Ab Herbst 2020 könnte der als Keimhemmer bekannte Wirkstoff Chlorpropham seine Zulassung in der Schweiz verlieren. Betroffen von diesem Verbot sind vor allem Erzeuger von Frites-Kartoffeln, denn alternative Keimhemmungsverfahren können CIPC bisher nicht vollständig ersetzen. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) evaluiert im Moment ein gleichwertiges Alternativprodukt. 

Rückzug von Keimhemmer im Herbst 2020 zu erwarten

Die Europäische Kommission hat die Zulassung des Wirkstoffs Chlorpropham (CIPC) nicht erneuert. Somit lief die Genehmigung in den EU-Staaten am 8. Juli 2019 aus, mit anschliessender Abverkaufs- und Aufbrauchfrist bis zum 8. Oktober 2020. Grund für einen Rückzug des Wirkstoffs sei – nach Angaben der Europäischen Kommission – die mit der Nahrungsaufnahme verbundenen akuten und chronischen Risiken für die Verbraucher.

Wie immer überprüfen nach einem EU-Verbot auch die Schweizer Behörden die Zulassung des betreffenden Wirkstoffs hierzulande. Auf Anfrage bestätigt Jürg Jordi, Mediensprecher des BLW: «Der Überprüfungsprozess in der Schweiz wurde gestartet. Werden keine Reevaluationsgesuche eingereicht, kann mit einem Rückzug im zweiten Semester 2020 gerechnet werden.» Über allfällige Abverkaufs- und Aufbrauchfristen müsste noch entschieden werden.

Nur eingeschränkter Einsatz von bisherigen Alternativen möglich

Durch den Wegfall des stark verbreiteten CIPC müssen Kartoffelerzeuger in ihren bisherigen Keimhemmungsverfahren umdenken. Alternativen wie sie bei den Speisekartoffeln vorkommen – das betrifft die Feldapplikation von Maleinsäurehydrazid (z. B. Fazor, Germstop, Himalaya 60 SG) oder ätherische Öle (Pfefferminze, Kümmel) und der Einsatz von Ethylen im Lager – beinhalten Einschränkungen, die diese Verfahren nicht uneingeschränkt auf Verarbeitungskartoffeln verwendbar machen. «Sie decken nur einen Teil der Lagerzeit ab oder beeinträchtigen die Verwertbarkeit durch eine Veränderung der Backfarbe», erklärt Christoph Kohli, Leiter für Veredelungs- und Pflanzkartoffeln bei der Fenaco. Christoph Kohli hofft nun auf ein Produkt, das unseren Nachbarn bereits seit vergangenem Jahr zur Verfügung steht. 

Ein neues Produkt gibt Hoffnung

Es handelt sich hierbei um 1,4-Sight mit dem natürlichen Wirkstoff 1,4-Dimethylnaphthalin (DMN). Der knolleneigene Stoff wird nach der Heissvernebelung von der Kartoffel aufgenommen und reichert sich in der Schale an. Die Konzentration von DMN nimmt im Verlauf der Lagerung ab, bis die Kartoffel schliesslich «erwacht» und zu keimen beginnt. Durch Folgeanwendungen wird der notwendige Gehalt des Wirkstoffes immer wieder auf ein für die Keimruhe ausreichendes Niveau angehoben.  

1,4-Sight wird vom BLW überprüft

Die britische Handelsfirma DormFresh, ein Partner der BASF, hat nun ein Zulassungsgesuch für das Produkt 1,4-Sight in der Schweiz eingereicht. Laut BLW läuft die Evaluation für dieses Produkt. Über die Dauer der Auswertung und den Zeitpunkt eines Entscheids kann die Zulassungsstelle allerdings noch keine Auskunft geben. Gleichzeitig prüft Swisspatat im Rahmen der Sortenprüfung neue Sorten auf ihre Eignung zur Kaltlagerung. «Bei den Chipskartoffeln ist dieser Ansatz schon relativ weit entwickelt, bei den Frites-Kartoffeln fehlen noch geeignete Sorten, die ohne Keimhemmer gelagert werden können», erklärt Christine Heller, Geschäftsführerin bei Swisspatat.

Die Branche zählt deshalb auf ein positiven BLW-Entscheid. Denn jene Veredelungskartoffeln, die von März bis Ende Kampagne im Mai/Juni verarbeitet werden, also etwa 20 bis 30 Prozent des Bedarfs, werden mit einem Keimhemmer behandelt. 

Ohne eine gleichwertige Lösung, befürchtet die Branche, den Anbau reduzieren und den Verlust mit Importen ausgleichen zu müssen. Laut dem obersten Kartoffelproduzenten Ruedi Fischer wäre das aber wieder paradox: «Die Importkartoffeln sind dann mit einem Wirkstoff behandelt, der in der Schweiz nicht zugelassen ist.»