Wenn nach langem Winter die Tage plötzlich länger werden und die Sonne vom blauen Himmel scheint, wärmen wir Körper und Seele auf. Zwei Wochen lang konnten wir dieses Vorfrühlingswetter jetzt geniessen. Es kam ja wie bestellt in diese triste Covid-Zeit, die einfach nicht enden will.
Regeln in der Pandemie
Schon ein Jahr lang hat uns das Virus «Sars-CoV-2» im Griff. Und es führt dazu, dass auch die politischen Wogen in Bern immer höher gehen. Was für ein Kontrast mit der Situation vor einem Jahr. Ratlos und ängstlich agierte das Parlament und es kam so weit, dass es seine Session abbrach und die Mitglieder von National- und Ständerat vorzeitig nach Hause reisten.
Das war eine Kapitulation, die nicht mehr passieren darf. Aber es soll auch nicht mehr passieren, dass sich Bundesrat, Parlament und Parteien wegen einer Pandemie dermassen in die Haare geraten wie zurzeit. Deshalb braucht es Regeln, in welchen Gremien die unterschiedlichen Meinungen ausgetauscht und schliesslich entschieden werden. Es braucht Regeln zur Ausübung von Demokratie unter den erschwerten Bedingungen einer Pandemie. Es braucht eine Pandemie-Ordnung.
Zusammenspiel zwischen Exekutive und Legislative
Das Wichtigste an einer solchen Ordnung ist, auch während einer Pandemie das Zusammenspiel von Exekutive und Legislative zu gewährleisten, damit sich Bundesrat und Parlament die Macht teilen und sich gegenseitig kontrollieren. Die alleinige Zuständigkeit des Bundesrats für die Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie hat sich als eigentlicher Systemfehler erwiesen. Damit will ich überhaupt nicht den Bundesrat kritisieren, nur seine Machtfülle, die keinen geregelten Interessensausgleich mit dem Parlament unter Einbezug der Bevölkerung ermöglichte.
Falsche Annahmen
Bei der Konstruktion des Epidemiengesetzes ging man/frau vermutlich davon aus, dass die Massnahmen erstens technisch klar und alternativlos seien und zweitens nicht lange dauern würden. Beide Annahmen haben sich als falsch erwiesen. Wir haben in einem Jahr Pandemie durch eigenes Erleben im Inland und viele Beispiele im Ausland gelernt, dass ganz unterschiedliche Massnahmen zur Virus-Bekämpfung denkbar sind und dass jede Massnahme ihren Preis hat: gesundheitlich, sozial, gesellschaftlich, wirtschaftlich, finanziell.
Und weil es diese verschiedenen Möglichkeiten zur Pandemiebekämpfung mit ihren unterschiedlichen Folgen gibt, führen sie naturgemäss zu grossen Diskussionen, im Bundesrat, im Parlament, in der ganzen Bevölkerung. In dieser Situation ist es wichtig, dass die Beschlüsse zur Pandemiebekämpfung breit abgestützt sind. Deshalb schlage ich in einer Motion vor, Pandemiebekämpfungsmassnahmen des Bundesrats in Zukunft von National- und Ständerat beraten und beschliessen zu lassen, in dringenden Fällen nachträglich.
Einbezug der Volksvertreter
Zwei essenzielle Dinge wären so gewährleistet. Erstens die Fähigkeit des Bundesrats, bei Bedarf rasch zu handeln. Zweitens die Fähigkeit des Parlaments, die Bekämpfungsmassnahmen breit zu diskutieren und schliesslich die nötigen Entscheide zu fällen. Dieser zweite Punkt hat während der Covid-Pandemie je länger desto schmerzlicher gefehlt. Dadurch fühlte sich auch die Bevölkerung ein Stück weit ausgeschlossen.
Ein Einbezug des Parlaments als Vertretung des Volks könnte die breite Verankerung und Akzeptanz der Massnahmen in der Bevölkerung bei einer zukünftigen Pandemie deutlich verbessern. Niemand müsste mehr das harte Wort «Diktatur» benutzen, dafür dürften wir zu Recht behaupten: «Auch während der Pandemie haben wir die beste Demokratie der Welt.»
Zum Autor
Der SVP-Politiker Jakob Stark sitzt für den Kanton Thurgau im Ständerat. Stark schreibt regelmässig für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.