Kartoffeln herbizidfrei anzubauen, bedeutet nicht einfach nur den Verzicht auf Herbizide. Wer Kartoffeln herbizidfrei anbauen will, braucht einiges an Knowhow und muss mit mehr Aufwand für die Beobachtung der Kultur, die Bekämpfung des Unkrautes sowie die Vernichtung des Krautes rechnen.

Mehrjährige Praxisversuche

Obwohl unter dem Label von IP-Suisse bereits heute auf 160 Hektaren herbizidfreie Kartoffeln produziert werden, gibt es kaum Zahlen zur Wirtschaftlichkeit dieser Produktionsart. In einem gemeinsamen Projekt der Branchenorganisation Swisspatat, der Fachhochschule HAFL und dem Forum Ackerbau werden nun während drei Jahren (2019–2021) Feldversuche an vier Standorten der Landwirtschaftlichen Zentren Liebegg AG, Strickhof ZH, Inforama Rütti BE und Grangeneuve FR durchgeführt. Neben den Grundlagen werden Tipps für die Beratung sowie die Frage der Wirtschaftlichkeit des Herbizidverzichtes erarbeitet (siehe Tabelle).

Die Kartoffeln werden jeweils herkömmlich mit Herbizid und chemischer Krautvernichtung und einmal herbizidfrei angebaut. In beiden Verfahren werden der Aufwand (Mittel- und Maschinenkosten, Arbeit etc.) sowie der Ertrag und die Qualität des Erntegutes erhoben und verglichen.

Strategien gegen das Unkraut

Je nach Standort wurden in den Versuchen die Dämme bereits beim Setzen fertig geformt oder kontinuierlich in mehreren Schritten aufgebaut. Auf den meisten Versuchsparzellen begann die Unkrautregulierung mit dem Blindstriegeln. Wegen der ausserordentlich trockenen Witterung erfolgte dieser Eingriff zum Teil erst zwei Wochen nach dem Setzen.

Danach wurde das Unkraut je nach Standort durch eine Kombination aus hacken (z. B. mit einem Sternhackgerät) und striegeln oder mit einem Kombigerät (hacken und Damm formen) oder durch eine Kombination der verschiedenen Methoden bekämpft. Dadurch waren je nach Standort zwischen drei (Liebegg) und fünf (Strickhof) Durchfahrten nötig. Häufig wird in der Praxis mit vier Durchfahrten (striegeln – hacken – striegeln – hacken) wie 2019 an der Rütti gearbeitet. 2020 reichten an der Rütti zwei Striegeldurchgänge und einmal hacken mit Damm formen.

Mit Schlegeln und Abflammen gegen das Kraut

Das Kraut wird im herbizidfreien Anbau häufig mit dem Krautschlegel und zum Teil anschliessend noch mit einem Abflammgerät vernichtet. Wie gross der Aufwand ist, hängt zum einen von der Sorte und zum anderen von der Vitalität des Krautes zum Zeitpunkt der Krautvernichtung ab. Bei Sorten mit wenig Kraut (z. B. Erika) ist das Kraut zu diesem Zeitpunkt bereits gelb und das einmalige Krautschlegeln oder Abflammen reicht aus. Bei sehr krautstarken Sorten wie Agria braucht es mindestens zwei Durchgänge. Je nachdem kann sogar ein zweiter Durchgang mit dem Abflammgerät nötig sein.

Die Herausforderungen

Im ersten Jahr des Projektes zeigten sich diverse Herausforderungen beim herbizidfreien Anbau:

  • Zeitliche Flexibilität bei der Ausführung der Unkrautbekämpfung wird benötigt.
  • Die wirtschaftliche Auslastung der verschiedenen Geräte ist schwierig.
  • Mehrkosten müssen durch den Markt gedeckt werden, da die Beiträge aus den Ressourceneffizienzprogrammen den Mehraufwand nicht decken.
  • Nachfrage der Kunden muss steigen, bevor die Fläche ausgedehnt wird.

Erste Resultate der Versuche werden an den Swisspatat-Kartoffeltagen Anfang November vorgestellt.

Tabelle: Die Wirtschaftlichkeit beim herbizidfreien Kartoffelanbau

Zusätzliche Kosten inkl. Arbeit

Fr./ha

Zwei Striegeldurchgänge

130.–

Zwei Hackdurchgänge

290.–

Dammformen

225.–

Abflammen

450.–

Handarbeit Unkrautbekämpfung

28.–

Sortierkosten (+4 % Mängel)

640.–

Total zusätzliche Kosten

1763.–

   

Zusätzliche Leistung

 

Herbizidverzichtsbeiträge Bund

450.–

Total zusätzliche Erlöse

450.–

   

Wegfallende Kosten

 

Herbizidbehandlung

182.–

Chemische Krautvernichtung

132.–

Total wegfallende Kosten

314.–

   

Wegfallende Erlöse

 

Geschätzter Minderertrag 4 %

720.–

Total wegfallende Erlöse

720.–

   

Minderertrag in Franken pro ha

1719.–

Die Berechnung des Minderertrags ist ein Beispiel aus der Praxis. Insgesamt ist der Kostenaufwand beim herbizidfreien Anbau höher als mit Herbizid. Wer von der IP-Suisse-Prämie profitiert, kann mit einem Mehrertrag von rund Fr. 1000.– rechnen. Quelle: Markus Hofer, Inforama Rütti