Der Fahrplan für die Abwicklung der Pflanzenschutz-Initiativen muss neu geschrieben werden. "Die Abstimmung findet sicher nicht im Mai statt", sagte Bundesrat Guy Parmelin am Mittwoch an einem Mediengespräch mit Agrarjournalisten. Die Abstimmung dürfte frühestens am 27. September oder am 29. November 2020 stattfinden.
AP 22+ wird unberechenbar
Auslöser für die Verzögerung ist der Ständerat, beziehungsweise dessen Wirtschaftskommission (WAK-S). "Die Detailberatung der beiden Volksinitiativen hat die Kommission bis auf Weiteres verschoben", heisst es in einer Mitteilung der WAK-S, die vor Wochenfrist versandt wurde.
Gleichzeitig hat die Kommission mit 11 zu 2 Stimmen eine Parlamentarische Initiative (PI) beschlossen, die "einen Absenkpfad mit Zielwerten für das Risiko beim Einsatz von Pestiziden gesetzlich verankern" soll. Die Behandlung der PI solle nach Möglichkeit mit der Beratung der AP22+ zusammengelegt werden, heisst es weiter.
Indem der Ständerat die Initiativen auf die lange Bank schiebt, wird es so gut wie unmöglich, den wahrscheinlichen Fahrplan zu skizzieren, wie Parmelin erklärte. Dieser Zeitplan liege in den Händen des Parlaments. Auch einen indirekten Gegenvorschlag hält er noch für durchaus möglich. Wenn der Ständerat in neuer Zusammensetzung nach den Wahlen einen solchen Entscheid fälle, müsse dieser zurück in den Nationalrat. Dieser hat Initiativen und Gegenvorschläge zwar schon im Juni deutlich abgelehnt. Da er aber ebenfalls frisch und wahrscheinlich linksgrüner zusammengesetzt sein wird, würde es Parmelin nicht erstaunen, wenn in einem allfälligen zweiten Umgang anders entschieden würde, wie er am Mittwoch andeutete. "Man kann sich alles vorstellen", sagte er am Mediengespräch.
Unberechenbarer wird mit der neuen PI auch die Behandlung der AP 22+, wie Parmelin ausführte. Denn obwohl sie nach der Abstimmung über die Pflanzenschutz-Initiativen stattfinden dürfte, ist sie ein neues Druckmittel im Kampf für schärfere Gesetzesvorschriften in Sachen Pflanzenschutz. Für Parmelin ist deshalb umso wichtiger, dass der bereits beschlossene Aktionsplan und die vom Bundesrat für AP 22+ vorgeschlagenen Zusatz-Massnahmen wie der Absenkungspfad für Nitrat und Phosphor umgesetzt werden. Nur so habe man ein politisches Pfand, um die schädlichen Initiativen abzulehnen.
Kritik am Vorgehen des Bafu
Die WAK-S stand beim Entscheid offenbar unter dem Einfluss des kürzlich publizierten Bafu-Berichts zur Grundwasserqualität (Naqua). "Ein griffiger Grundwasserschutz ist der WAK-S ein wichtiges Anliegen", heisst es in der PI. Parmelin kritisierte, dass das Bafu bei den Grundwassermessungen schärfere Methoden anwende als das übrige Europa und verteidigte das heimische Nass: "Unser Wasser ist nicht vergiftet. Das ist eine komplett falsche Behauptung!"