«Wir sind die einzigen», sagt Benjamin Dubosson beim Kaffee in der Bauernküche. «Die einzigen Bergbauern und die einzigen Romands.» Unter 59 eingereichten Projekten wählte die Jury den Familienbetrieb in Troistorrens aus dem Wallis als einen von sechs Nominierten für den diesjährigen Prix Montagne aus.
«Wir möchten vergrössern», erklärt der 30-jährige Vater von zwei Kindern auf die Frage, warum sich die Familie für den Preis beworben hat. Sie hätten das Dossier Anfang April eingeschickt. «Schon drei Wochen später bekamen wir Bescheid, dass wir bei den Nominierten sind.»
Generationenwechsel
Benjamin Dubosson hat den Hof in 3. Generation im vergangenen Jahr übernommen. Zum Betrieb gehören eine Alp auf 1650 m ü. M., 25 Hektaren Land und 15 eigene Kühe. Während der Alpsaison kommen 30 Kühe von anderen Landwirten dazu. «Bis zur Hofübergabe war er bei uns angestellt. Jetzt ist es umgekehrt», sagt seine Mutter Gaby Brégy, die mit ihrem Mann Irénée mit am Tisch sitzt.
Sie hatte vor rund 13 Jahren in der Alp-Küche die Idee, aus der überschüssigen Milch und selbst gemachter Konfitüre Joghurts zu produzieren. Denn die Milchpreise fielen so in den Keller, dass die Selbstkosten für die Tierhaltung kaum mehr gedeckt wurden. Die hausgemachten Joghurts verkauften sie direkt ab Hof und in der Dorfladen-Kooperative von Troistorrents.
Bald stieg die Nachfrage. Weitere Läden und die regionalen Filialen von Manor und Coop wollten die Dubosson-Jogurts in ihrem Angebot. Als die Familie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion an einem Wochenende 5000 Joghurts in der Küche herstellte, entschied sie zu investieren: Neben dem Bauernhaus richteten sie in einem umgebauten Container einen Produktionsraum mit automatischer Abfüll- und Etikettieranlage ein.
500 000 Joghurts pro Jahr
Heute fertigen sie dort pro Tag bis zu 1400 Joghurts, das sind rund 500 000 pro Jahr. Die Dubosson-Joghurts gibt es mittlerweile in 24 verschiedenen Geschmackssorten und in mehr als 26 Läden im Haupttal und den Nebentälern des Unterwallis. Zwei Vollzeit-Mitarbeitende unterstützen Eltern und Sohn Dubosson bei der Produktion, eine Teilzeit-Mitarbeiterin hilft auf der Alp.
«Zuerst wollten wir nur während der Alpsaison Joghurts produzieren», erklärt Benjamin Dubosson. «Aber das ging nicht.» Doch was macht die Bauernhof-Joghurts so beliebt? «Zum einen sind bei uns keinerlei Zusatzstoffe drin», zählt Gaby Brégy auf. Zum Konservieren müsse etwas Zucker zugefügt werden, dass sei Pflicht. Doch mit vier Prozent läge der Wert tiefer als bei vielen anderen Natur-Joghurts.
Durch den Herstellungsprozess seien die Joghurts zudem sehr mild. Denn anders als bei industriell gefertigten Produkten wird die geimpfte Milch in Troistorrents bereits nach fünf Stunden abgekühlt. «Je länger der Prozess dauert, desto saurer wird das Joghurt.»
Klassiker und Saisonales
Bei 500 000 Joghurts pro Jahr reicht die selbstgemachte Konfitüre längst nicht mehr. Der Arbeitsaufwand wurde auch zu gross. Daher bezieht die Familie Dubosson die Fruchtpürees für die verschiedenen Sorten inzwischen bei einem Schweizer Grossisten. Neben Klassikern wie Mocca, Karamell Erdbeere, Himbeere, Heidelbeere und Waldfrüchte bieten jeweils vier saisonale Sorten Abwechslung.
Produziert wird jeden Tag, ein Lager gibt es keines. Die Bestellungen kommen täglich per E-Mail, Telefon oder bei kleineren Läden auch einfach per Whatsapp. Gaby Brégy führt das Büro und auch alle Verhandlungen. «Sie macht das gut – und sie kann Deutsch», meint ihr Sohn mit einem entschuldigenden Lächeln dazu. Als ausgebildeter Landwirt und Käser kümmert er sich lieber um die Tiere und die Milchverarbeitung.
Seine Mutter kann es verstehen: «Die Büroarbeit zieht sich, sie braucht inzwischen etwa gleich viel Zeit wie die eigentliche Produktion.» Auch die Auslieferung übernimmt die Familie selbst. «Wer gerade Zeit hat, fährt.»
Bekannt im Unterwallis
Die Dubossons sind heute die grösste Joghurt-Produzenten im Unterwallis. Das Familienunternehmen erwirtschaften mit den selbst verarbeiteten Produkten von Käse bis Joghurt inzwischen einen mehr als doppelt so hohen Ertrag im Vergleich zu früher.
Die Nachfrage steigt immer noch, doch der umgebaute Container, in dem bisher produziert wird, platzt aus allen Nähten. «Wenn drei Personen gleich-zeitig dort arbeiten, kommt man sich schnell in die Quere», sagt Benjamin Dubosson. «Wir brauchen mehr Platz.»
Die Idee ist, ein ausgedientes Ökonomiegebäude auf dem Hof umzubauen und dort auch gleich einen Selbstbedienungs-Hof-laden unterzubringen. Ein Gewinn beim Prix Montagne gäbe einen Zustupf an den Umbau. «Das wäre schon toll», meint Gaby Brégy. Doch viel wichtiger ist es der Familie, mit ihrer Arbeit wieder ihren Lebensunterhalt verdienen können. «Seit wir Joghurts produzieren, bietet der Betrieb wieder eine Zukunft für die nächste Generation.»
Weitere Informationen: benjamin-dubosson-fromagerie.ch
Publikumspreis mitbestimmen
Den Prix Montagne gibt es seit 2011, er wird dieses Jahr zum elften Mal vergeben. Der Preis ist mit 40 000 Franken dotiert. Dahinter stehen die Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) und die Schweizer Berghilfe.
Mit Modellcharakter
Mit dem Prix Montagne zeichnen die beiden Organisationen Projekte aus, die direkt zur Wertschöpfung und Arbeitsplatzentwicklung oder zur wirtschaftlichen Vielfalt im Berggebiet beitragen. Eingereicht werden können Projekte mit Modellcharakter, die sich über mindestens drei Jahre bewährt haben.
In den vergangenen zehn Jahren wurden 63 Projekte aus allen Sprachregionen der Schweiz nominiert. «Seit der Lancierung haben wir zahlreiche inspirierende Unternehmerinnen und Unternehmer aus allen Branchen kennengelernt», sagt Ex-Skirennfahrer und Jurypräsident Bernhard Russi. «Die Qualität und Vielfalt der nominierten Projekte zeugen Jahr für Jahr von einer grossen wirtschaftlichen Vitalität in unseren Bergen.»
Abstimmen bis 19. August
Zusätzlich stiftet die Schweizerische Mobiliar Genossenschaft einen mit 20 000 Franken dotierten Publikumspreis. Der Gewinner oder die Gewinnerin wird durch eine Online-Abstimmung ermittelt, bei der alle mitmachen dürfen. Teilnahmeschluss ist der 19. August. Unter allen Teilnehmenden wird ein Wochenende für zwei Personen im Val de Travers verlost. Die Gewinner des Prix Montagne werden am 7. September in Bern bekannt gegeben. cvd
Weitere Informationen: www.prixmontagne.ch