Gitzifleisch soll weiterentwickelt und optimiert werden. Ein kompetenter Metzger in der Region schlachtet die Tiere und zerschneidet das Fleisch. "Wir hoffen, dass wir unseren 20-Hektaren-Betrieb zu einem späteren Zeitpunkt vergrössern können."

Ihr ganz persönlicher Traum ist es, irgendwann ein duftendes Lavendelfeld zu haben. "Bis dahin habe ich noch etwas Zeit, mir einen Abnehmer für die duftenden Blüten zu suchen oder meinen Traum eine Weile auf Eis zu legen" meint Valentina Gasser lachend.