Die Schweizer Landwirtschaft ist gleichzeitig mit zwei Volksinitiativen konfrontiert, die ihre Existenz direkt bedrohen und über die am 13. Juni 2021 abgestimmt wird. Die Initiative «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung» will die Direktzahlungen für Betriebe streichen, die Pflanzenschutzmittel und Antibiotika verwenden und ihre Tiere nicht mit betriebseigenem Futter versorgen. Die zweite Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» verlangt das Verbot von solchen Pflanzenschutzmitteln für die Produktion und Verarbeitung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, genauso wie für den Import von Lebensmitteln, die mit Pestiziden hergestellt wurden.
Unsere Trinkwasserqualität ist hervorragend
Zur Trinkwasser-Initiative: Die Trinkwasserqualität ist in der Schweiz im weltweiten Vergleich ausgezeichnet. In 98 Prozent der Grundwassermessstellen werden die hohen Anforderungen an den maximalen Grenzwert von Pflanzenschutzmittel-Rückständen eingehalten. Das zeigt die grossen Anstrengungen der Landwirtschaft, die trotz ständig steigender Bevölkerungszahl und damit höherer Nachfrage ihrer ökologischen Verantwortung nachkommt.
Für die Vorgabe der gleichen Initiative, nur noch betriebseigenes Tierfutter zu verwenden, müsste die Produktion von Eiern, Geflügel-, Schweine- und Rindfleisch usw. massiv eingeschränkt werden. Das hätte eine Preissteigerung für diese Produkte zur Folge und würde durch mehr Importe kompensiert werden. Dadurch würde der Selbstversorgungsgrad mit hochwertigen Schweizer Landwirtschaftsprodukten sinken – was kaum im Interesse der Initianten sein dürfte.
Einheimische Produktion würde eingeschränkt
Zur Pestizidverbots-Initiative: Ein vollständiger Verzicht auf synthetische Pflanzenschutzmittel würde die einheimische Produktion von Nahrungsmitteln stark einschränken (gemäss Schätzungen um rund 30 Prozent) und damit die Herstellungskosten steigen lassen. Bei einer Annahme müsste die Schweiz ebenfalls ihre Importe erhöhen, wobei fraglich ist, ob sich überhaupt genügend ausländische Produkte finden liessen, die nie mit Pestiziden in Verbindung gekommen sind.
Initiativen widersprechen sich
Beide Initiativen sind ein Angriff auf die Schweizer Landwirtschaft und zeigen die Widersprüchlichkeit besonders einiger städtischer Kreise. Auf der einen Seite wird eine lokal produzierende Landwirtschaft verlangt, welche immer produktiver werden sollte und deren Verpflichtung es ist, die Versorgung der Bevölkerung gemäss dem 2017 angenommenen Artikel in der Bundesverfassung sicherzustellen. Andererseits verteufelt man die neuen und modernen Produktionsmethoden und setzt die Landwirtschaft fortlaufend neuen Gesetzesanpassungen aus, welche teils grosse Investitionen nach sich ziehen.
Es ist zu hoffen, dass sich die Stimmbevölkerung nicht von den Initianten täuschen lässt, wenn diese während des Abstimmungskampfs im Namen einer angeblichen Rückkehr zur ursprünglichen Natur die innovative einheimische Landwirtschaft an den Pranger stellen. Tatsache ist, dass die Schweizer Landwirtschaft weltweit eine vorbildliche Rolle einnimmt und darauf dürfen wir zu Recht stolz sein!
Zum Autor
Mike Egger ist Fleischfachmann und arbeitet bei der Micarna. Der SVP-Politiker vertritt den Kanton St. Gallen im Nationalrat. Egger schreibt regelmässig für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.