Vor knapp einem Jahr ist Martin Haab auf schriftlichem Weg als Nachfolger von Hans Frei zum Präsidenten des Zürcher Bauernverbands gewählt worden. Im April dieses Jahres hat Haab seine erste Delegiertenversammlung des ZBV geleitet. Beide Versammlungen konnten wegen Corona nicht in Anwesenheit der Delegierten stattfinden – genauso, wie zahllose andere Anlässe in den vergangenen Monaten. Martin Haab bedauert dies. Ihm fehlen solche Treffen und Versammlungen, die auch einen geselligen Charakter haben. Zoom-Meetings, wie sie der ZBV einige organisiert hat, könnten den direkten Kontakt und den Meinungsaustausch unter den ZBV-Mitgliedern nicht ersetzen.

Kein Höck im eigenen Bezirk

Martin Haab wurmt es besonders, dass der auf den 11. Mai geplante Puure Höck, der in «seinem» Bezirk Affoltern hätte stattfinden sollen, wegen Corona ausfallen muss. Jährlich organisiert der ZBV vier solche Höcks, die jeweils von einigen 100 seiner Mitglieder besucht werden.Zwar sind eine Betriebsführung und ein Informationsblock feste Bestandteile eines Puure Höcks. Ebenso wichtig ist aber der informelle Teil, das zwangslose Zusammensein bei Speis und Trank.

Wegen Corona mussten auch verschiedene kontroverse Podiumsdiskussionen im Vorfeld zu den beiden Initiativen vom 13. Juni abgesagt werden. Auch solche verbalen Auseinandersetzungen vor Publikum vermisst Haab. Der Disput in einem Saal, in dem die Reaktionen des Publikums auf ein Votum fühl- und hörbar sind, ist unmittelbarer und direkter als eine kontrovers angelegte Debatte in digitaler Form. Haab geht aber nicht davon aus, dass die Befürworter der Vorlagen vom Wegfall solch kontradiktatorischer Veranstaltungen profitieren. «Auch ihnen fehlt der physische Kontakt zu ihrer Basis», stellt er fest.

 

Grosses Interesse an SBV-Vizepräsidium

Martin Haab ist «sehr motiviert», den offenen Posten eines Vizepräsidenten des Schweizer Bauernverbands (SBV) zu übernehmen. «Dass dieser Sitz an die SVP geht, ist unbestritten», sagt er. Zudem sei eine Mitgliedschaft im Nationalrat für dieses Mandat sehr hilfreich.

Man könne sich allenfalls fragen, ob nach dem Zürcher Hans Frei schon wieder ein Zürcher in dieses Amt gewählt werden solle, sagt Haab – zumal in der Person des Aargauer Alois Huber ein weiterer Landwirt und SVP-Nationalrat für dieses Amt kandidiert.

Für ihn spreche, dass er seit sieben Jahren dem Vorstand der SVP Schweiz angehöre, argumentiert Martin Haab. Damit verfüge er von allen Kandidaten über die engsten Kontakte zur wählerstärksten Partei der Schweiz, die eng mit der Landwirtschaft verbunden sei, so Haab.

Neben den beiden bäuerlichen SVP-Nationalräten kandidieren auch Thomas Roffler und  Hans Jörg Rüegsegger für dieses Amt. Roffler ist Präsident des Bündner Bauernverbands. Rüegsegger ist der oberste Berner Bauer.

 

Eingespieltes Team

Gegenwärtig steht der Abstimmungskampf gegen die Trinkwasser- und Pestizidverbots-Initiative zuoberst auf der Prioritätenliste des 59-jährigen Bauernpräsidenten. Martin Haab ist überzeugt, dass die über 3000 Mitglieder des ZBV in der Schlussphase der Kampagne gegen die beiden Initiativen aktiv, engagiert und geschlossen auftreten werden. Ein Treffen mit den Präsidenten der Bezirksverbände habe gezeigt, dass der Grad der Mobilisierung hoch sei. Zudem seien die ZBV-Mitglieder gut über die Materie informiert und seien in der Lage, kompetent gegen die beiden Initiativen zu argumentieren. «Da lassen wir nichts anbrennen», sagt Haab, der hofft, dass auch der städtisch geprägte Kanton Zürich die beiden Initiativen ablehnen wird.

Mit seinen viel beachteten Naturtalent-Filmen auf Facebook habe der ZBV eine gute Vorarbeit geleistet. Aber auch nach dem 13. Juni wird die politische Agenda für den Bauernverband herausfordernd bleiben. Haab nennt nur ein Stichwort: «Massentierhaltungs-Initiative.» Bei diesen Herausforderungen, aber auch in allen anderen Belangen, könne er sich auf ein eingespieltes und effizient arbeitendes Team auf der ZBV-Geschäftsstelle in Dübendorf verlassen, betont Haab. «Das vermittelt Sicherheit und ermöglicht ein effizientes Arbeiten.»

Kampf um Anbauflächen

Die Politik des ZBV ist auf kantonaler Ebene seit Jahren vom Kampf für die Erhaltung der Fruchtfolgeflächen geprägt. Das wird auch unter Martin Haab so bleiben. Das liege am starken Druck auf die Landwirtschaftsflächen, der von einer prosperierenden Wirtschaft und einer wachsenden Wohnbevölkerung ausgehe, sagt Haab. Das liege aber auch an der Fachstelle Naturschutz des Kantons, die von «sehr forschen» Leuten geprägt sei. Diese würden «einen überrissen hohen Anteil an Naturschutz- und Biodiversitätsförderflächen» anstreben. «Das findet alles auf Landwirtschaftsland statt. Da müssen wir Gegensteuer geben.» Dazu kommt, dass das Zürcher Kantonsparlament nach den Wahlen von 2019 linker und grüner geworden ist. Da erwächst dem ZBV, der für eine produzierende Landwirtschaft einsteht, mehr Widerstand als in früheren Legislaturen – zumal auch Baudirektor Martin Neukom, dem die Landwirtschaft unterstellt ist, ein Grüner ist.

Der Widerstand des ZBV im Kampf gegen Kulturlandverlust richtet sich zunächst einmal gegen drei im Zuge des Ausbaus der Zürcher S-Bahn geplanten Serviceanlagen. Diese Anlagen in Bubikon, Hombrechtikon und Eglisau sind auf Landwirtschaftsland geplant. Ein Eintrag in den kantonalen Richtplan soll möglichst verhindert werden. Gar kein Verständnis hat Haab dafür, dass es unter einem grünen Baudirektor möglich war, in Regensdorf Landwirtschaftsland umzuzonen. Dies, um den Bau eines Freizeit- und Surfparks zu ermöglichen.

Einfluss nehmen

Martin Haab möchte ein Präsident für alle Zürcher Landwirte sein. Nach seiner Wahl hat er deshalb das Präsidium der Milchproduzentenorganisation Big-M abgegeben. An der Arbeit im Nationalrat schätzt Haab, dass in jeder Session Themen behandelt werden, die die Landwirtschaft betreffen und auf die man Einfluss nehmen kann. Haab hat seinen Milchwirtschaftsbetrieb mit Aufzucht und Ackerbau auf Anfang Jahr an seinen Sohn übergeben, arbeitet aber weiterhin als Angestellter in einem guten 50-Prozent-Pensum auf dem Betrieb.