Obwohl einige Reiselustige das Klettgau schon vor Jahren für sich entdeckt haben, gilt es nach wie vor als Geheimtipp. Der Lauf- und Sportverein (LSV) Uetendorf BE gehört zur Gruppe der Frühentdecker. Vor 15 Jahren hat er über Auffahrt erstmals im Gästehaus "Berghof" in Hallau SH logiert und ist seither ohne Unterbruch Jahr für Jahr zurückgekehrt. "Hier geniessen wir nur Vorteile: keinen Auffahrts-Stau, absolute Ruhe im eigenen Gruppenhaus, prima Bikerouten und tolle Laufstrecken", erklärt ein Mitglied der Gruppe. Christine Alder, die das Gästehaus vor neun Jahren übernommen hat, sind die Frauen und Männer des LSV Uetendorf ans Herz gewachsen. Zusammen mit ihrem Mann René lädt sie die Gruppe am Abend zu einem Jubiläums-Apéro ein. Nebst einem feinen Tropfen aus dem eigenen Rebberg überrascht die Bäuerin mit hauseigenem Gebäck.
Ab und zu runter vom Berg
Christine Alder ist in Schleitheim SH, unweit von Hallau, aufgewachsen. An der dortigen Chilbi hat sie ihren Mann René Alder kennengelernt. "Meine spontane Zusage, ihm nach einer durchtanzten Nacht am Morgen beim Melken zu helfen, hat ihn wohl schwer beeindruckt", erzählt die vierfache Mutter schmunzelnd. Obwohl sie die Stallarbeit nicht scheut und öfters aushilft – dann wenn René, der in verschiedenen bäuerlichen Organisationen engagiert ist, unterwegs ist – liegt eine klare Arbeitsteilung vor. Sie ist für das Gästehaus, den Familienhaushalt, den Garten und die kleineren Hoftiere – Hühner, Zwergziegen usw. – zuständig. Er kümmert sich um den 45 Hektaren grossen Landwirtschaftsbetrieb mit rund 100 Kühen und Kälbern, Ackerbau und Reben sowie um die Büroarbeit.
Auf dem Betrieb werden Alders von zwei Lernenden unterstützt. "Im Normalfall koche ich für sechs bis acht Personen", erklärt die 47-Jährige. "Im Gästehaus habe ich aufgehört zu kochen. In den allermeisten Fällen vermieten wir an Gruppen und die kümmern sich selber um ihre Verpflegung." Falls mal Einzelpersonen um eine Übernachtung anfragen, ist Christine Alder gerne bereit, ein Frühstück aufzutischen. Die gelernte Topf- und Schnittpflanzengärtnerin mit Wirteprüfung arbeitet zwar fürs Leben gern und wenn sie etwas macht, dann richtig. Halbe Sachen mag sie nicht.
Während ihre Gäste meist schon das eine oder andere auf dieser Welt gesehen haben, ist Christine Alder ihrer Heimat nie lange fern geblieben. "Mir gefällt es hier, und ich arbeite sehr gern mit den Händen." Trotzdem schafft sie es ab und zu runter vom Berg. Sei es für Einkäufe oder für das Amt als Co-Präsidentin der Hallauer Landfrauen, das sie allerdings nächstes Jahr abgeben möchte. Zudem besucht sie, wenn möglich, einen Abend pro Woche in Oberhallau einen Bauch-, Beine- und Po-Kurs. "Wir sind eine lustige Gruppe mit jungen und weniger jungen Frauen, die nebst dem Sport zweimal pro Jahr etwas essen gehen. Das tut sehr gut." Weitere Aktivitäten liegen für Bäuerin im Moment nicht drin. Für sie kein Problem: "Nach getaner Arbeit verziehe ich mich gerne noch ein paar Stunden in den Garten, um dann zu später Stunde auf unserem Sitzplatz ein Bier oder ein Glas Wein zu trinken und die schöne Aussicht zu geniessen. Mehr brauche ich wirklich nicht zum Glücklichsein."
Gästehaus mit Geschichte
Das Gästehaus "Berghof" hat eine lange Geschichte, die Christine Alders Tochter Simone in ihrer Sek-Abschlussarbeit unter dem Titel "Vom Armenhaus zum Gästehaus" zusammengetragen hat. 1832 beschloss die Gemeinde Hallau oben auf dem Berg, möglichst weit weg vom gepflegten Dorfleben, ein Armenhaus zu bauen. Rund 100 Jahre später ging es dann in ein gemütliches Alters- und Bürgerheim über, das 1988 runter ins Dorf in einen Neubau dislozierte. Als Gästehaus wird der "Berghof" erst seit 2004 genutzt. In den Jahren dazwischen gab es verschiedene Zwischennutzungen.
2010 übernahmen René und Christine Alder den Hof und das Gästehaus von Renés Eltern. Gemeinsam teilen sich die Generationen das ehemalige Verwalterhaus. Die junge Familie wohnt unten, die Grosseltern und die Lernenden oben. Christine und René Alder haben in den vergangenen Jahren im Gästehaus einige Sanierungen vorgenommen. Das Haus ist aufgeteilt in zwölf Zimmer mit insgesamt 28 Betten sowie zwei Ferienwohnungen à fünf und à sieben Betten. Es ist rollstuhlgängig, verfügt über mehrere Pflegebetten und Behindertengerechte Dusch- und WC-Anlagen. Nicht zuletzt deshalb ist es in der Hauptsaison zwischen Ostern und Oktober fast immer ausgebucht von (heilpädagogischen) Schulen, Vereinen, Insieme-Gruppen, usw. "Zugegeben – hin und wieder wird es selbst mir zu viel. Die Arbeit mit den Gästen ist über die Jahre anspruchsvoller geworden. Aber unter dem Strich überwiegen die positiven Erfahrungen nach wie vor."