BauernZeitung: Suisseporcs wirft Micarna in einer Medienmitteilung von letzter Woche vor, trotz unveränderter Marktlage einen nicht gerechtfertigten QM-Preisabschlag um 10 Rp. pro Kilo Schweinefleisch auf Fr. 4.40 gemacht zu haben. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?

Deborah Rutz: Die Micarna als Verarbeiterin von Schweinefleisch (Industrie) schätzt die marktwirtschaftliche Sicht anders ein als der Schweinezucht- und Schweineproduzentenverband Suisseporcs (Landwirtschaft). Bereits in den letzten Wochen hat die Micarna ein Überangebot in Bezug auf Schweinefleisch festgestellt und bei gleichbleibender Schlachtmenge mehrere Tonnen einfrieren müssen. Das hat unterschiedliche Gründe: Einerseits ist es aktuell sehr heiss, was ab einer gewissen Zeitspanne zu einer Abnahme der Grillmenge führt, anderer-seits haben schweizweit die Sommerferien begonnen, was stets zu einem kleineren Verarbeitungsvolumen führt. Bei der Schweineproduktion gilt in der Schweizer Landwirtschaft das Prinzip von Angebot und Nachfrage: das bedeutet auch, dass Preise bei einem Über- oder zumindest hohen Angebot des Rohmaterials tiefer zu liegen kommen.

Die Micarna erachtet die aktuelle marktwirtschaftliche Situation als nicht mit dem bestehenden Marktpreis vereinbar. Da diese Entwicklung aus Sicht des Unternehmens in den kommenden Wochen anhalten dürfte, hat sich die Micarna entschieden, den Einkaufspreis für Schweine für die kommende Woche um zehn Rappen pro Kilogramm zu senken.

Der preisbestimmende Abnehmer nutze seine Marktmacht aus, lautet ein weiterer Vorwurf von Suisseporcs. Eine direkte Margenverbesserung der Migros-Verarbeitungsbetriebe werde auf dem Buckel der Produzenten ausgetragen, klagt Suisseporcs Micarna an. Was sagen Sie dazu?

Da in der Schweizer Landwirtschaft bezüglich der Vermarktung von Schweinen grundsätzlich die freie Marktwirtschaft spielt, jeder Landwirt jederzeit selbst entscheiden kann, welchem Verarbeiter er seine Tiere liefern möchte, haben auf der anderen Seite die Verarbeiter das Recht, ihre Preisstrukturen der von ihnen antizipier-ten marktwirtschaftlichen Situation anzupassen. Als Verarbeitungsbetrieb steht die Micarna aber auch in einer wirtschaftlichen Pflicht und richtet ihre Einkaufspreise am Angebots- und Nachfragemarkt aus. Da die Micarna diese marktwirtschaftliche Situation anders einschätzt, hat sie sich entschieden, die Einkaufspreise für Schweine für die kommende Woche um zehn Rappen zu senken, was nach wie vor deutlich über den Preisen des Vorjahres liegt. Des Weiteren gibt die Micarna diese Preissenkung im Einkaufspreis direkt ihren Kunden weiter. Entsprechend ist der Vorwurf der «Margenverbesserung der Migros-Verarbeitungsbetriebe» nachweislich falsch. An den Margen der Micarna als Verarbeitungsbetrieb hat diese Preisanpassung nichts geändert.

Interview schriftlich Hans Rüssli