Als ich die Anfrage für dieses Referat erhalten habe, nahm ich mir dies zum Anlass, den eigenen Betrieb punkto Nachhaltigkeit etwas genauer anzuschauen. Wir bewirtschaften einen Betrieb mit 70 Milchkühen mit einer Durchschnittsleistung von knapp 9500 kg Milch und eigener Aufzucht. Daneben betreiben wir einen Schweinezucht AR1-Betrieb und einen kleinen Pouletmastbetrieb.

Damit ich den Rahmen nicht sprengte, konzentrierte ich mich jedoch auf den Betriebszweig Milchvieh. Sebastian Ineichen von der HAFL hat mir im Vorfeld eine detaillierte Berechnung für diesen gemacht. 556'000 kg CO2-Äquivalent, umgerechnet 878 g CO2/kg Milch so lautete das Verdikt. Das sind laut HAFL ausgezeichnete Werte. Dies ist unter anderem der sehr effizienten Fütterung zu verdanken. Mich hat dann interessiert, wo diese Emissionen anfallen. 54 Prozent der CO2-Äquivalente auf dem Betrieb kommen aus der Wiederkäuerverdauung. Die Futtermittelproduktion steuert 21 Prozent bei, die Hofdüngerlagerung weitere 24 Prozent und lediglich ein einziges Prozent entfällt auf den Stromverbrauch, da wir eine Photovoltaikanlage auf dem Dach haben.

Mich hat aber auch interessiert, wie es auf meinem Betrieb um die Nahrungsmittelkonkurrenz steht, es kann ja nicht sein, dass wir ein Problem lösen, um damit ein anderes zu schaffen. Wir verfüttern laut der HAFL-Studie 0,71 kg menschlich verwertbares Pflanzenprotein pro Kilo Milch. Dies entspricht etwa 15 Prozent Kraftfutter in der Ration.

Zwei Szenarien aufgezeigt

Ich habe Sebastian Ineichen um Varianten gebeten, um mir Möglichkeiten und Grenzen für eine nachhaltigere Milchproduktion aufzuzeigen: Ein Szenario mit einer Leistungsherde und ein Szenario mit einer künftigen Graslandkuh. Mit einer Verdoppelung des Kraftfuttereinsatzes und der Zucht auf Milchleistung könnte ich die Milchmenge in absehbarer Zeit um etwa 2000 kg pro Kuh auf 11'600 kg erhöhen. Mit dem Szenario Gras könnte ich den Kraftfuttereinsatz um etwa 80 Prozent auf 25 Gramm pro Liter senken und käme auf eine Jahresmilchleistung von noch knapp 7000 kg pro Kuh.

Was haben die beiden Szenarien nun für eine Auswirkung auf die Klimaeffekte? Wenn wir den gesamten Betrieb anschauen, nehmen die CO2-Äquivalente mit dem Vollgas-Szenario rund 10 Prozent zu, mit dem Graslandszenario jedoch um rund 30 Prozent ab. Anders sieht es aber aus, wenn wir die Emissionen auf das Kilo Milch umrechnen. Hier hat das Grasland-Szenario plötzlich 20 Prozent mehr Emissionen pro Kilo Milch als beim Ist-Zustand, bei erhöhtem Kraftfuttereinsatz liegen die CO2-Äquivalente sogar massiv tiefer als bei der politisch geförderten Graslandkuh. Der Nachteil dabei ist jedoch die Nahrungsmittelkonkurrenz. Die Ernüchterung meinerseits war gross, dass es zweifelsohne, egal welche Strategie auf dem Betrieb angestrebt wird, ein Zielkonflikt zwischen Treibhausgasemissionen und Nahrungsmittelkonkurrenz gibt.

Ein zweischneidiges Schwert

Ich habe Sebastian Ineichen dann gesagt, das könne es doch nicht sein, es brauche eine Lösung, die beide Herausforderungen auf einen Schlag löst. Dabei konnte er aufzeigen, dass aktuell die einzige Lösung mit einem doppelten positiven Effekt resultiert, wenn wir die Gülle in einer Biogasanlage vergären. Nach wie vor ist die Zahl der Biogasanlagen aber gering, da diese in der Rentabilität nicht restlos überzeugen und sie zusätzlich Manpower generieren. Auch Futterzusätze als Methanhemmer scheinen noch zu wenig erforscht zu sein, denn es ist nicht zielführend, wenn erhöhte Emissionen auf später im Kreislauf verschoben werden.

Eine weitere vermeintliche Patentlösung, die verlängerte Lebensdauer der Kühe, ist ebenfalls zweischneidig. Es kann nicht sein, dass wir politisch verordnet alte Kühe und so mehr Krankheiten produzieren. Viel wichtiger als die Lebensdauer ist die Lebtagleistung, denn es ist nicht korrekt, wenn die Emissionen eines Aufzuchtrindes der Milchproduktion belastet werden und jene des ansonsten produzierten Masttieres nicht. Es braucht zwangsläufig eine ganzheitliche Betrachtung in einem so komplexen Thema.

Wir Bauern sind in den letzten Jahren leider zu gesellschaftlichen Prügelknaben geworden. Es ist uns die letzten Jahre zu wenig gelungen, der Bevölkerung aufzuzeigen, was wir in punkto Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft alles erreicht haben. Das ist schade, denn wir sind bereit, uns zu verändern und betrachten uns als Teil derLösung, aber wir können das nicht allein bewerkstelligen.

Markus Kretz ist Präsident des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands. Der Beitrag ist eine Zusammenfassung des Referats des Milchforums an der Suisse Tier.